Sensationsfund macht Bismarck-Archiv glücklich
Mit diesem Anruf hatte Ulrich Lappenküper fast schon nicht mehr gerechnet. Vergangenen Freitag sitzt der Leiter der Otto-von-Bismarck-Stiftung in seinem Büro in Friedrichsruh nahe Hamburg. Um 13.15 Uhr klingelt sein Handy. Am anderen Ende meldet sich Ron Cowen, ein Journalist der "New York Times". Er hat sensationelle Neuigkeiten: Im Edison Archiv in New Jersey sind Tonaufnahmen von Reichskanzler Otto von Bismarck gefunden worden. Lappenküper ist wie elektrisiert. Seit Jahren hatte er nach der 123 Jahre alten Aufnahme geforscht. Eigentlich war er sich immer sicher gewesen, dass die Aufnahme dort im Edison-Archiv sein müsste. Aber alle seinen Anfragen waren stets erfolglos geblieben. Und nun das.
Er habe sich wahnsinnig gefreut, erinnert sich Lappenküper im Gespräch mit ndr.de. Erst mal habe er tief durchgeatmet und dann den amerikanischen Journalisten ein langes Interview zur Geschichte der Aufnahme und zur Person des Reichskanzlers gegeben.
Aufnahme lag jahrzehntelang unbeachtet in US-Archiv
Das Ton-Dokument war schon im September 1957 im Edison-Archiv gemeinsam mit 16 anderen Walzen gefunden worden und blieb dann jahrzehntelang unbeachtet stehen. Erst vor sieben Jahren machten sich US-Forscher daran, die Kiste mit der Aufschrift "Edison-Wangemann" zu katalogisieren. Das bedeutete auch, die alten Dinger hörbar zu machen. Als sie deutsche Worte erkannten, holten sie sich im vergangenen Jahr Hilfe aus Berlin.
Stephan Puille von der Hochschule für Technik und Wirtschaft entschlüsselte die Worte und Wortfetzen und brauchte nicht lange, um die Stimme Reichskanzler Otto von Bismarck zuzuordnen. Dazu schreibt Puille auf seiner Internetseite: "Nach dem ersten Durchhören konzentrierte ich mich zunächst auf eine Walze die laut Ansage in Friedrichsruh, dem Altersruhesitz von Fürst Otto von Bismarck, aufgenommen worden war. Der von mir transkribierte Inhalt deckte sich mit zeitgenössischen Presseberichten, sodass ich sicher bin die seit über einhundert Jahren verschollen geglaubte Walze von Fürst Bismarck identifiziert zu haben."
Puilles Prädikat "Original-Bismarck" lasse keinen Raum für Zweifel, sagt Lappenküper. Der Berliner Kollege habe mit seiner Arbeit eine "wahre Meisterleistung" vollbracht.