Der Regler einer Heizung in einer Wohnung ist aufgedreht. © dpa-Zentralbild Foto: Jens Büttner

Energiekrise: Was kommt auf Schleswig-Holsteins Mieter zu?

Stand: 08.07.2022 18:32 Uhr

Werden die Vermieter in ganz Schleswig-Holstein im kommenden Winter die Heizung während der Nacht drosseln? NDR Schleswig-Holstein hat bei den Wohnungsbaugesellschaften im Land nachgefragt.

Der Immobilienkonzern Vonovia hat gerade angekündigt, die Heizungstemperatur der Gas-Zentralheizungen in der Nacht absenken zu wollen. Zwischen 23 und 6 Uhr müssen dann maximal 17 Grad Raumtemperatur reichen. Mit solchen konkreten Plänen steht der Konzern aber offenbar allein da. Nach Recherchen von NDR Schleswig-Holstein winken die meisten Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften in Schleswig-Holstein beim Thema Nachtabsenkung ab. So beruhigt zum Beispiel Sven Auen, Vorstandsvorsitzender der Woge Wohnungsgenossenschaft Kiel: "Alle Heizungsanlagen wurden optimiert, soweit das geht. Außerdem wurden alle Mieter angeschrieben, um sie zu bitten, sparsam zu sein." Außerdem würden langfristige Verträge für noch einigermaßen gute Preise sorgen. Die Woge hat insgesamt etwa 2.300 Wohnungen, vor allem in Kiel, aber auch in Eckernförde, Bordesholm, Flensburg und Elmshorn.

Viele Wohungen der WOBAU OH bereits saniert

Auch die Wohnungsbaugesellschaft Ostholstein (WOBAU OH) will die Heizung ihrer Mieter nicht herunterregeln. 90 Prozent der Wohnungen seien nach Angaben von Geschäftsführer Fabian Weist ohnehin energetisch saniert: "Wir haben unseren Mietern angeboten, vorsorglich die Abschlagszahlungen zu erhöhen, aber individuell, jeder wie er kann. Wir werden sicher die Nebenkosten anpassen müssen - aber moderat."

Energiesparkonzept wird erarbeitet

Gleiche Reaktionen gibt es bei der Baugenossenschaft Adlershorst in Norderstedt (Kreis Segeberg). Sie ist im Besitz von mehr als 5.200 Wohnungen im Nordwesten der Metropolregion. Es gebe es noch keine Überlegung zu einer Zwangsnachtabsenkung. Man wolle sich an die gesetzlichen Mindestvorgaben halten - der Heizungsverbrauch der Mieter soll aber angepasst werden. Dafür soll vor der Heizperiode ein entsprechendes Energiesparkonzept erarbeitet werden, das aber nicht bindend sei, heißt es.

Die Neue Lübecker hat noch keine Entscheidung über eine Nachtabsenkung getroffen. Und die Neue GeWoGe Wohnungsbaugenossenschaft mit Sitz in Pinneberg wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Mieterbund: "Mieter werden in ihren Rechten beschnitten"

Der Mieterbund Schleswig-Holstein lehnt Maßnahmen wie eine zwanghafte Nachtabsenkung der Temperatur vehement ab. Damit würde einfach eine bestimmte Gruppe - nämlich die Mieter - in ihren Rechten beschnitten, sagt Geschäftsführer Carsten Wendt: "Es gibt da eine klare Rechtsprechung in dem Bereich, welche Temperaturen nachts vorgehalten werden müssen - das fordern die Gerichte auch so. Das gehört zum normalen Wohngebrauch."

Wohungsunternehmensverband: "Niemand soll frieren, aber..."

Der Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner, nennt die Idee der Nachtabsenkung aus der Not heraus geboren. "Niemand entscheidet sich gern für solche Maßnahmen, aber wir bekommen große Probleme bei der Energieversorgung, allen voran beim Gas. Da hilft es jetzt nicht, die Augen zuzumachen und zu glauben, man wird nicht gesehen." Natürlich solle niemand in seiner Wohnung frieren, aber wenn es einen Tick kälter werde, dann sei das erträglich, findet Breitner.

"Niemand soll in seiner Wohnung frieren, aber wenn es einen Tick kälter wird, dann ist es - glaube ich - erträglich." Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen

Einsparüberlegungen in Städten und Gemeinden

Ein Eisstock steht auf einer Eisbahn. © NDR Foto: Peter Bartelt
In Kiel und Rendsburg wird es in diesem Winter aufgrund der Energiekrise keine Eisbahnen geben.

Unterdessen überlegen auch Städte und Gemeinden, wie sie im kommenden Winter Energie sparen können. Die Stadt Rendsburg hat jetzt bekannt gegeben, dass die für den diesjährigen Weihnachtsmarkt geplante Eisbahn nicht stattfinden wird. "Die Kühlaggregate verbrauchen sehr viel Strom, der dann an anderer Stelle möglicherweise fehlen würde", sagte Anke Samson vom Rendsburg Marketing. Angesichts der prognostizierten Gasknappheit halte man das für nicht verantwortbar.

Auch die Stadt Kiel verzichtet auf eine Eisbahn. In diesen Zeiten sei es nicht vertretbar, über einen so langen Zeitraum, große Kühlaggregate zu betreiben, heißt es dazu vom Geschäftsführer von Kiel-Marketing, Uwe Wanger: "Wir arbeiten an einem Alternativkonzept, um trotz der veränderten Umstände ein attraktives Freizeitangebot bieten zu können."

Ob der für Anfang 2023 geplante Stadtwerke Eiszauber auf dem Lübecker Markt stattfinden wird, ist nach Angaben eines Stadtwerkesprechers noch nicht entschieden.

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Schleswig-Holstein Magazin | 08.07.2022 | 19:30 Uhr

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