Zeitreise: Erinnerungen an das Lager Oksbøl

Stand: 25.11.2022 13:23 Uhr

In Familiengesprächen hat NDR-Reporter André Schnoor erfahren, dass seine Familie im damaligen Flüchtlingslager im dänischen Oksbøl untergebracht war.

von André Schnoor

Eine historische Aufnahme zeigt eine Familie mit zwei Kindern im Flüchtlingslagers Oksböl. © NDR
Die Kinder der Familie Schwellnus wuchsen nach ihrer Flucht aus Deutschland zeitweise im Flüchtlingslager Oksbøl auf.

Als vor einem halben Jahr das neue Museum "FLUGT" im dänischen Oksbøl in Jütland eröffnet wurde, erfuhr ich bei einem Gespräch mit meinem Vater, dass auch er, sein großer Bruder Alfred, seine Mutter und Oma in dem damaligen Flüchtlingslager untergebracht waren. Alle vier waren 1945 aus Ostpreußen geflohen. Mein Vater, damals drei Jahre alt, hatte kaum Erinnerung an den Lageraufenthalt - mein Onkel Alfred Schwellnus um so mehr. Er war damals elf Jahre alt, als er im Flüchtlingslager ankam. Drei Jahre mussten sie im Lager leben, bevor sie gemeinsam nach Kiel weiterreisen durften. Um seine Erinnerungen festzuhalten, habe ich ihn interviewt.

Zufluchtsort für Heimatvertriebene

Eine Ausstellung im Flugt Museum Oksbøl zeugt historische Aufnahme des Flüchtlingslagers Oksböl. © Flugt Museum Oksbøl
Die Ausstellung "FLUGT" im Museum Oksbøl zeigt historische Aufnahmen des Flüchtlingslagers.

Das Flüchtlingslager Oksbøl im dänischen Jütland war der Zufluchtsort für 36.000 Heimatvertriebene aus Pommern, Ost- und Westpreußen. Ende des Zweiten Weltkriegs wuchs der ehemalige Militärübungsplatz zur sechst größten Stadt Dänemarks. Hinter Stacheldraht, abgeschirmt von der dänischen Bevölkerung, lebten hier vor allem Frauen und Kinder in Baracken. Mein heute 88 Jahre alter Onkel Alfred Schwellnus hatte damals nicht das Gefühl, eingesperrt zu sein. Das Gelände war groß inklusive Badesee und Wäldern und unzählig viele Kinder zum Spielen. Dass jeglicher Kontakt zur dänischen Bevölkerung untersagt war, hatte ihn als Kind nicht interessiert. Im Lager wurden alle - für damalige Verhältnisse - gut verpflegt. Alfred legte sich sogar einen kleinen Garten an und pflanzte Tabak.

Historiker trifft Zeitzeugen

Ich habe den Historiker und Kurator John Jensen im Flüchtlingsmuseum Oksbøl getroffen. Er berichtet, dass die meisten Flüchtlinge, mit denen er gesprochen hat, eine positive Erinnerung an den damaligen Lageraufenthalt haben. 10.000 Arbeitsplätze wurden im Lager geschaffen, erklärt John. Zehn Schulen und zahlreiche Kindergärten gab es auf dem Gelände, sogar ein eigenes Theater. Über die Schattenseiten des Flüchtlingslagers und wie die Dänen auf das Lager mit den damals verhassten Deutschen geschaut haben, auch das ist Thema in unserer sehr persönlichen Zeitreise.

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Dampflokomotive aus dem 19. Jahrhundert. © dpa - report Foto: Votava

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 27.11.2022 | 19:30 Uhr

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