Ein Heizungsthermostat steht auf Stufe 3. © picture alliance / Zoonar | stockfotos-mg

Gaspreise: Vermieter wollen Heizung nicht drosseln

Stand: 27.07.2022 20:41 Uhr

Die Raumtemperatur wollen die meisten Wohnungsunternehmen nicht senken. Stattdessen setzen sie auf Eigenverantwortung. Wer finanzielle Unterstützung benötigt, sollte sie frühzeitig beantragen.

Schon jetzt ist klar: Die Heizperiode im Herbst und Winter wird teuer und es muss Energie gespart werden. "Wir werden uns vielleicht daran gewöhnen müssen, dass wir im Winter auch in der Wohnung mal einen Pulli tragen und nicht wie bisher vielleicht viele im T-Shirt rumlaufen", sagt Andreas Breitner, Vorsitzender vom Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen. Panik sei aber nicht angebracht, Energiesparen habe auch Grenzen. So könne sich in ungeheizten Räumen Schimmel bilden.

Wohnungsunternehmen: Heizung soll nicht gedrosselt werden

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Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1 und der Übernahmestation der Ferngasleitung OPAL (Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung) sind vor Sonnenaufgang zu sehen. © dpa Foto: Jens Büttner

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Angst, dass die Vermieter die Raumtemperaturen dauerhaft senken, braucht jedoch niemand haben. Viele Wohnungsunternehmen im Land wollen laut einer Umfrage von NDR Schleswig-Holstein die Heizung gar nicht drosseln. Vonovia hat zwar angekündigt, in der Nacht die Raumtemperatur auf 17 Grad abzusenken. Bei anderen Vermietern ist das technisch gar nicht möglich. So werden zum Beispiel die 7.000 Wohnungen vom Selbsthilfe Bauverein Flensburg mit Fernwärme versorgt - und für die Temperatur sind die Stadtwerke verantwortlich.

Auch der Lübecker Bauverein kann die Heizungen nicht selbst drosseln. Die Grundstücksgesellschaft Trave in Lübeck plant ebenfalls nicht, tagsüber die Temperatur in den Wohnungen abzusenken. Geschäftsführer Sebastian Weist, sprach sich gegen Alleingänge einzelner Vermieter aus und sagte, wenn überhaupt, müsse es eine einheitliche Regelung geben. Er hofft jedoch, dass es nicht dazu kommt.

Vermieter wollen Kunden zum Sparen auffordern

Stattdessen wollen viele Vermieter ihre Kunden in Briefen zum Heizkostensparen aufrufen. Christine Koretzky, Vorständin des Lübecker Bauvereins glaubt, dass viele Mieter ohnehin von sich aus bewusster mit der Heizwärme umgehen. Am Ende müssten alle Seiten ein Anteil leisten - sowohl die Bewohner, als auch Vermieter und die Politik - sagt Ann Sophie Mainitz, Geschäftsführerin des Mietervereins in Kiel: "Das ist für uns eben wichtig, dass die ganzen Kosten nicht nur bei Mieterinnen und Mietern landen und gleichzeitig immer noch gewährleistet kann, dass man eine warme Wohnung hat."

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Viele der Beteiligten weisen außerdem daraufhin, dass es rechtlich schwierig sein könnte, wenn Vermieter von sich aus die Raumtemperatur in den Wohnungen zu senken. Zwar gibt es keine festen gesetzlichen Vorgaben, wie warm es in einer Wohnung sein muss. In Gerichtsurteilen, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, ist die Rede davon, dass es nicht kälter als 18 Grad sein darf, im Badezimmer sollte man sogar auf 22 Grad kommen.

Momentan ist noch unklar, ob die Bundesregierung in diesem Zusammenhang gesetzliche Anpassungen vornehmen will. Das Wohnungsunternehmen LEG mit Wohnungen beispielsweise in Kiel, Bad Oldesloe und Itzehoe sagt zum Beispiel, dass sie sich bei der Politik dafür stark machen wollen, dass die Temperatur abgesenkt werden darf.

Sozialdezernat Kiel: Frühzeitig Unterstützung holen

Um sich auf die Heizkostenabrechnung vorzubereiten, rät die Stadt Kiel, schon jetzt die Abschläge zu erhöhen. Wer sich das nicht leisten kann, sollte sich frühzeitig Hilfe holen, meint der Sozialdezernat Gerwin Stöcken. Entsprechende Anträge können beim Jobcenter oder bei der Wohngeldstelle gestellt werden. Stöcken appelliert vor allem an ältere Menschen, denen es oft sehr unangenehm ist, einen solchen Antrag zu stellen: "Seien sie großzügig zu sich selbst, kommen sie nicht in diese Not. Sorgen sie dafür, dass sie das Geld dann bekommen, wenn sie es brauchen", so Stöcken.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 27.07.2022 | 16:00 Uhr

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