Die Aufschrift "Landgericht Lübeck" hinter Maschendrahtzaun. © dpa-Bildfunk Foto: Markus Scholz/dpa

Tödliche Schüsse in Lübecker Villa: BGH hebt Urteil auf

Stand: 01.06.2022 12:19 Uhr

Über die tödlichen Schüsse in einer Villa Ende 2020 muss das Lübecker Landgericht neu verhandeln. Der Bundesgerichtshofs in Leipzig hat das Urteil aufgehoben. Der Hausbesitzer war im November zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden.

Es war ein Fall, der bundesweit Aufsehen erregte: Zwei Männer waren kurz vor Silvester in ein scheinbar leer stehendes Haus am Lübecker Stadtpark eingedrungen. Der Hausbesitzer schoss auf die Einbrecher und traf einen von ihnen mit drei Projektilen in den Rücken. Der Mann starb später im Krankenhaus. Im November 2021 verurteilte das Landgericht Lübeck den damals 58-jährigen Hausbesitzer wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.

Angeklagter legte Revision ein

Dieses Urteil wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig jetzt aufgehoben, nachdem der Angeklagte Revision eingelegt hatte. Der BGH beanstandete die Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten. Die Verteidiger hatten im Prozess die schwere Alkoholabhängigkeit des Mannes angeführt, die zu einer Wesensveränderung und einer krankhaften seelischen Störung geführt habe. Dieser Argumentation war das Landgericht nicht gefolgt und von uneingeschränkter Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit ausgegangen. Die Tat sei demnach nicht als Notwehr einzustufen gewesen.

Rechtsfehler: Schuldfähigkeit nicht ausreichend geprüft

Der BGH sieht in diesem Prozess Rechtsfehler. Das Landgericht habe sich nicht ausreichend mit der Diagnose der Sachverständigen auseinandergesetzt. Zudem seien Auswirkungen eines zweitägigen Entzuges nicht berücksichtigt worden. Der Fall muss deshalb nun neu verhandelt werden.

Geständnis bereits im ersten Prozess

Der Angeklagte hatte im vergangenen Jahr vor Gericht gestanden, auf den flüchtenden Eindringling und seinen Begleiter geschossen zu haben. Er habe die mutmaßlichen Einbrecher jedoch nur in die Flucht schlagen wollen, erklärte der Mann über seinen Verteidiger. Dieser hatte daher eine Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung beantragt. Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten in ihren Plädoyers dagegen eine Haftstrafe von neun Jahren und drei Monaten wegen Totschlags gefordert.

Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen pensionierten Berufssoldat der Bundeswehr, der laut Gericht zum Zeitpunkt der Tat zurückgezogen in der mit Müll und Unrat vollgestellten Villa lebte. Dort bewahrte in der aktive Sportschütze auch Schusswaffen und Munition auf.

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NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 01.06.2022 | 13:00 Uhr

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