Leidenschaftlicher Naturroman: "Wo die Wölfe sind"
Der Roman "Zugvögel" von der australischen Autorin Charlotte McConaghy war weltweit ein großer Erfolg. Ihr neues Buch ist von einer ähnlich wilden Leidenschaft für Tiere und den Erhalt der Natur angetrieben.
Was passiert, wenn irgendwo Wölfe wieder angesiedelt werden sollen, mitten in unserer Landwirtschaftsindustrie, haben wir in den vergangenen Jahren mehrfach erlebt. Leider gehen die Wölfe eher zum "Schnellimbiss", den eine Schafherde offenbar für sie darstellt, anstatt das zu tun, was man von ihnen erhofft hat: dafür zu sorgen, dass die Wildbestände gesund erhalten werden. Dadurch entstehen schwer lösbare Konflikte.
Naturbeschreibungen von großer Kraft und Schönheit
In dem Roman "Wo die Wölfe sind" versucht die Wildbiologin Inti, in den Highlands von Schottland Wölfe auszuwildern. Sie ist eine geradezu fanatische Tier- und Umweltschützerin, die von Kindheit an durch eine Fehlsteuerung des Gehirns zu viel vom Leid anderer Lebewesen mitempfindet. Sie sagt über sich:
Ich leide unter einem Syndrom, das sich Mirrow-Touch-Synästhesie nennt. Mein Gehirn gibt meinem Körper das Signal, alles, was ich sehe, auch zu spüren. Leseprobe
Von großer Kraft und Schönheit leuchten die Naturbeschreibungen in diesem Roman, der von einem Projekt erzählt, das viel bewirken könnte. Die Wölfe sollen dafür sorgen, dass das Rehwild sich mehr bewegt, nicht die neuangepflanzten Baumschonungen immer wieder vernichtet, sondern durch die Wälder streift, weil der Wolf sie in Bewegung hält. Sie düngen dabei das Land, Jungbäume können wachsen, das Wild wird gesünder.
Man lernt, Wölfe mit ganz anderen Augen zu sehen
Inti versucht unterdessen die Wölfe, an denen ihr Herz hängt, vor wütenden Schafzüchtern zu beschützen. Es gibt auch finanziellen Ausgleich, falls ein Wolf ein Schaf gerissen hat. Man lernt in diesem Buch auch, diese Tiere mit ganz anderen Augen zu sehen.
Von Anfang an war er ein gewaltiges Geschöpf, größer als jeder andere Wolf, den ich je gesehen habe, aber das ist nicht alles: Er strahlt Ruhe aus, in seinem Blick liegt stille Gewissheit. Als wir tiefere Kreise ziehen, blickt er auf und entdeckt das Flugzeug. Wir sind ihm jetzt so nahe, dass ich sein schönes Gesicht deutlich sehen kann, die goldenen Augen. Frei in seinem angestammten Lebensraum wirkt er jetzt noch friedlicher als im Gehege … Mich erfasst ein überwältigendes, ehrfürchtiges Schaudern. Leseprobe
Spannung pur bis zum großen Finale
Parallel zu diesem Naturschutzprojekt gibt es in der Politik Pläne, hier in den schottischen Highlands eine Raketenstation zu bauen. Der Funkenflug würde im Torf Brände auslösen und dann unfassbare Menge Kohlendioxid freisetzen. Ein für die Menschheit wieder einmal selbstmörderisches Projekt. Währenddessen versuchen Umweltschützer, auch die kleinen Flächen im Sinne unserer Zukunft zu entwickeln, denn tatsächlich brauchen wir, wenn wir die Artenvielfalt erhalten wollen, inzwischen jede Fläche.
Sie brauchen gar nicht im großen Stil zu renaturieren. Sie könnten ganz klein anfangen, im eigenen Garten. Bei mir wachsen seit Jahren nur noch Wildblumen - und ach, was bei mir alles für kleine Tierchen zu Besuch kommen!... Veränderung macht vielen Angst. Und wenn man sein Herz dafür öffnet, die Natur wieder wilder werden zu lassen, öffnet man sein Herz natürlich auch dafür, selbst wilder zu werden." Leseprobe
Der Roman entfaltet im letzten Teil eine atemberaubende Rasanz mit einem irrwitzigen, leider leicht überspannten Showdown. Inti wird nahezu übernatürliche Kräfte entwickeln. Aber geboten wird Spannung pur bis zum großen Finale.
Wo die Wölfe sind
- Seitenzahl:
- 430 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Aus dem Englischen von Tanja Handels
- Verlag:
- S. Fischer
- Bestellnummer:
- 978-3-10-397100-2
- Preis:
- 22,00 Euro €
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