Ein Mülllaster entlädt Biomüll in einer Halle auf einen Haufen. © NDR

Energie aus Biomüll: Vergärungsanlage in Trittau erzeugt Strom

Stand: 12.07.2022 05:00 Uhr

Essensreste, Bananenschalen, altes Brot: Wir produzieren alle täglich Biomüll. Bestenfalls landen diese Abfälle sortiert in der Biotonne, denn dann können sie Strom erzeugen - so wie in der Vergärungsanlage in Trittau.

von Elin Halvorsen

Die Anlage produziert Strom, mit dem sie jährlich 2.300 Haushalte versorgen kann, aber es könnte noch viel mehr sein, sagt der Betriebsleiter des Abfall-Wirtschaftszentrums (AWT), Axel Herrfurth. "Es landen noch immer rund 40 Prozent der geeigneten Bioabfälle einfach in der Restmülltonne." Meistens sind es genau diese Abfälle, die die besten Energielieferanten sind: Essensreste und Küchenabfälle. Im Restmüll können die wertvollen organischen Stoffe nicht mehr genutzt werden, sie werden einfach nur verbrannt. "Es ist zu aufwendig und zu teuer, den Biomüll aus der Restmülltonne zu sortieren, das lohnt sich nicht", erklärt der Betriebsleiter.

Findlinge, Plastiktüten und tadellose Äpfel

Plakat zur Abfalltrennung der Abfallwirtschaft Südholstein © Abfallwirtschaft Südholstein
Was gehört in welchen Müll? Das Plakat der Abfallwirtschaft Südholstein gibt Aufschluss.

Sortiert wird in der Anlage trotzdem den ganzen Tag. Der Biomüll kommt aus den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg. Was die Müllwagen der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) abwerfen, lädt ein kleiner Bagger gegenüber in die Sortiermaschine. Hier werden die zu großen und nicht verwertbaren Stoffe aussortiert. Dabei fallen auch schon mal kleine Findlinge vom Sieb. "Auch wenn es aus dem Garten kommt: Steine sind kein Biomüll. Die können wir hier nicht weiter verwerten, genauso wenig wie die Leute die auf dem Kompost im Garten sie gebrauchen könnten", sagt Axel Herrfurth.

Das größte Problem sei aber der Anteil an Plastiktüten. Wer seinen Biomüll unbedingt in einer Plastiktüte sammeln möchte, sollte diese nicht mit in die braune Tonne werfen. Auch sogenannte kompostierbare Plastiktüten, auch Bioplastik genannt, seien nicht zu empfehlen. Die Bioplastiktüten bräuchten viel zu lange, bis sie sich zersetzen und stören die Anlage.

Erschreckend sei auch der Anblick an noch tadellosem Obst und Gemüse: Äpfel, Kohlrabi und Kartoffeln fallen vom Band. Der Betriebsleiter hat aufgehört sich zu fragen, warum Menschen einwandfreie Lebensmittel wegwerfen. "Es geht nicht nur darum, klimaneutral Energie herzustellen, sondern natürlich auch, sich im Vorfeld schon Gedanken zu machen, wo Energie eingespart werden kann." Das beginne daher schon beim Einkauf. Für die Vergärungsanlage sind die Äpfel und Kartoffeln im Ganzen noch zu groß. Sie müssen erneut kompostiert werden, bevor sie weiterverarbeitet werden können.

Biomüll rechnet sich für alle

Wer keinen eigenen Kompost zu Hause hat, kann laut AWSH mit der Biomülltonne sogar etwas Geld sparen - vorausgesetzt, es wird richtig getrennt. Denn wenn weniger im Restmüll landet, kann die Tonne kleiner sein - und gleichzeitig kommt mehr in die günstigere Biomülltonne. Etwa 115.000 Biomülltonnen gibt es in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg. Torsten Höppner, Leiter der AWSH, sagt, so lasse sich nicht nur ein bisschen Geld sparen, sondern gleichzeitig aktiv etwas für den Klimaschutz tun, denn die Energiewende beginne schon zu Hause. Also Küchenabfälle, Kaffeesatz, Rasenschnitt: alles in die Biotonne.

Infoplakat zu Bioabfall der Abfallwirtschaft Südholstein © Abfallwirtschaft Südholstein
Bio- oder Restmüll: Was gehört wo in die Tonne?

Wurzelstöcke und Äste mit einem Durchmesser über zehn Zentimeter gehören auf den Recyclinghof. Plastik, Taschentücher und Katzenstreu gehören in den Restmüll. Die AWSH gibt auf ihren Recyclinghöfen zudem Papiertüten für den Biomüll aus, damit zunehmend weniger Plastiktüten im Biomüll landen. "Die konsequente Trennung im Haushalt hilft uns in der Anlage beim Recycling doppelt, denn wir erzeugen nicht nur Strom damit, sondern es entstehen am Ende auch noch 30.000 Tonnen Kompost, den die Landwirtschaft wieder für die Felder nutzen kann und wo auf chemischen Dünger verzichtet werden kann", ergänzt Betriebsleiter Axel Herrfurth.

Um aus dem Frischekompost die Plastikteile zu entfernen, wird der Kompost noch zwei Mal gesiebt. Ob oder wie viel Mikroplastik wieder auf die Felder kommt, weiß Axel Herrfurth nicht. Dazu gebe es keine Studien oder Informationen. Der beste Weg sei einfach die ganz klare Mülltrennung im Vorfeld, damit kein Plastik zurück aufs Feld gelangt

Wachstum bedeutet auch immer mehr Müll

Ursprünglich war die Anlage der AWT in Trittau (Kreis Stormarn) eine reine Kompostanlage. Deswegen ist ihre Kapazität begrenzt, viel mehr Biomüll kann sie bald nicht mehr verwerten. Überlegungen für eine zweite Anlage in dieser Art seien im Gespräch. "Wir erzeugen hier mit der Vergärungsanlage Biogas. Das nutzen wir dann, um mit gasbetriebenen Elektromotoren Strom zu erzeugen", sagt Axel Herrfurth. Möglich wäre es daher auch, direkt das Biogas ins öffentliche Netz einzuspeisen, wenn das beim Bau der neuen Anlage eingeplant wird.

Diese Möglichkeit gibt es in Trittau nicht. Ans Gasnetz ist sie nicht angeschlossen, ein Nachrüsten wäre laut AWT viel zu teuer. Gerade in diesen Zeiten, wo Gas knapp werden könnte, wäre es aber sinnvoll, darüber nachzudenken. Die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg wachsen, der Müll wird dadurch auch mehr. Wird der aber richtig getrennt, kann er einen Beitrag zur Energiewende leisten - direkt vor der eigenen Haustür.

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Ein Haufen Biomüll mit Plastiktüten dazwischen. © NDR

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 12.07.2022 | 19:30 Uhr

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