Graphic Novels im Oktober: Pikant, musikalisch, humorvoll
Kurz nach der Buchmesse gibt es frische Ware in den Buchläden - auch neue Graphic Novels sind dabei. Wir stellen "Der Mann im Pyjama", "Hinterhof" und "Keine Macht für Niemand - Ein Ton Steine Scherben Songcomic" vor.
"Der Mann im Pyjama": Geschichten über Schwächen und Ängste
Wer träumt nicht davon, sich genüsslich im Bett zu wälzen und dann im Pyjama in den Tag zu stolpern. Paco Roca tut das leidenschaftlich gerne. Der spanische Autor und Zeichner von Büchern wie "Rückkehr nach Eden" und "Kopf in den Wolken", das auch verfilmt wurde, trägt den Wunsch in sich, den Schlafanzug nie ausziehen zu müssen. Sein Job als Comic-Zeichner und die Corona-Umstände mit dem Homeoffice spielen dem rund 50-Jährigen in die Karten. Aber dennoch gibt es Alltäglichkeiten, die ihn auf die Probe stellen.
In kurzen Geschichten, die in der valencianischen Zeitung "Las Provincias" vorveröffentlicht wurden, erzählt er irrsinnig komisch und auch teilweise nachdenklich von seinen Schwächen, Phobien und Ängsten. Roca zeichnet in einer schon fast geometrischen Panel-Anordnung von neun Fenstern pro Seite präzise Missgeschicke oder Unsicherheiten, dass einem die eigenen Lacher die Seiten umblättern. "Der Mann im Pyjama" ist nicht nur ein witziges Buch über das Dasein, sondern auch ein Manifest für die Entschleunigung.
"Hinterhof": Comic-Doku über den Alltag einer Domina
Dinge anders sehen, das hat Dasa Hink aus den Niederlanden schon immer getan. Die junge Frau, die künstlerisch veranlagt ist, führt dort ein konservatives Leben: Mann, Arbeit, Urlaub. Das alles reicht ihr aber nicht und sie fängt an, nach ihren Bedürfnissen zu graben. Dieser Weg führt sie nach Berlin. Dort lebt sie sich als Musikerin, Künstlerin und Domina aus.
Die beiden dänischen Autoren Anna Rakhmanko und Mikkel Sommer haben die Sexarbeiterin, wie sie sich selbst nennt, im Alltag begleitet. Herausgekommen ist eine Comic-Doku im allerbesten Sinne. In "Hinterhof" lassen sie Hink erzählen und verweben die Biografie mit Zeichnungen aus dem Alltag der Domina - das wird nie schlüpfrig oder anrüchig. Im Gegenteil. Vielmehr öffnet es die Türen zu einem größeren Verständnis für die Frauen, die oft stigmatisiert werden. Offen, klar und respektvoll. Ein Buch, das wie Liv Stömquists Bestseller "Der Ursprung der Welt" eine breite Leserschaft finden könnte.
"Keine Macht für Niemand": Songcomic und historische Zeitreise
Mit dem Album "Keine Macht für Niemand" hat sich die Band Ton Steine Scherben um Rio Reiser in die deutsche Musikgeschichte gespielt. Geplant war das sicher nicht. Mit Songs wie "Allein machen sie dich ein!", "Wir sind geboren, um frei zu sein!" oder "Wir müssen hier raus!" hatten sie eher andere Ziele. Die Veröffentlichung jährt sich nun im Oktober zum 50. Mal.
13 Comic-Zeichner und -Zeichnerinnen haben sich die Lieder, die zwischen Agitprop, Liebesschnulze und Demoparole liegen, vorgenommen. 13 unterschiedliche Stile von zum Beispiel der Leibinger-Preisträgerin Mia Oberländer mit ihren naiven Figuren, dem Hamburger Comic-Festival-Macher Sascha Hommer mit seinen großäugigen Knubbelköpfen oder dem Bowie-Biografen Reinhard Kleist, der detailreich den Song "Menschenjäger" bebildert. Das Songcomic ist nicht nur eine illustrierte Liedersammlung, es ist auch eine historische Zeitreise, die man häufiger unternehmen sollte.
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