Auf einem Tisch liegen zahlreiche Baupläne.

"Giga-Factory" bei Heide: Viel Arbeit für Behörden

Stand: 10.06.2022 08:20 Uhr

Ende 2025 will das schwedische Unternehmen Northvolt "grüne Batterien" in der Nähe von Heide produzieren. Gemeinden und Behörden in der Region stehen vor einer Mammutaufgabe. Eine endgültige Entscheidung soll im Sommer fallen.

von Oliver Kring

In der vergangenen Woche hat sich die Gemeinde Norderwöhrden laut Bürgermeister Kay Uwe Evers für die Ausweisung eines Industriegebiets entschieden. Am Donnerstag stand das Thema auf der Tagesordnung der Nachbargemeinde Lohe-Rickelshof. Auch hier wurde in der Gemeindevertretersitzung der Weg für ein Industriegebiet frei gemacht. Auf dem 150 Hektar großen Gebiet beider Gemeinden in der Nachbarschaft von Heide plant Northvolt aus Schweden, eine riesige Batteriefabrik zu bauen.

Behörden im Dauereinsatz

In den Verwaltungen und Behörden laufen die Planungen und Vorarbeiten auf Hochtouren. Das gilt für die beiden Gemeinden und auch für das Amt Heider Umland. "Das stellt uns vor Herausforderungen - ganz klar! Gerade aus unserem Bauamt heraus. Wir müssen uns personell verstärken. Dafür sind wir in Gesprächen mit dem Land Schleswig-Holstein", sagt Björn Jörgensen, Leiter des Amtes Heider Umland. Viele Gutachten seien zu prüfen - es geht um Flora und Fauna, den Verkehr, die Kampfmittelräumung oder die Bodenbelastung. Da hat Northvolt allerdings schon viel Vorarbeit geleistet - die Gutachten seien bereits in Auftrag gegeben worden.

Viele Aufgaben laufen jetzt parallel

Nach den Beschlüssen für ein Industriegebiet ist die bürokratische Arbeit noch lange nicht getan. Nun müssen weitere Aufgaben abgearbeitet werden: die ergänzende Flächennutzungsplanung, neue Bebauungspläne, Genehmigungen der Pläne, Beteiligungen der Bürger und der Träger öffentlicher Belange, des Natur- und Umweltschutzes.

Sehr viele Details zu klären

Nach Angaben von Nicolas Steinbacher, dem Projektverantwortlichen bei Northvolt in Deutschland, gibt es eine weitere lange Liste an Themen, die abgearbeitet werden muss, auch jenseits der Behörden. Am Anfang stehe die Erschließung des Geländes und die Sicherung der Flächen. "Das ist noch nicht ganz abgeschlossen. Die Gespräche laufen weiter", so Steinbacher.

Noch nicht alle Flächen gesichert

Mit Windstrom und eigenem Recyclingkreislauf sollen bei Northvolt die nachhaltigsten Batterien der Welt produziert werden, heißt es in einer Absichtserklärung. Sie sollen vor allem für Elektroautos hergestellt werden. Damit das auch so kommt, erwerben die Gemeinden nun die letzten Grundstücke, sagt Sönke Behrmann, der Bürgermeister von Lohe-Rickelshof:  "Mitten im Gelände haben wir gerade eines der Häuser erworben. Bei einem weiteren Haus nebenan habe ich persönlich mit der Familie gesprochen, und da werden wir nach Lösungen suchen müssen."

Infrastruktur wichtige Bedingung

Besonders wichtig ist nach Angaben des Deutschlandchefs von Northvolt auch eine Bahnanbindung – um sowohl die schweren Batterien zu transportieren, als auch einen Teil der etwa 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Werk nach Heide und zurück nach Hause zu bringen. Die Marschbahn solle dazu schnellere Verbindungen von und nach Hamburg anbieten.

Offshore-Strom in "grünen Batterien"

Nächste Voraussetzung für den Standort Heide: Es muss gesichert sein, dass Offshore-Wind angelandet und verarbeitet werden kann. Dazu sind nach den Worten Steinbachers entsprechende Konverter- und Transformator-Stationen nötig sowie die Infrastruktur um den Standort herum. Angefangen von der Versorgung mit Wasser, Energie, Schienen und Straßen bis zu Kita-Plätzen und Schulen, Aus- und Fortbildungsstätten sowie entsprechender Wohnraum.

3.000 Fachkräfte - aber wie und woher?

Besonderen Fokus hat laut Northvolt das Thema Arbeitskräfte: Die Batterieherstellung ist nach den Worten Steinbachers noch kein großer Industriezweig in Deutschland. Daher seien Qualifizierungsmöglichkeiten in der Umgebung notwendig. Es liefen Gespräche mit dem Berufsbildungszentrum Heide, der Fachhochschule Westküste sowie dem Fraunhoferinstitut in Itzehoe, um Fachkräfte auszubilden, zu trainieren, zu qualifizieren oder umzuschulen.

Kühlwasser in riesigen Mengen

Und auch das Thema Wasser ist bei Northvolt besonders wichtig, da bei der Batterie-Produktion hohe Energiemengen zum Einsatz kämen. Hier müssten Prozesse heruntergekühlt werden. Dazu sei viel Wasser erforderlich. Das Unternehmen befindet sich laut Steinbacher im engen Austausch mit den Ver- und Entsorgern. Ziel sei e,s auch im Sinne der Nachhaltigkeitsgrundsätze bei Northvolt, Kühlwasser nach der Nutzung aufzubereiten und wiederzuverwerten.

Entscheidung im Spätsommer

Diese ganzen Punkte müssen rasch geklärt werden. Es bleiben wenige Monate. Am 20. Juni werden die Pläne im Amt Heider Umland in Heide erstmals komplett öffentlich ausgelegt. Ob sie in Dithmarschen tatsächlich Batterien produzieren werden, ist aber noch offen. Im Sommer oder Spätsommer will das Unternehmen seine Entscheidung hinsichtlich des Standorts bei Heide treffen, so der Deutschland-Chef.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 09.06.2022 | 19:30 Uhr

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