"Buddenbrooks" - ein Vier-Generationen-Roman

Erst 22 Jahre alt ist Thomas Mann, als er 1897 mit der Niederschrift der "Buddenbrooks" beginnt. Am 26. Februar 1901 erscheint der Roman. Es ist die Geschichte seiner eigenen Familie. Zunächst wenig beachtet, gelingt dem Schriftsteller mit der zweiten Ausgabe 1903 der literarische Durchbruch. 1929 erhält er dafür den Literaturnobelpreis. Eine Entstehungs- und Wirkungsgeschichte.
Thomas Mann hält sich in Italien auf, als er 1897 beginnt, die "Buddenbrooks" zu schreiben. Dorthin war er seinem Bruder Heinrich 1895 gefolgt. Bis dahin hat er erst wenige Erzählungen veröffentlicht. Für sein erstes umfangreiches Werk, das biografische Züge tragen soll, sind Vorarbeiten nötig - und so lässt er sich von Verwandten alle möglichen Papiere schicken, die über die Familie Auskunft geben: Briefe und Urkunden, Lebensläufe von Familienmitgliedern und Bekannten, Ausführungen über die geschäftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, ja sogar Familienrezepte.
Auch während des Schreibens sind immer wieder Unterbrechungen für weitere Recherchen notwendig. Das ursprünglich geplante Manuskript von 250 Seiten hat bald den vierfachen Umfang. Erst im Sommer 1900 stellt Mann die letzten Kapitel fertig.
Thomas Mann weigert sich gegen Romankürzung
Das Werk ruft bei dem Verleger Samuel Fischer, der Thomas Mann ermutigt hatte, einen Roman zu schreiben, keine große Begeisterung hervor: viel zu mächtig, befindet Fischer. Erst als Thomas Mann der Aufforderung nicht nachkommt, das Manuskript zu kürzen, gibt Fischer nach und bringt das Buch heraus. Die "Buddenbrooks. Verfall einer Familie" erscheint Anfang Oktober 1901 im Fischer Verlag in zwei Bänden und kostet 12 Mark.
Literaturnobelpreis für die "Buddenbrooks"
Aber erst mit der zweiten, einbändigen Ausgabe wird das Buch ein Erfolg. Am Ende auch bei den Kritikern: Am 10. Dezember 1929 wird der Schriftsteller für die "Buddenbrooks" mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Die Jury begründet ihre Entscheidung damit, dass das Werk "im Lauf der Jahre eine immer mehr sich festigende Anerkennung als ein klassisches Werk der zeitgenössichen Literatur gewonnen hat."
Mann wird als "Nestbeschmutzer" beschimpft

Thomas Mann beschreibt das Schicksal der Kaufmannsfamilie Buddenbrook in der Hansestadt Lübeck im 19. Jahrhundert. Beim Erscheinen des Werkes sind die Lübecker entrüstet - der Schriftsteller gilt als "Nestbeschmutzer". Denn ironisch porträtiert Mann nicht nur die eigene Familie, auch Mitglieder weiterer Lübecker Familien und bedeutende Personen der Hansestadt glauben sich in den Romanfiguren wiederzuerkennen. Für Empörung sorgt außerdem die detaillierte Darstellung Lübecks - ohne dass jedoch im Roman der Stadtname fällt.
Welche Figur ist wer in Lübeck?
Wer im Buch entspricht wem im damaligen Lübeck? In der Stadt kursieren zu jener Zeit mehrere Schlüssellisten. Eine Buchhandlung gibt den Käufern der "Buddenbrooks" zu den gekauften Bänden gleich eine Liste dazu.
Tatsächlich tragen die Romanfiguren Züge lebender Personen, identisch mit ihnen sind sie jedoch nicht. So etwa:
- Tony Buddenbrook - Vorbild: Elisabeth Mann, eine Tante Thomas Manns. Sie war zweimal verheiratet, beide Ehemänner gingen bankrott. Eines ihrer vier Kinder inspiriert ihn zur Romanfigur Erika Grünlich.
- Hanno Buddenbrook ähnelt Thomas Mann selbst. Wie Mann selbst hasst er die Schule und verbringt seine Sommerferien gern in Travemünde. Und er liebt die Musik.
- Sesemi Weichbrodt hat eigentlich zwei Vorbilder: Therese Bousset, die Inhaberin eines Lübecker Töchter-Pensionates, und ihre Mutter, die durch ihre Spracheigentümlichkeiten auffällt.
- Pastor Pringsheim: Diese Figur basiert auf der Person Pastor Ranke, der mit der Familie Mann damals zerstritten ist.
Englische und französiche Übersetzung erst spät
Die Wirkung von Thomas Manns Roman bleibt im Wesentlichen zunächst auf den deutschsprachigen Raum begrenzt und auf an deutschsprachiger Literatur interessierte Leser. Bereits 1903 gibt es eine dänische, 1904 eine schwedische Übersetzung, aber erst 1924 folgt die englische, 1932 die französische.
Das soll sich im Lauf der Jahrzehnte ändern: Bis heute wurden die "Buddenbrooks" in rund 40 Sprachen übersetzt.
