Neumünster: Innenstadt wird zum "gefährlichen Ort"

Stand: 12.10.2022 16:58 Uhr

Nachdem es zuletzt immer wieder zu Straftaten kam, hat die Polizei weite Teile der Innenstadt als "gefährlichen Ort" eingestuft. Künftig können die Beamten dort ohne Verdacht Passanten kontrollieren.

In den vergangen Wochen hat es in der Innenstadt von Neumünster vermehrt Taschendiebstähle, Raubüberfälle und Bedrohungen gegeben. Seit September zählten die Beamten mehr als 100 solcher Fälle, Opfer waren den Angaben zu Folge häufig ältere Menschen. Als Reaktion darauf wurden weite Teile der Innenstadt nun zu einem sogenannten "gefährlichen Ort" erklärt.

Mehr Streifen, häufigere Kontrollen

Das bedeutet vor allem mehr Befugnisse für die Polizei: "Man darf dann ohne einen Anfangsverdacht einer Straftat oder einer konkreten Gefahrenlage dort Personen kontrollieren. Man darf die Personalien feststellen, man darf auch Taschen und Rucksäcke durchsuchen", erklärt Polizeisprecher Sönke Petersen. Das soll unter anderem eine abschreckende Wirkung haben. Zusätzlich will die Polizei in der Innenstadt künftig öfter Streife fahren.

Einzelhandel begrüßt die Maßnahmen

Beim Einzelhandel in Neumünster stoßen die angekündigten verstärkten Kontrollen auf ein positives Echo. Der Center-Manager der Holsten-Galerie, Christian Langsdorff, berichtet, dass es zuvor bereits Beschwerden von Kundinnen und Kunden gegeben hatte. "Wir haben auch durch Kundenbefragungen und in Zusammenarbeit mit anderen Gremien der Innenstadt festgestellt, dass das auch immer ein Punkt war, der kritisiert wurde, dass Besucher bemängelt haben, sich nicht mehr sicher zu fühlen", sagte er NDR Schleswig-Holstein. Er begrüßt deshalb die neuen Maßnahmen, "denn wir wollen natürlich auch viele Kunden in die Innenstadt und auch in die Holsten-Galerie ziehen."

Gebiet wird ausgeweitet

Ende August hatte die Polizei in Neumünster bereits die Anlage Rencks Park zu einem "gefährlichen Ort" erklärt, nachdem es dort viele Straftaten gegeben hatte. Seitdem ist es laut Petersen dort deutlich ruhiger geworden. Es seien Täter ermittelt worden, die jetzt in Haft säßen, sagte Polizeihauptkommissar Michael Heinrich NDR Schleswig-Holstein. Andere hätten jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt werden müssen, weil es sich entweder um Jugendliche handelt oder die Straftat nur als geringfügig eingestuft worden sei.

Nun wird das Kontrollgebiet stark erweitert. Berichten des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages zu Folge erstreckt sich der als "gefährlicher Ort" eingestufte Bereich jetzt vom Gänsemarkt bis zum Rathaus sowie vom Kleinflecken bis zur Marienstraße. Zusätzlich ist laut Medienberichten eine Videoüberwachung des Gebietes geplant.

Die Polizei allein könne das Problem aber nicht lösen, sagte Hauptkommissar Heinrich. "Da ist die Stadt in der Pflicht, vielleicht könnte man auch noch den Allgemeinen Sozialen Dienst dazunehmen, sodass wir die Lösung auf mehreren Schultern verteilen können."

15 "gefährliche Orte" in Schleswig-Holstein

Laut Landespolizei gibt es in Schleswig-Holstein aktuell etwa 15 Bereiche, die von der Polizei dauerhaft oder temporär zu so genannten "gefährlichen Orten" erklärt wurden. Dazu gehören beispielsweise der Bahnhofsvorplatz in Kiel, der Strand von Möltenort oder Bereiche der Flensburger Innenstadt. In Heikendorf im Kreis Plön oder am Einfelder See galten solche Regelung unter anderem zu Himmelfahrt, weil es dort in den Vorjahren Schlägereien und Alkoholexzesse gegeben hatte. Auch dort machte die Polizei die Erfahrung, dass es durch die verstärkten Kontrollen merklich ruhiger wurde. In Eckernförde wurden im Mai ebenfalls Teile der Innenstadt zum "gefährlichen Ort" erklärt, weil es unter anderem in der Nähe eines Supermarktes vermehrt zu Straftaten gekommen war.

Weitere Informationen
Ein Blick auf die Innenstadt von Neumünster. © NDR
1 Min

Neumünster: Innenstadt zum Gefährlichen Ort erklärt

Die Polizei hat Teile der Innenstadt zum "gefährlichen Ort" erklärt. Bislang galt nur Rencks Park als gefährlich. 1 Min

Große Aufmerksamkeit hatte zuletzt unter anderem der Südermarkt in Heide auf sich gezogen, der zum "gefährlichen Ort" erklärt worden war, nachdem es monatelang immer wieder zu Straf- und Gewalttaten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen gekommen war. Im Mai starb ein 20-Jähriger nach einer Schlägerei. Durch tägliche Kontrollen sei die Zahl der Straftaten deutlich zurückgegangen, sagte Heides Polizeichef Ulrich Kropp. Mitte August wurde die Einstufung dann wieder aufgehoben.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 12.10.2022 | 17:00 Uhr

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Eine junge Frau steht vor einem "schwarzen" Brett und betrachtet dort aufgehangene Flyer © picture alliance / photothek Foto: U. Grabowsky

So viel kosten WG-Zimmer für Studierende in SH

In knapp zwei Wochen beginnt an den Unis in Schleswig-Holstein das Wintersemester. In Lübeck zahlen Studierende am meisten für ein Zimmer. mehr

Videos