Ganz normales Familienleben - mit Downsyndrom
Lydia Zahmel ist Mutter der zweijährigen Käthe. Erst kurz nach der Frühgeburt erfuhren sie und ihr Freund, dass ihre Tochter das Downsyndrom hat. Zahmel war keine Spätgebärende, bei der das Risiko, ein Kind mit Behinderung zu bekommen, größer ist als bei jungen Müttern.
Käthe mag Musik, die Lieder zum Mitsingen in Youtube-Videos. Sie geht gerne schwimmen. Und sie liebt Tiere - die aus ihren Büchern, die Katzen zu Hause in Hamburg-Harburg und die aus dem Wildpark.
Ihre Pädagogin hat bei ihrem Besuch kleine Tierfiguren aus Hartgummi mitgebracht. Damit spielen sie im Wohnzimmer, sie üben Gebärden und das Sprechen. Käthe lernt, wie sie ihren Willen ausdrücken kann. "Ab zwei Jahren hat sie angefangen, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Käthe weiß ganz genau, was sie will", erklärt ihre Mutter.
"Wir sind da sehr unbeholfen reingestolpert"
Sie und ihr Freund Niklas erfuhren in der Nacht nach der Geburt, dass ihr Kind sehr wahrscheinlich das Downsyndrom hat. Da seien sie allerdings noch vielmehr um das Leben der Kleinen besorgt gewesen, als um diesen Befund, erzählt sie. Denn Käthe kam sieben Wochen früher als errechnet zur Welt, per Not-Kaiserschnitt.
Erst, als es ihr besser ging, hätten sie den Kopf freigehabt, Lydia Zahmel: "Klar weiß man erst mal nicht, was auf einen zukommt. Denn wir haben gar keine Berührungspunkte gehabt, weder zu Menschen mit Downsyndrom noch zu anderen Behinderungen. Wir sind da sehr unbeholfen reingestolpert. Und vielleicht ist das ganz gut so, weil wir demgegenüber sehr aufgeschlossen waren, einfach alles mitgenommen haben und froh über die Hilfe waren."
Familie und Freunde werden informiert
Noch auf der Geburtsstation bekommen sie Kontakt zu anderen Eltern, die auch ein Kind mit Downsyndrom haben. Und sie sprechen mit ihren eigenen Familien. "Das war sehr intensiv, sehr emotional. Meine Familie ist sehr viel in der Medizin tätig. Das heißt, die haben da natürlich noch einen anderen Blick drauf, da hatte ich ein bisschen Angst vor", sagt Zahmel.
Das Treffen sei ganz herzlich geworden, so die 32-Jährige. Um medizinische Fragen sei es kaum gegangen. Alle hätten sich gefreut. Ihren Freunden schrieben die jungen Eltern einen Brief, von dem die Mutter berichtet: "'Achtung, ich bin jetzt da. Ich bin zu früh gekommen, und ich habe übrigens ein Extra-Chromosom, aber macht euch keine Sorgen.' Wir haben damals auch in den Brief geschrieben, dass wir glauben, Käthe hat sich uns ausgesucht als Eltern, weil wir sie einfach so nehmen wie sie ist und weil wir cool damit sind."
Freunde in der Kita
Gut zwei Jahre später ist die Aufregung verflogen. Käthe geht in die Kita. Das Mädchen mit den braunen Haaren und hellblauen Augen spielt dort mit ihren Freundinnen und Freunden, mit und ohne Behinderung. "Es gibt zum Beispiel ein Mädchen in der Kita, die setzt sich immer, wenn sie ein Buch lesen will, zu Käthe, weil sie weiß, dass Käthe auch gerne Bücher liest. Oder, wenn sie etwas trinken wollen, dann bringen sie Käthe auch ihren Becher, weil sie da allein noch nicht ran kommt. Und das finde ich total schön. Und so funktioniert's halt", erzählt Zahmel.
Die Blicke der Leute
Käthe lernt noch das Laufen, ist gesund. Im Winter kämpfe sie gegen Erkältungen an, weil sie ein geschwächtes Immunsystem habe, erzählt ihre Mutter. Ihr sei wichtig, dass die Menschen besser über das Leben mit Downsyndrom informiert sind: "Manchmal, wenn ich irgendwie Blicke auf der Straße merke, dann lächele ich erst mal freundlich." Wenn sie dann merke, dass die Blicke intensiver werden oder dass die Leute auch reden, spricht sie diese auch mal an: "Ich finde, die brauchen nicht zu mutmaßen 'Hat sie oder hat sie das nicht'. Auf mich können die Leute gerne zukommen und fragen."
Auf einem dafür eingerichteten Instagram-Account teilt Zahmel deshalb auch Bilder von Käthe und ihrem gemeinsamen Alltag: Es gehe ihr darum zu zeigen: "Was würde es für mich bedeuten, ein Kind mit Downsyndrom zu haben? Für uns bedeutet es halt: Familienleben, ein ganz normales, ehrlich gesagt."
