Getrockene Beeren in einer Metalldose. © NDR

Umweltinitiative "Einmal ohne, bitte" erobert Itzehoe

Stand: 26.01.2022 20:00 Uhr

Ob ein paar Scheiben Käse, zubereitete Speisen zum Mitnehmen oder Frühstücksbrötchen: All das wird an Verkaufstheken oft noch verpackt. Dass es auch anders geht, zeigt eine bundesweite Initiative, die gerade in Itzehoe Schule macht.

von Jörn Schaar

Das Stichwort heißt "Kreuzkontamination" und es beschreibt die Sorge, dass zum Beispiel über mitgebrachte Schüsseln Keime hinter den Tresen und damit an Lebensmittel kommen könnten. Deswegen dürfen die Bedienungen etwa an der Käsetheke oder beim Schlachter Gefäße von Kunden nicht annehmen. Doch es gibt eine Lösung für dieses Problem: "Wir machen das jetzt so, dass der Kunde sein Gefäß auf ein Tablett stellt, wir befüllen das und geben es mit dem Tablett zurück", erklärt Maja Schulz vom Biomarkt Denn's in der Lindenstraße. "Unsere Mitarbeiter fassen das Gefäß selbst nicht an, so bleibt die Hygiene gewährleistet." Das Gesundheitsamt des Kreises hat sein Okay dazu gegeben, deshalb kann dieses Prinzip so auch in anderen Geschäften umgesetzt werden. Mit dabei sind neben mehreren Bäckern auch noch Reformhaus, Teeladen und Konditorei.

Verpackung weglassen verhindert Müll - und spart Geld

Konditor Frank Schulczewski von Eis Voß am Dithmarscher Platz sieht in erster Linie den Umweltgedanken. "Aber wir sparen ja auch an der Verpackung. Das ist ein Posten im Einkauf, der uns schon drückt", sagt er. An seinem Tresen gibt es neben Kuchen und Torten auch Eis, Frühstück und Mittagstisch - alles auf Wunsch in selbst mitgebrachte Gefäße. "Die Kunden haben das sehr gut angenommen und jetzt kommen viele, die sich bei uns ihr Mittagessen in eine eigene Schüssel füllen lassen", freut sich Schulczewski. Das Verkaufsgespräch funktioniert letztlich wie immer, nur dass Kunden eben ein passendes Gefäß mitbringen.

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Mit dem Stoffbeutel zum Bäcker

"Einmal ohne, bitte" gibt es nach Angaben des gemeinnützigen Vereins rehab republic e.V. inzwischen in 1.270 Läden in ganz Deutschland. "Das geht auf eine Münchener Initiative zurück, der wir uns gern angeschlossen haben", erklärt Christina Kulp vom Verein zero waste. Am besten funktioniert das bei Lebensmitteln und To-go-Produkten wie Snacks oder Heißgetränken, sagt Kulp: "Da werden die Verpackungen ja nur sehr kurz benutzt und dann weggeworfen. Eine Brötchentüte trägt man vom Bäcker nach Hause und dann ist die schon Müll." Das Ziel ist also, dass Kunden stattdessen mit dem Stoffbeutel zum Bäcker gehen. Teilnehmende Geschäfte können sich einen Aufkleber ins Schaufenster oder an den Tresen kleben. "So kann man als Kunde sofort sehen, dass man dort auch seinen eigenen Stoffbeutel oder ein Gefäß mitbringen kann - und man muss nicht erst fragen."

Der Unterschied zu Unverpackt-Läden

Das Konzept von "Einmal ohne, bitte" ähnelt dem der Unverpackt-Läden oder speziellen Modulen in vielen Supermärkten. Doch es gibt Unterschiede, erklärt Gyde Urbschat vom Itzehoer Bio-Supermarkt: "Da wird die Ware in großen Tüten angeliefert, die dann wieder im Müll landen. Zumindest in den Supermärkten kann man dann wiederum nur Einwegschalen benutzen." In den "Einmal ohne, bitte"-Geschäften werden die Gefäße der Kunden mitsamt einem Tablett gewogen und deren Gewicht wird dann durch die Waage herausgerechnet. Noch ist das Angebot begrenzt, in Urbschats Bio-Supermarkt auf die Käsetheke. Umso mehr freut sich Junior-Chefin Maja Schulz, dass auch einige Hersteller von verpackten Lebensmitteln umdenken, damit weniger Müll entsteht. "Wir haben einen Anbieter, der das Plastikfenster in seinen Verpackungen durch Reispapier ersetzt hat. Das ist auch durchsichtig, aber umweltfreundlicher", berichtet Schulz.

Lebensmittelkontrolle ist mit im Boot

Für den Verein zero waste geht es jetzt darum, das Angebot bekannter zu machen: "Wir sind in Gesprächen mit weiteren Geschäften, damit die Kunden eine noch größere Auswahl haben", sagt Christine Kulp. Es gebe Flyer und Hilfsmaterialien für die Mitarbeiterschulung, und viele Unternehmen seien ganz begeistert, "weil sie sehen, dass das eine breite Bewegung ist und dass auch die Lebensmittelkontrolle dabei im Boot ist." "Ihrem Verein sei es wichtig, dass ein Bewusstsein entsteht und sich vielleicht auch die Itzehoer Bürger bewusst machen, dass es einfache Wege gebe die Müllflut einzudämmen. Die Itzehoe Stadtverwaltung hat schon Unterstützung signalisiert, um das Projekt vor Ort bekannter zu machen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 26.01.2022 | 19:30 Uhr

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