SHMF: Wenn Mozart Didgeridoo gespielt hätte
Omer Meir Wellber and Friends sind am Mittwoch beim Schleswig-Holstein Musik Festival in Itzehoe aufgetreten. Ein Erlebnisbericht mit Zeichnungen von Grafikdesignerin Marion von Oppeln.
Der Mensch ist ein unglaubliches Energiebündel! Heutige Kinderpsychologen hätten den kleinen Omer vielleicht als hyperaktiv bezeichnet und mit Ritalin ruhiggestellt. Wie gut, dass sie es damals nicht getan und dem Jungen stattdessen Musikinstrumente in die Hand gedrückt haben, auf denen er sich austoben konnte!
Omer Meir Wellber spielt Akkordeon mitten im SHMF-Publikum

Wenn Omer Meir Wellber Akkordeon spielt, dann wandert er damit nicht nur auf der Bühne herum, sondern auch kreuz und quer durch das Publikum. Am Flügel muss er zwar notgedrungen sitzen, aber auch da ist er ständig in Bewegung, swingt, rockt, stampft mit beiden Füßen auf die Pedale.
Ein Interview? Klar, macht er auch, gehört ja mit zum Job. Doch kaum holt die unvorsichtige Gesprächspartnerin einmal etwas länger Luft, ist er schon aufgesprungen und davon. Auch die Bühnenmoderation hat er übernommen: gut gelaunt, aber ein bisschen unkonzentriert, nicht zu lange applaudieren, bitte, zack, zack, es muss weiter gehen, Auftritt für die nächsten Musiker!
Grafikdesignerin Marion von Oppeln zeichnet SHMF-Musizierende
Nicht ganz einfach, diesen Mann zu zeichnen. Dafür braucht man ja etwas mehr Zeit als für einen Schnappschuss mit dem Handy. Aber die Grafikdesignerin Marion von Oppeln ist seit Jahren mit ihrem Skizzenblock unterwegs und daran gewöhnt, Situationen mit ein paar schnellen Strichen einzufangen. Und bei diesem Konzert bekommt sie eine Menge geboten, nicht nur für die Ohren.
Omer Meir Wellber mit MusikerfreundInnen beim SHMF
Denn Omer Meir Wellber, der Porträtkünstler des Schleswig-Holstein Musik Festivals, hat zu diesem wohl ungewöhnlichsten Konzert seiner Residenz handverlesene MusikerfreundInnen mit den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen eingeladen: russische Streicher, die heute in Wien oder Spanien leben, einen italienischen Kontrabassisten, der auf einem herrlichen Wiener Instrument aus dem 18. Jahrhundert spielt, einen Mandolinisten aus Israel mit irakischen Vorfahren, einen szilianischen Klarinettisten und einen Schlagzeuger mit kubanisch-iranisch-amerikanischen Wurzeln.

So treffen also schon rein geografisch die mitteleuropäische, die jüdische und die arabische Musiktradition aufeinander. Und im Musikprogramm verschmelzen sie auf wahrhaft unerhörte Weise, nicht nur in Prokofjews Ouvertüre über hebräische Themen oder in Marc Lavys "Hebrew Dances", sondern auch im A-Dur-Klavierkonzert von Mozart.
Ramin Yazdanpanah spielt Mozart auf Cajón und Didgeridoo
"Ich habe immer gedacht, dass Mozart ein wilder Typ war", sagt Wellber. "Er hat seine Klavierkonzerte selbst gespielt, und für mich ist es klar, dass er extreme Improvisationen gemacht hat. Heute spielt man fast nur noch niedergeschriebene Kadenzen. Das finde ich schade." Also halten die fünf Streicher, die das Orchester ersetzen, für kurze Zeit inne, während Klavier, Klarinette, Mandoline und Perkussion übernehmen: mit Jazz, Klezmer, arabischen und sizilianischen Klängen auf der Basis von Mozarts Melodik und Harmonik.
Ramin Yazdanpanah wechselt dabei zwischen Cajón, kleinen Trommeln und - ja, tatsächlich - Didgeridoo hin und her! So kommt also auch noch das traditionelle Blasinstrument der australischen Ureinwohner mit ins Spiel. Mozart hätte seine Freude daran gehabt - dessen sind sich die Musikerinnen und Musiker sicher.
NDR Kultur hat das Konzert im Theater Itzehoe aufgezeichnet und sendet es am 26. September 2022 ab 20 Uhr.
