Chat-Protokoll: Prostatavergrößerung
Schon ab Mitte 30 beginnt sich bei vielen Männern die Prostata gutartig zu vergrößern. Das allein ist noch kein Problem. Wenn aber mit zunehmendem Alter genau jene Drüsenteile wachsen, die die Harnröhre umschließen, kann es zu Schwierigkeiten beim Wasserlassen kommen. Die Behandlungsmöglichkeiten sind dann vielfältig. Helfen pflanzliche und chemische Arzneimittel nicht mehr weiter, stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Zu den neueren gehören etwa die Embolisation, bei der die die Prostata versorgenden Gefäße mit kleinen Partikeln verschlossen werden. Oder auch die Wasserdampfablation, bei der mit Hilfe von sterilem Wasserdampf Zellen verbrannt werden und das Prostatagewebe um die Harnröhre im Anschluss schrumpfen. Doch für wen sind diese neueren Methoden geeignet, sind sie wirklich schonender und wie nachhaltig sind die Ergebnisse?
Der Urologe Prof. Axel Merseburger hat im Visite Chat Fragen zum Thema Prostatavergrößerung beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:
Herbert V.: Ich leide seit drei Jahren an BPS und habe mich bisher nicht getraut, den Weg der OP zu bestreiten. Hauptsächlich habe ich Angst vor der Inkontinenz und Impotenz. Gibt es eine Lösung, die diese Ängste ausschließt?
Prof. Axel Merseburger: Was sagt Ihr Urologe? Waren Sie in den letzten Wochen zur Kontrolle? Holen Sie gegebenenfalls eine zweite Meinung ein. Die Behandlung von gutartiger Prostatavergrößerung führt fast nie zu Inkontinenz oder Impotenz.
Carlchen: Nicht plausibel: Ich bin 87 Jahre alt, seit 16 Jahren Hormontherapie, zurzeit PSA von 40 auf 20 fallend. Zweimal PET, einmal PC/einmal nein. Keine Metastasen. Jetzt Blasenentzündung, bis 600 ml Restharn. Katheter, Verdacht, dass die Harnröhre zu eng ist. Frage: Was tun? TURP oder neues Verfahren? Gibt es Stents für die Harnröhre?
Merseburger: Eine Blasenspiegelung sollte durchgeführt werden. Und dann je nach Befund weiter entschieden werden. Stents für die Harnröhre gibt es, die nicht immer zum Erfolg führen.
Helmut: Ich habe gehört, dass die Prostata nach einer Ausschabung wieder nachwächst und man später wieder das gleiche Problem hat. Stimmt das?
Merseburger: Das ist sehr selten der Fall. Eine gut durchgeführte TURP sollte Jahre bis Jahrzehnte das Wasserlassen ermöglichen. Die alternativen Verfahren müssen hier noch Langzeitdaten liefern, bieten aber die Möglichkeit, im Verlauf immer noch eine transurethrale Prostataresektion (TURP) durchführen zu können.
Rostocker: Nach einer gutartigen Prostata-OP mit der HoLEP-Methode 2010 ist eine Inkontinenz entstanden. Was muss/kann/sollte ich tun, um diese Inkontinenz abzustellen?
Merseburger: Vorerst eine urodynamische Untersuchung und eine Blasenspiegelung. Je nach Schließmuskeldefekt muss dann über die Therapie entschieden werden. Wurde ein Harnwegsinfekt ausgeschlossen?
Unbekannt: Wie ist es nach dem schonenden Eingriff mit der Potenz? Sind infolge einer solchen OP mit diesbezüglichen Nachteilen zu rechnen?
Merseburger: Alle Behandlungsmethoden der gutartigen Prostatavergrößerung sollten die Potenz nicht stören, werden sie allerdings auch nicht verbessern.
Cula: Als Laie stellt sich mir die Frage, ob die Harnröhre innerhalb der Prostata nicht mit einem Stent offen gehalten werden kann?
Merseburger: Im Prinzip ja, nur verrutschen diese Stents gelegentlich und können als Fremdkörper zu Infektionen führen.
Unbekannt: Ich habe von einer neuartigen Methode gehört, die vergrößerte Prostata zu behandeln, die mit Wärme über 45 Grad durchgeführt wird und zwar in China. Haben Sie darüber Informationen?
Merseburger: Die Reise ist nicht notwendig. Es gibt Wärmebehandlungen (Wasserstrahl, HIFU), die auch in deutschen Kliniken angeboten werden. Neu heißt nicht immer gut. Darauf zu achten ist, dass die jeweilige Technik von dem jeweiligen Operateur möglichst häufig durchgeführt wurde.
Kai: Helfen Prostagutt forte oder ähnliche Mittel gegen Prostatabeschwerden?
Merseburger: Es ist dafür zugelassen und hilft bei einigen Männern. Falls es nicht mehr hilft, beim Urologen um alternativen Rat bitten. Vor einer Operation gibt es eine Menge anderer Alternativen zur Behandlung der Blasenentleerungsstörung.
Flugmaxe: Bei den vorgetragenen Verfahren Embolisation oder Wasserdampfablation: Besteht nach erfolgter OP der normale Samenerguss?
Merseburger: Bei allen Verfahren, die die Prostata verkleinern, also auch medikamentöse Therapie, besteht die Gefahr, dass der Samenerguss in die Blase geht und nicht mehr nach außen. Im Fachbegriff: retrograde Ejakulation.
Wernher B.: Lässt sich eine Biopsie umgehen, um eine gutartige Prostatavergrößerung (BPH) festzustellen?
Merseburger: Ja, wenn der Krebswert (PSA) im grünen Bereich (unter 4 ng/ml) ist und die Tastuntersuchung unauffällig, wird keine Biopsie benötigt.
Unbekannt: Ich nehme schon seit ein paar Jahren Duodart 0,5/0,4. Wie lange kann man die einnehmen und schädigt sie auch andere Organe?
Merseburger: Die Dauertherapie ist unproblematisch. Wenn Sie Beschwerden oder Nebenwirkungen bemerken, besprechen Sie diese mit Ihrem Urologen.
CE: Kann ich mit Ernährung oder durch Medikamenteneinnahme einer Vergrößerung vorbeugen?
Merseburger: Durch Ernährung eher nicht. Bestimmten pflanzlichen Produkten, zum Beispiel Kürbiskernen, wird eine Wirkung nachgesagt. Es gibt allerdings zugelassene Medikamente mit nachgewiesener Wirkung auf eine Verbesserung des Harnstrahls.
Unbekannt: Bei mir wurde wegen der Prostatavergrößerung eine Abschabung der Prostata durch die TURP vorgenommen. Danach habe ich das Problem der sexuellen Unlust und habe Erektionsprobleme. Kann dies durch die OP verursacht worden sein?
Merseburger: Ein geringes Risiko im unteren Prozentbereich gibt es, dass eine Operation der Prostata (TURP) zu einer Einschränkung der Erektion führt. Ist dieses direkt nach der Operation aufgetreten? Gab es andere Faktoren wie Stress, die vielleicht ein Grund sein könnten? Sprechen Sie Ihren damals behandelnden Urologen auf dieses Problem an.
Nortel: Ich bin seit zwei Tagen in Behandlung mit Levofloxacin gegen Prostatitis, aber die Schmerzen lassen nicht nach. Morgens fast nichts und abends kann ich nicht mehr sitzen oder stehen.
Merseburger: Dann sollte zeitnah der behandelnde Urologe wieder aufgesucht werden. Vermutlich passt das Antibiotikum nicht auf den Keim. Gibt es eine mikrobiologische Untersuchung des Urins?
Gast: Meine Prostata hat nur eine Größe von circa 20 ml und soll operiert werden, immer wieder Schmerzen und Probleme beim Wasserlassen. Zusätzlich eine Multiple Sklerose. Ist bei so einer Größe eine OP sinnvoll?
Merseburger: Bei einer Nervenerkrankung wie der MS sollte vor der Prostataoperation eine Blasendruckmessung (Urodynamik) durchgeführt werden.
Andi: Ich habe mit Interesse den Beitrag zur Prostatavergößerung verfolgt. Meine Frage wäre, wie ich in meinem Fall entscheiden soll. Ich bin seit circa zwei Jahren in Überwachung beim Urologen. Meine Prostata hat circa die Größe einer Mandarine (80 ml Volumen). Eine Indikation für eine OP wäre gegeben. Ich wurde beraten für die Verfahren Laser und elektrische Schlinge. Von einem Eingriff mit den Plastikkügelchen wurde mir eher abgeraten. Was würden Sie mir empfehlen?
Merseburger: Je nach Ihrem Alter und Nebenerkrankungen wäre auch die Embolisation (Plastikkügelchen) eine Behandlungsoption. Allerdings gibt es zu den Ihnen vorgeschlagenen Verfahren die sichersten Langzeitergebnisse.
Horst L.: Ich nehme seit mehreren Jahren wegen einer vergrößerten Prostata Duodart ein. Habe nachts keine Probleme. Ein- bis zweimal nachts zur Toilette. Das Problem ist urplötzlicher Harndrang. Würde durch eine Operation hier eine Besserung eintreten?
Merseburger: Hier wäre es wichtig, noch mal den aktuellen Restharn zu messen, der nach dem Wasserlassen in der Blase verbleibt. Wenn dieser deutlich über 100 ml liegt, kann eine Operation helfen.
Wolfram: Nach dem ersten Wasserlassen morgens muss ich kurz danach noch einmal zum Wasserlassen, so als ob in zwei Schüben die Blase entleert würde. Woran kann dies liegen und wie kann das behandelt werden?
Merseburger: Dieses kann an einer größeren Prostata liegen. Eine Vorstellung beim Urologen mit Befragung und Diagnostik (Ultraschall) ist zu empfehlen. Vermutlich kann eine milde Medikamenteneinnahme die Symptome verbessern.
Pewees: Bei welcher Methode ist die Gefahr von Inkontinenz oder Impotenz am geringsten?
Merseburger: Die Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Das ist abhängig von Prostatagröße, Vorerkrankungen, Alter, etc.
Unbekannt: Ist ein Nachtropfen mit wenigen Tropfen direkt nach dem Urinieren zwingend ein Problem der Prostata?
Merseburger: Nein, das kann viele Gründe haben - vom Harnwegsinfekt bis zur überaktiven Blase.
Lothar: Die Prostata hat hormonelle Funktionen zu erfüllen. Ist nach Verkleinerungen mit hormonellen Störungen zu rechnen? Wenn ja, welche Einschränkungen sind zu tolerieren?
Merseburger: Nein, die Prostata wächst zwar hormonabhängig, produziert aber keine Hormone.
Dago: Mein behandelnder Urologe will jedes Mal eine Gewebeentnahme durchführen, ist dies wirklich immer erforderlich?
Merseburger: Vermutlich hat Ihr Urologe Sorge, dass bei Ihnen Prostatakrebs vorliegen könnte. Wie hoch ist der PSA-Wert? Wurde etwas Auffälliges getastet? Das können Gründe sein, weshalb Ihr Urologe eine Gewebeentnahme empfiehlt.
Konrad A. B.: Ich habe seit Oktober 2018 eine Prostata-Totaloperation hinter mir und brauche heute noch fünf bis sechs Vorlagen. Ist in absehbarer Zeit eine Besserung zu erwarten?
Merseburger: Eine Totaloperation wird bei Krebs durchgeführt, haben Sie schon Beckenbodengymnastik probiert? Eine Blasenspiegelung und Sichtung des Schließmuskels durch den Urologen ist zu empfehlen, dann muss weiter entschieden werden.
Lofi: Ich habe eine 25-Gramm-Prostata. Muss nachts manchmal vier- bis fünfmal raus. Nehme Tamsulosin seit Jahren, erst zweimal die Woche, jetzt jeden Tag. Meine Blase ist aber immer voll. Ob ich viel oder wenig trinke, hat keinen Einfluss. Pflanzliche Mittel helfen nicht. 1995 hat man am Blasenausgang Wucherungen festgestellt, weil ich schon immer einen dünnen Harnstrahl hatte. Was kann ich tun, um das Problem zu lösen?
Merseburger: Bei Ihnen ist eine erneute Diagnostik/Untersuchung empfehlenswert. Hierzu gehört eine Urinuntersuchung, Ultraschall und vielleicht eine Blasenspiegelung. Je nach Ergebnis können Sie dann behandelt werden.
Paul: Ich nehme "Tamsulosin 0,4" mit mäßigem Ergebnis. Wenn ich mindestens eine Tasse Schachtelhalmtee trinke, ist der Harnfluss wesentlich besser. Wie lange kann ich den Tee nehmen, ohne andere Nebenwirkungen zu bekommen?
Merseburger: Meines Erachtens hat der Tee keine Nebenwirkungen. Wenn's hilft, weitertrinken.
Willi: Bei der Vorsorgeuntersuchung wurde vom Hausarzt per Ultraschall ein Adenom in der Prostata festgestellt (PSA-Wert 0,4). Was soll ich jetzt unternehmen? Ist das regelmäßige Trinken von Tee des kleinblütigen Weidenröschens hier zu empfehlen?
Merseburger: Haben Sie denn überhaupt Probleme beim Wasserlassen? Falls ja, lohnt sich der Weg zum Urologen.
Michael: Ich habe eine vergrößerte Prostata, die vulkanmäßig in die Blase wächst. Welche Behandlung zur Verkleinerung ist empfehlenswert?
Merseburger: Eine große Prostata muss nicht immer behandelt werden. Haben Sie denn Probleme beim Wasserlassen? Falls ja und Ihr Urologe zu einer Verkleinerung rät, kann dieser sogenannte Mittellappen entfernt werden.
Stark vergrößerter Mittellappen: Macht es Sinn, nur den Mittellappen zu entfernen und dann einmal abzuwarten?
Merseburger: Das kann durchaus Sinn machen. Es kann aber auch dazu führen, dass im Verlauf ein erneuter Eingriff notwendig ist.
MR: Kann eine Harnröhre zu klein für ein Endoskop sein?
Merseburger: Eigentlich nicht. Für sehr kleine Harnröhren haben wir Kinderinstrumente.
Wolfram: Mein Urin schäumt beim Wasserlassen, insbesondere morgens beim ersten Mal. Mein Hausarzt meint, das sei normal. Es liegt nicht an Reinigungsmitteln der Toilette, da dies überall auftritt. Was kann das sein? Was kann ich tun?
Merseburger: Der Hausarzt könnte den Urin mal auf Keime untersuchen. Wenn die Untersuchung unauffällig ist, die Toilette mal ohne Reinigungsmittel testen.
Franz: Wie beeinflusst eine Prostata-OP, ob mit Laser, Schlinge oder Wasserdampf, die Sexualfunktion?
Merseburger: In ganz seltenen Fällen ist die Sexualfunktion zeitweilig eingeschränkt, sehr selten auch dauerhaft. Darüber sollte vorher, egal welches Verfahren, aufgeklärt werden.
