Ein Traktor düngt ein Feld mit Gülle © colourbox Foto: Alfred Hofer
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AUDIO: Neue Studie zu Landwirtschaft und Nachhaltigkeit (1 Min)

Neue Studie will nachhaltige Landwirtschaft untersuchen und bewerten

Stand: 08.10.2022 16:53 Uhr

Der Verein "Land schafft Verbindung" hat eine Studie zum Thema Nachhaltigkeit und Landwirtschaft vorgestellt. Ein privates Institut entwickelte außerdem einen Kriterienkatalog, mit dem Nachhaltigkeit auf landwirtschaftlichen Betrieben untersucht werden kann. Langfristiges Ziel ist eine bundesweit einheitliche Bewertungsgrundlage.

von Carsten Rauterberg

Weniger Pflanzenschutzmittel benutzen, Biodiversität fördern - für Landwirtinnen und Landwirte gibt es viele Auflagen, auch in der EU-Nachhaltigkeitsstrategie. Gleichzeitig müssen sie wirtschaftlich arbeiten. Aber wie lässt sich eigentlich messen, wie nachhaltig ein landwirtschaftlicher Betrieb wirklich ist? "Im Moment gibt es kein System, dass Nachhaltigkeit auf einzelbetrieblicher Ebene abbildet", sagt Uta von Schmidt-Kühl, Vorsitzende des Vereins "Land schafft Verbindung" in Schleswig-Holstein. In dem Verein haben sich im Land 260 Mitarbeitende aus der Landwirtschaft zusammengeschlossen. Um eine Bewertungsgrundlage für Nachhaltigkeit auf diesem Gebiet zu bekommen, gab der Verein eine Studie beim Institut DINAK in Auftrag.

Auftrag für Institut DINAK

DINAK steht für Deutsches Institut für Nachhaltige Agrarkultur. Es ist nach eigenen Angaben ein privates unabhängiges Institut und eine Kooperation der IAK Agrar-Consulting in Leipzig, einem seit 40 Jahren existierenden landwirtschaftlichen Beratungsunternehmen und dem INL, einem privaten Institut für Nachhaltige Landbewirtschaftung in Halle.

Laut dem Professor des Instituts für Agar-Ökonomie der Kieler Christian-Albrechts-Universität, Uwe Latacz-Lohmann, handelt es sich bei beiden Instituten um solide und seriöse Unternehmen, die sich in der Expertise gegenseitig ergänzen und im Institut DINAK zusammengeschlossen haben. Das DINAK hat sowohl private als auch öffentlich-rechtliche Auftraggeber - unter anderem die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt und das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.

Ganzheitliche Analyse - mit 100 Indikatoren

Anhand von 100 einzelnen Indikatoren haben die Experten des privaten Instituts die landwirtschaftliche Nachhaltigkeit untersucht, und zwar in den vier Bereichen Ökologie, Ökonomie, Soziales und Tierwohl. Einzelne Indikatoren sind unter anderem Humusbilanz, Methangas-Ausstoß im Stall, Dünger-Einsatz, Tierwohl, Energie-Verbrauch. Um zum Beispiel herauszufinden, wie viel Methangas-Ausstoß (Emissionen) im Stall es durch die Viehhaltung und durch die Düngerlagerung gibt, nehmen Experten Proben. Beim Tierwohl werden die Punkte Haltungsumwelt (wie viel Platz grundsätzlich im Stall, wie viel Liegefläche für Tier, wie viele Fressplätze im Stall), Tiergesundheit und Tierverhalten (wird durch persönliche Anschauung der Experten bewertet) untersucht.

Ein Schwein schaut direkt in die Kamera. © Atreyu1980 / photocase.de Foto: Atreyu1980
Ein privates Institut entwickelte einen Kriterienkatalog, mit dem Nachhaltigkeit auf landwirtschaftlichen Betrieben untersucht werden kann.

In Schleswig-Holstein wurde die Studie auf drei Referenz-Betrieben durchgeführt: einem Ackerbaubetrieb, einem Milchviehbetrieb und einem Gemischtbetrieb. Dann haben die DINAK-Mitarbeiter Informationen basierend auf den Betriebsdaten zusammengetragen, zum Beispiel Humusbilanz, Dünger, Pflanzenschutz und Tierwohl. "Ziel sind dann einzelne Angaben, die eine Umweltgefährdung ausschließen, beziehungsweise diese auf ein Mindestmaß reduzieren und dabei ökonomisch und auch sozial tragbar sind. Das ist dann eine gesamtheitliche Betrachtung zur Nachhaltigkeit auf einem Hof", beschreibt die Landesvorsitzende von "Land schafft Verbindung", Uta von Schmidt-Kühl, das weitere Vorgehen.

Gründliche Untersuchung vor Ort - unter anderem in Horst

Die DINAK-Mitarbeiter haben bislang bundesweit 400 Betriebe untersucht, in Schleswig-Holstein bislang aber nur die drei Referenzbetriebe, die Land schafft Verbindung vorgeschlagen hat. Alle drei Hofbesitzer sind dort Mitglieder. Einer von ihnen ist der Milchviehbetrieb von Stefan Wendland in Horst im Kreis Steinburg. Der 41-Jährige bewirtschaftet 150 Hektar Fläche, davon sind 100 Hektar Grünland. Und er hat 240 Kühe. Die Experten vom DINAK wollten von dem Landwirt erst mal viele Daten von seinem Betrieb per Mail haben, dann waren die Mitarbeiter einen ganzen Tag auf seinem Hof. "Die gucken sich im Grunde genommen jedes Tier an, die machen Stall-Skizzen, die messen die Ställe aus, ob da genug Platz drin ist. Da wird mit einem Eimer an eine Tränke gegangen und mit der Stoppuhr gemessen, ob da genug Wasser rauskommt. Die haben da schon sehr umfangreiche Kriterien", erzählt Stefan Wendland.

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Forderungen an die Politik

"Land schafft Verbindung" fordert nun eine gesamtheitliche und einzelbetriebliche Nachhaltigkeitsbewertung. Zudem sollte diese flächendeckende und bundesweite Bewertung durch Förderprogramme unterstützt werden, jeder Betrieb solle diese Mittel dann in dem Bereich einsetzen, in dem er die größte Wirkung erzielen kann, so die Vorstandssprecherin. Außerdem solle das Bewertungssystem für alle Waren angewandt werden, die auf dem europäischen Binnenmarkt gehandelt werden.

Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger

Der Vorstand von "Land schafft Verbindung" in Schleswig-Holstein will seine Pläne nun zunächst dem Agrarausschuss des Landtages vorstellen. Die wichtigste Entscheidung müsse dann aber aus Berlin kommen, fordert die LsV-Vorsitzende Uta von Schmidt-Kühl. "Langfristig brauchen wir ein bundesweit einheitliches Zertifikat für Nachhaltigkeit, und das muss vom Bundeslandwirtschaftsministerium kommen." Für die Landwirte wird das Thema Nachhaltigkeit laut Schmidt-von Kühl immer präsenter. "Wir gehen davon aus, dass das Thema Nachhaltigkeit künftig bei der Versicherung oder bei der Bank immer wichtiger wird, wenn die Landwirte bessere Konditionen haben möchten oder die Kredit-Vergabe an Nachhaltigkeits-Kriterien gekoppelt wird."

Schwarz will Kompetenz-Zentrum gründen

Der neue Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) kennt die Studie von "Land schafft Verbindung" noch nicht. "Die Auflagen, die jetzt in Sachen Nachhaltigkeit für Landwirte kommen, sind schwierig zu erfüllen. Aber sie sind nicht unmöglich", sagt Schwarz zum Thema Nachhaltigkeit. Alle weiteren Fragen - auch nach einer möglichen weiteren Finanzierung von Untersuchungen auf den Höfen durch das Land - könne er erst nach genauer Durchsicht der Studie beantworten.

Schwarz will das Thema nun angehen und die Landwirte beim Thema Nachhaltigkeit unterstützen. "Wir werden uns auf jeden Fall die Vorgaben, die LsV jetzt hat erarbeiten lassen, mal ansehen, ob das ein Weg ist. Dann werden wir daran arbeiten", meint der Landwirtschaftsminister und fügt an: "Wir haben aber darüber hinaus vor, ein Klima-Kompetenz-Zentrum zu gründen, und damit dann den Landwirten Möglichkeiten an die Hand zu geben, ihre Betriebe zu bewirtschaften."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 04.10.2022 | 17:00 Uhr

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Landwirtschaft

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