Trockenheit in SH: Der Kampf der Wasserverbände
Im Jahr 2018 folgte auf ein trockenes Frühjahr ein knochentrockener Sommer. Die Wasserverbände, die in Schleswig-Holstein für die Trinkwasserversorgung zuständig sind, arbeiten angesichts der aktuellen Lage bereits an Lösungen.
Nach mehreren Wochen ohne Regen im Monat April machen sich die Experten beim Wasserverband Treene so ihre Gedanken. "Die Lage ist noch nicht dramatisch, aber wir müssen uns schon darauf einstellen, dass wir jetzt öfter solche Trockenphasen bekommen", sagt Wassermeister Jan Hentschke. Der Wasserverband mit seinem Wasserwerk in Wittbek (Kreis Nordfriesland) und insgesamt zehn Brunnen versorgt 72.000 Menschen zwischen Nordstrand und der Schlei. Den hohen Wasserbedarf könne der Verband in trockenen Zeiten nicht mehr decken, sagt Hentschke.
Wasserverband Treene: Nicht alle Brunnen sollen laufen
Er erinnert an den Dürre-Sommer 2018. Auch damals fing es mit einer Trockenphase im April an, die sich dann bis in den Sommer fortsetzte. "Damals mussten wir drei Brunnen ausschalten, weil wir dort kein Grundwasser mehr hatten. Und wir mussten ein Beregnungsverbot für die Landwirte verhängen", sagt Hentschke: "Nur so konnten wir eine Grundversorgung für die Bevölkerung weiter gewährleisten."
Der Wasserverband Treene hat auf das Problem der anhaltenden Trockenheit reagiert - und Experten mit einem Gutachten beauftragt. Dieses hydro-geologische Gutachten liegt nun vor. Bestandteil ist ein Strömungs-Modell. "Das zeigt uns genau, wie viel Wasser unterirdisch von welchem Brunnen wohin fließt", erklärt Hentschke. Anhand dieses Modells kann er nun bei Bedarf steuern, welche Brunnen Wasser fördern und welche nicht: "Wenn in einem Bereich wenig Grundwasser fließt, schalten wir den Brunnen da ab. Es werden also nicht mehr alle Brunnen gleichzeitig in Betrieb sein. Und so entlasten wir das Brunnenfeld und können die Versorgung sicherstellen."
Langfristig helfen an der Westküste wohl nur neue Brunnen
Um die zehn bisherigen Brunnen dauerhaft zu entlasten, wollen die Experten vom Wasserverband Treene noch zwei neue Brunnen bauen. Auch hier haben sie auf die Unterstützung von Geologen gesetzt. Diese haben durch Bohrungen herausgefunden, auf welcher Fläche genug Grundwasser vorhanden ist, um einen Brunnen zu bauen. Jan Hentschke: "Die Fläche ist eher im östlichen Teil unseres Gebietes. Damit würden wir unsere bisherigen zehn Brunnen sehr entlasten, weil die alle sehr zentral und nah beieinander stehen. Nun bekommen wir einen neuen Brunnen in 600 bis 700 Meter Entfernung."
Landwirt: "Brunnen am Feldrand ist völlig in Ordnung"
Der Wasserverband ist beim Projekt Brunnenbau auf die Hilfe von Landwirten aus der Region angewiesen, denn auf deren Flächen wurden die Grundwasser-Vorkommen entdeckt. Hermann Jürgensen aus der Nähe von Wittbek unterstützt die Pläne. Er verpachtet sein Land an den Wasserverband. "Es ist ja auch wichtig, dass für die Bevölkerung genug Trinkwasser zur Verfügung steht und auch für die Bewässerung von Flächen, und da wollen wir gern helfen", sagt Jürgensen: "Mitten in einer Fläche halte ich sowas für bedenklich, aber wenn man so einen Platz wie hier finden kann, am Feldrand - dann find ich das in Ordnung."
Wassermeister Hentschke erläutert dem Landwirt, was in den nächsten Wochen auf seiner Fläche passieren soll. "Ungefähr 1.500 Quadratmeter Fläche wären das, mit Zuwegung, für den Brunnenplatz und für den Kran, den wir hier von Euch benötigten würden", sagt Hentschke an den Landwirt gewandt. Im kommenden Jahr sollen die Bauarbeiten beginnen, 2024 soll der neue Brunnen auf der Fläche von Landwirt Jürgensen dann bereits Wasser liefern.
Auf der Halbinsel Eiderstedt ist der Wasserdruck ein Problem
Auch der Wasserverband Eiderstedt in Garding (Kreis Nordfriesland) hat bereits Pläne, wie die Trinkwasserversorgung in den nächsten Jahren sichergestellt werden kann. Das Wasser soll vom Wasserwerk in Rantrum durch sehr lange Leitungen linienförmig nach St.Peter-Ording transportiert werden. Der Wasserdruck sei aber immer wieder ein Problem, weil der Weg so weit ist.
"Wir haben gerade Druckmessungen gemacht. Die werden jetzt ausgewertet und dann entscheiden wir, was wir da machen können", sagt Verbandsingenieur Timo Stahl. Wenn es aber weiterhin so trocken bleibe, könne man auch auf Eiderstedt wieder an seine Kapazitätsgrenze kommen. Ähnlich wie sein Kollege aus Wittbek hat Stahl das Jahr 2018 vor Augen, als nach einer langen Trockenphase Hausbesitzer ihre Gärten nicht mehr sprengen, Autofahrer ihre Wagen nicht waschen und Landwirte ihre Felder nicht mehr bewässern durften.
An vielen Stellen stoßen die Experten nur auf Salzwasser
Damit das möglichst nicht wieder passiert, will der Wasserverband weitere Maßnahmen auf den Weg bringen. Tim Stahl: "Wir haben Geologen beauftragt, neue Grundwasser-Vorkommen bei uns in der Region zu suchen. Aber bei ersten Probebohrungen in Garding haben sie nur salzhaltiges Grundwasser entdeckt." Und das müsste dann möglichst vor Ort entsalzt werden. Eine derartige Entsalzungsanlage kostet aber laut Stahl viel Geld. Nun prüft der Verband, ob er weitere Bohrungen in Auftrag gibt - in der Hoffnung, Süßwasser-Vorkommen zu entdecken. Denn die könnten gefördert werden und müssten nicht entsalzt werden.
Das Landesamt (LLUR) sieht aktuell noch keine Probleme
In den nächsten Monaten wird es laut dem Landesamt für Ländliche Räume und Umwelt (LLUR) noch keine Probleme beim Grundwasser geben. Sprecher Martin Schmidt sagt: "Die mittleren Grundwasserstände waren im März 2022 nicht außergewöhnlich, sie lagen weder deutlich über noch deutlich unter dem langjährigen Monatsmittel für den März." Schwankungen im Jahresverlauf seien völlig normal. Er erwarte auch nach der Trockenphase im April für das gesamte Frühjahr keine besonders niedrigen Grundwasserstände, so Schmidt.
Die Grundwasserstände in den einzelnen Regionen würden niederschlags- und klimabedingten Schwankungen unterliegen, das sei in Schleswig-Holstein seit den 1970er-Jahren immer wieder der Fall, vor allem im Südosten und im Norden, so der LLUR-Sprecher. Dass sich die Wasserverbände - zum Beispiel im Norden Schleswig-Holsteins - daher bereits jetzt Gedanken machen, wie sie künftig den hohen Bedarf auch in trockenen Zeiten sicherstellen können, ist aus Sicht der Landesbehörde "nur zu begrüßen".
