Zeitreise: Vom Anfang der Kreuzfahrten
Auf den ersten Blick ist es nur eine Plakatausstellung im Stadtmuseum Kiel. Werbebilder eben, Verführung, Spiel mit dem Fernweh. Auf den zweiten Blick erzählen diese Plakate von der Epoche, in der Seereisen und Kreuzfahrtschiffe schon ein bisschen zum Massenphänomen wurden.
Elegante Schiffe, vor eindrucksvoller Landschaft, grafisch anspruchsvoll, edler Druck. Die 80 Plakate aus mehr als 120 Jahren zeigen eine Welt, die nach Salzwasser und Champagner, nach Seeluft und Exotik riecht. Seereisen, die ersten Vorformen der Kreuzfahrten seien für die Touristen vor mehr als hundert Jahren ein ganz neue Erfahrung gewesen, "denn sie nahmen ihre Unterkunft quasi mit auf Reisen. Und das war meist ein weit mehr als hundert Meter langes, schwimmendes Grand Hotel", erzählt Doris Tillmann, die ehemalige Leiterin der Kieler Museen. Sie hat die Plakate für die Ausstellung im Kieler Stadtmuseum Warleberger Hof zusammengestellt.
Plakate als Verführung
Im Kieler Stadtmuseum Warleberger Hof kann man in die Geschichte der Kreuzfahrtschiffe und der Seereisen eintauchen. Mit bildmächtiger Werbeführung sollten Menschen auf die Passagierschiffe gelockt werden. Dort war die gebürtige Lübeckerin bis zum Mai vergangenen Jahres noch die Chefin. 17 Jahre hat sie die Museen der Stadt Kiel geleitet. Und hatte von Anfang an eine Leidenschaft für die Werbeplakate der Reedereien.
Anfangs waren Vergnügungs-Seereisen etwas für die Begüterten. Vor dem Ersten Weltkrieg macht der Kaiser es seinen finanzkräftigen Untertanen vor: Regelmäßig ging Wilhelm II. mit seiner Yacht auf "Nordlandreise". Reedereien wie "Norddeutscher Lloyd" oder der "Hamburg Süd" machten daraus ein Geschäft. Diese Passagierschifffahrts-Reedereien saßen meist in den Nordsee-Häfen. Kiel dagegen, erzählt Doris Tillmann, habe vor dem Zweiten Weltkrieg eigentlich keine große Rolle in der Passagierschifffahrt gespielt: "Die Stadt war Reichskriegshafen, die Zivilschifffahrt hatte nicht viel zu melden". Erst nach 1945, im Wirtschaftswunder-Deutschland, begann sich das wirklich zu ändern. Und Seereisen wurden auch für das Bürgertum erschwinglich.
Skandinavische Lebensart zur See
Am wichtigsten war die Initiative des norwegischen Reeders Anders Jahre, eine Fährlinie zwischen Oslo und Kiel zu eröffnen. Im Mai 1961 nahm die "Kronprins Harald" ihren Dienst auf und wurde bald zu einem Sinnbild für den Aufstieg des Kieler Hafens . All das passte einfach in die Zeit, sagt Doris Tillmann. Das Auto wurde des "Deutschen liebstes Kind" und mit der Fähre konnten die Urlauber den Weg in die Ferien abkürzen. Zudem hatten die Skandinavienfähren einen ganz eigenen Charme, meint sie: "Die Schiffe, ob nun mit norwegischer oder schwedischer Flagge am Heck, vermittelten skandinavische Lebensart, präsentieren ein eigenes Unterhaltungsprogramm und eine unkonventionelle Gastronomie." Also waren die Fähren nicht nur Mittel für den Weg von A nach B - die Schiffe selbst waren für die Passagiere ein Reiseerlebnis. So, wie es heute die reinen Kreuzfahrt-Schiffe auch sind.
Kiels Weg zum erfolgreichen Kreuzfahrthafen
Dann, in den 1990er-Jahren, nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs", war der Weg für Kiel zum erfolgreichen Kreuzfahrthafen frei. Die Stadt liegt günstig in der westlichen Ostsee. Von hier können Kreuzfahrtpassagiere Tagesausflüge nach Hamburg und Lübeck machen. Zudem liegt der Hafen an einer Förde, in die auch Schiffe mit größerem Tiefgang einlaufen können.
Kiel investiere viel in seinen Hafen, erzählt Dirk Claus, Geschäftsführer des Port of Kiel, des Kieler Seehafens. In diesem Jahr seien 250 Schiffsbesuche angemeldet - ein neuer Rekord. Bis zu einer Million Touristen könnten vom Kieler Hafen aus dann die Ostsee oder das Hinterland erkunden, sagt der Hafenchef.
Und Doris Tillmann? Wenn man die erfahrene Kieler Ausstellungsmacherin fragt, wo sie selbst denn eigentlich Urlaub macht, antwortet sie: natürlich in Skandinavien. Sie bleibt auch im Ruhestand im Norden und ist selbst ein absoluter Fan von Nordlandreisen.