Weihnachten im Schatten der Energiekrise: Licht oder nicht?
Bei Nico Scheffler hat die Weihnachtszeit längst angefangen. Seit über einer Woche schmückt er sein Elternhaus in Ellerau im Kreis Segeberg. Das will er sich auch in diesem Jahr nicht nehmen lassen - trotz der Energiekrise.
Ein regnerischer Freitagabend Mitte Oktober. Besonders kalt ist es nicht und die Bäume tragen noch reichlich grüne Blätter. Eigentlich deutet nichts auf einen baldigen Anbruch der Weihnachtszeit hin. Doch im Garten der Schefflers erstrahlt schon jetzt ein sieben Meter langes Rentiergespann. Und das ist erst der Anfang.
Routiniert greift Nico Scheffler in das Wandregal seines neu errichteten Holzschuppens. Hier lagern keine Gartengeräte, sondern Weihnachtsschmuck. Im Haus sei allmählich der Platz ausgegangen, so der 20-Jährige. Mit einer Kabeltrommel in der Hand tritt er zurück in den Garten und entrollt eine 100 Meter lange Lichterkette. Gemeinsam mit seiner Mutter befestigt er die 1.000 bunten Lämpchen an einem Rhododendron. Dass Nico auch in diesem Jahr trotz steigender Strompreise schmücken würde, habe für ihn außer Frage gestanden. Ganz im Gegenteil: Sein Material hat er sogar noch mal verdoppelt: Von 25.000 Lichtern im letzten Jahr auf nun 50.000.
"Natürlich, viele Leute kommen und fragen: 'Warum dieses Jahr bei der Energiekrise?' Das kann man eigentlich den Leuten relativ gut erklären und auch zeigen: Hier, 1000er-Kette. Verbraucht elf Watt. Also echt nicht viel." Nico Scheffler
Energie sparen mit LED-Beleuchtung
Denn der gelernte Elektriker schmückt ausschließlich mit LED-Lichtern. Die verbrauchen im Vergleich zu herkömmlichen Glühlampen nur rund ein Zehntel. Entsprechend geringer fallen auch die Kosten aus. Im vergangenen Jahr leuchtete Nicos Weihnachtsschmuck sieben Wochen lang für acht Stunden täglich. Bezahlt hat er dafür bei einem Strompreis von damals 31 Cent pro Kilowattstunde rund 40 Euro. Dieses Jahr rechnet er mit knapp über 100 Euro zusätzlichen Stromkosten, allein für seine Weihnachtsbeuchtung.
Weihnachtsbeleuchtung für die Gemeinschaft
Vom Hof der Schefflers schallen inzwischen Motorengeräusche durch die Siedlung. Ein Freund ist mit seinem Hublader vorbeigekommen, um Nico bei der Befestigung des Eisregens am Hausdach zu unterstützen. Mit einem Akkuschrauber klettert der 20-Jährige auf die Arbeitsbühne und beginnt mit der Montage. Die ersten Lichter anzubringen, sei jedes Jahr aufs Neue ein schöner Moment, sagt er. Den ganzen Aufwand betreibe er aber nicht nur für sich - auch seine Familie und viele andere Leute würden sich an dem Anblick der Beleuchtung erfreuen. Und das sollen sich auch in diesem Jahr.
Das Kaltenkirchener Weihnachtshaus erleuchtet nicht
Zehn Kilometer weiter nördlich, in Kaltenkirchen bei Famile Rögner. Hier bleibt zum ersten Mal seit über 15 Jahren fast alles dunkel - wegen der Energiekrise. Mit einer Fernbedienung öffnet Torben Rögner sein braunes Garagentor. Langsam erscheint dahinter ein riesiges, aus Lichtschläuchen geformtes Rentier samt goldenem Schlitten. Von der Garage aus geht es durch eine schwere Metalltür weiter in die Kellerräume, wo die Rögners einen Teil ihrer Weihnachtsdeko lagern - Schneemänner, Nikoläuse und Zuckerstangen. Insgesamt sei die Ausrüstung weit über 10.000 Euro wert.
Das Kaltenkirchener Weihnachtshaus der Rögners ist eine Institution. Jedes Jahr kommen Familien aus der ganzen Region und auch darüber hinaus, um sich die liebevoll gestaltete Dekoration anzusehen. Besonders wegen der Kinder sei ihnen die Entscheidung alles andere als leicht gefallen, so der 42-Jährige. Aber dennoch sei der Schritt letztlich alternativlos gewesen.
"Alle sind aufgefordert Energie zu sparen. Städte, Gemeinden, große Warenhausketten werden dieses Jahr auch keine Weihnachtsbeleuchtung machen. Und wir haben deswegen gesagt: Das Kaltenkirchener Weihnachtshaus bleibt dieses Jahr leider aus." Torben Rögner
Angst vor Unverständnis und Vandalismus
Die Kosten hätten bei der Entscheidung keine Rolle gespielt. Durch den Umstieg auf Solartechnik könnten die Rögners die Beleuchtung vollständig aus eigenem Strom betreiben. Zu groß aber sei die Angst vor Unverständnis und sogar Vandalismus. Das wollten sie unbedingt vermeiden, so Rögner weiter. "Unser einziges Ziel war und ist es für Freude zu Sorgen und nicht für Frust".