NDR Elbphilharmonie Orchester auf Tournee: Erste Station in Paris
Das NDR Elbphilharmonie Orchester ist auf Europa-Tournee durch Deutschland, Frankreich und Spanien. NDR Kultur Moderator Philipp Schmid bloggt von der Tournee. Am Freitag trat das Orchester mit der Sopranistin Renée Fleming in Paris auf.
"Das ist wie Aufwachen nach dem Winterschlaf", sagt Simone Candotto, Soloposaunist des Elbphilharmonie Orchesters am Flughafen zu mir. Seine Augen strahlen dabei über der Maske voller Vorfreude.
Spannendes Reiseprogramm für das NDR Elbphilharmonie Orchester
Endlich wieder mit dem Orchester unterwegs sein, auch wenn es kein Tourneealltag ist, wie die Musikerinnen und Musiker ihn von früher gewohnt sind. Ein intensives, spannendes Reiseprogramm liegt vor dem Orchester - und eine logistische Herausforderung. Am Abend ist das erste Konzert der Tour im Théatre des Champs-Élysées. Dabei hat man am Vorabend noch ein Konzert in der Elbphilharmonie in Hamburg gegeben.

Dass das Flugzeug die Hansestadt erst mit einer guten halben Stunde Verspätung verlässt, liegt nicht an Sturmtief "Ignatz", sondern an einem Koffer, der erst wieder ausgeräumt werden muss. "Wir haben doch etwas vor ..." murmelt einer, und das zeigt, wofür das Orchester hier antritt - Musik. Sie steht immer an erster Stelle. Alle wollen ihr Bestes geben und den Menschen zeigen, wie viel Feuer und Leidenschaft in ihnen steckt. In Pandemie-Zeiten dauert vieles eben etwas länger. Da kann auch perfekte Organisation nur bedingt etwas ändern. Der freitägliche Berufsverkehr in Paris tut sein Übriges.
Nach kurzem Ausruhen - manche nutzen die knappe Zeit für einen kleinen Spaziergang - sind alle zur Anspielprobe bereit. Chefdirigent Alan Gilbert stimmt die Musikerinnen und Musiker ein - geht einige Stellen noch kurz durch. Solistin Renée Fleming kommt dazu - gut gelaunte, freundliche Anspannung. Das Publikum im Theater ist bunt gemischt, jung und alt, elegant und lässig, neugierig werden die Programmhefte studiert. Wie viele werden wohl die "Poems pour Mi" von Olivier Messiaen kennen? Eines ist sicher - das Publikum versteht jedes Wort.
Bravorufe für US-Sopranistin Renée Fleming und das Orchester
Und gleich zu Beginn, als Renée Fleming die ersten Töne singt, die ersten Worte den Raum erfüllen, herrscht gespannt Aufmerksamkeit. Die Herzen fliegen ihr zu, einige Fans sind im Saal - die Bravorufe gelten dann aber auch dem Orchester, das filigran und durchsichtig begleitet.
Nach der Pause steht die Vierte Sinfonie von Bruckner auf dem Programm. Vierzehn Mal spielt sie das Orchester innerhalb kürzester Zeit - eine Herausforderung vor allem an diesem Reisetag nach Hunderten zurückgelegten Kilometern. "Das ist eben die Magie der Musiker. Wenn es darauf ankommt, beflügelt uns die Musik, und aller Stress fällt ab - dafür leben wir", sagt Geigerin Yihua Jin-Mengel nach dem Konzert.
Kraftvoller, lyrisch poetischer Abend mit Dirigent Alan Gilbert in Paris
Und dass es so frenetischen, am Ende durchgehend rhythmischen Applaus gibt, ist selbst in Paris nicht an der Tagesordnung. Das Publikum gibt die Energie zurück. "Fantastisch - was für ein wundervoll kraftvoller, lyrisch-poetischer Abend", sagt eine Konzertbesucherin beim Rausgehen zu mir. Dankbar und glücklich nimmt das Orchester den Applaus entgegen. Mit Bravorufen für den Solohornisten Jens Plücker, Solopauker Stephan Cürlis, die Bratschengruppe und das gesamte Orchester. Und natürlich und besonders: für Alan Gilbert.
Ganz sparsam konnte er das Orchester führen, seine Musiker zu genau dem anleiten, was ihm vorschwebt. Und dann zufrieden lächelnd die Musik entstehen lassen. Kurz zu Beginn des zweiten Teils war mir noch ein kleiner Tumult nahe meines Sitzplatzes aufgefallen - da drehten sich einige Köpfe neugierig nach hinten um - Starsopranistin Fleming hat die Bruckner-Sinfonie aus dem Publikum mitverfolgt - was für eine Wertschätzung des Orchesters!
Und nach dem Konzert ist zumindest noch kurz Zeit, vor dem Theater dem leuchtenden Eiffelturm zuzuwinken, ein Foto zu schießen und schnell "Bonne nuit" zu wünschen. In der Früh geht es nämlich flott weiter, mit dem TGV-Zug in Richtung Lyon.
