Ein Mädchen, im Manga-Stil gezeichnet, springt dem Betrachter entgegen © Carlsen

Manga Day - was steckt dahinter?

Stand: 26.08.2022 17:03 Uhr

Am 27. August gab es zum ersten Mal in Deutschland einen Manga Day - an dem Fans in teilnehmenden Buchhandlungen gratis Manga-Hefte bekommen konnten. Aber was ist das Besondere an Manga?

von Lena Bodewein

Dragonball, Naruto, Sailor Moon - das sind nur einige erfolgreiche Manga-Serien. Der Markt der Comics japanischer Machart boomt. Im vergangenen Jahr ist der Umsatz in Deutschland um knapp 80 Prozent gewachsen. Und das Faszinosum greift auch auf andere Medien über: Trickfilmserien. Computerspiele, Youtube-Kanäle und riesige Fantreffen.

Der Anfang ist das Ende

"Halt!", brüllt es in Großbuchstaben auf der ersten Seite. "Dieser Comic beginnt nicht auf dieser Seite." Willkommen im Manga - hier ist alles anders. Auch das Lesen - es geht von hinten nach vorn. "Am Anfang ist man sehr verwirrt, wenn man zum ersten Mal Manga liest", findet Michèle Rothenberg von Carlsen Manga, einem der wichtigsten Verlage für diese japanischen Comics in Deutschland. "Aber man gewöhnt sich sehr, sehr schnell daran. Und wenn ich jetzt einen normalen Comic im westlichen Stil in die Hand nehme, dann fange ich erst einmal falsch an."

Das Cover von H. P. Lovecrafts "Cthulhus Ruf", als Manga illustriert von Gou Tanabe © Carlsen
Das Cover von H. P. Lovecrafts "Cthulhus Ruf" ist eher realistisch gezeichnet.

Die Leserichtung ist eines der Kennzeichen von Manga, und dann natürlich die Figurenzeichnung. "Man denkt immer an Sailor Moon, tellergroße Augen, kurze Röckchen, aber das ist es gar nicht mehr unbedingt - das ist genre- oder storyabhängig. Wir haben zum Beispiel die H. P. Lovecraft-Geschichten, das sind realistische Zeichnungen im eher westlichen Stil", erläutert Lisa Gocke, ebenfalls bei Carlsen Manga für dieses unglaublich umsatzstarke Genre verantwortlich. Tatsächlich gibt es Serien wie beispielsweise One Piece: 500 Millionen verkaufte Exemplare weltweit, das kommt direkt hinter der Bibel und den Worten des Vorsitzenden Mao. Manga sind mega.

Schwarzweiße Zeichnungen, bunte Fans

Ob One Piece oder die Manga des Meisters Naoki Urasawa, der gerade mit dem deutschem Max und Moritz Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde - sie verbindet ein weiteres Manga-Merkmal: "Die meisten Manga sind schwarzweiß, weil sie in Japan sehr viel gelesen und danach weggeschmissen werden - also darf es nicht viel kosten. Das war einer der Gründe, warum sich das Schwarzweiß etabliert hat - es ist natürlich im Druck viel günstiger." In Deutschland sind Manga hingegen oft Sammelobjekte mit aufwendig gestalteten Covern und Buchrücken.

So schwarzweiß die Zeichnungen, so bunt die Fans: Es gibt eine unglaublich lebendige Manga-Gemeinde: als so genannte Cosplayer verkleiden sie sich wie ihre gezeichneten Idole, in knalligen Kostümen, mit Stirnbändern, mit bunten Perücken, am besten alles selbstgenäht und gestaltet.

Vielfältige Themen für jeden Geschmack

Manga sind auf so vielen Ebenen und Medien vertreten: als Buch, als App, als Zeichentrickfilm - Anime genannt -, auf Tiktok, in Podcasts, auf Messen. In Manga Zeichenschulen lebt vor allem die junge Generation ihre Begeisterung kreativ aus, aber tatsächlich sprechen Manga alle an. Denn die Themen sind so vielfältig wie nur vorstellbar.

Große Gefühle und Heldengeschichten in wilden Zeichnungen - denn eigentlich heißt "Man ga" so viel wie "komisches, verzerrtes Bild" - und es geht um: viel Fantasy, Vampire, Detektivinnen in den 20er Jahren, schwule Liebe, lesbische Liebe, in Manga verwandelte Klassiker wie "Der Graf von Monte Christo", oder Manga nach der BBC-Serie "Sherlock", es gibt Piraten und Märchen. "Grimms Manga gab es tatsächlich auch in Japan - japanische Zeichner haben sich hingesetzt und die Grimm-Märchen als Manga umgesetzt. Alice im Wunderland und Märchen sind sehr beliebte Stoffe, um daraus Geschichten zu spinnen", so Gocke.

Neben den märchenhaften, phantastischen Stoffen gibt es aber auch eine Richtung namens "Slice of Life" - ein Stück vom Leben, die einfach aus dem Alltag der Figuren berichtet. All das ist derart erfolgreich, dass im Gegensatz zu anderen Bereichen des Buchmarktes, klassischen Romanen etwa, Manga immer weiter wächst. "Deswegen sind auch viele Buchhandlungen oder Händlerinnen momentan sehr dahinter, vielleicht auch mal Manga einzuführen, wenn sie vor ein paar Jahren vielleicht noch skeptisch waren", resümiert Rothenberg.

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NDR Info | 27.08.2022 | 06:55 Uhr

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