Energie: Entlastungs-Lücke geschlossen - Skepsis bleibt

Stand: 22.11.2022 16:56 Uhr

Wie aus einem Gesetzentwurf auf Bundesebene hervorgeht, soll die Gaspreisbremse rückwirkend ab Januar gelten und nicht erst ab März. In Schleswig-Holstein sind die Reaktionen gemischt.

von Constantin Gill

"Ich warte ja erstmal ab, ob es klappt", sagt ein skeptischer Lars Harms, nachdem die Eilmeldung über die Pläne des Bundes über die Ticker gelaufen ist. Ein Gesetzesentwurf im Bund sieht vor, private Haushalte und kleinere Unternehmen schon ab Januar zu entlasten. Die sogenannte Gaspreisbremse soll damit schon zwei Monate früher greifen, als bisher vorgesehen.

Der SSW-Fraktionschef meint: Dass es überhaupt so lange gedauert habe, bis der Staat Entlastungen auf den Weg bringe, sei eine "Schweinerei." Harms fragt sich außerdem, was mit den Menschen ist, die mit Öl oder Holzpellets heizen. Deren Kosten seien auch durch die Decke gestiegen: "Davon hören wir nichts, die Leute werden links liegen gelassen."

Fehlt der Anreiz zum Sparen?

Noch ist es nur ein Gesetzentwurf. Demzufolge soll der für den Monat März ermittelte Entlastungsbetrag auf die Monate Januar und Februar "gleichsam rückwirkend" erstreckt werden. Bei der Gaspreisbremse sollen Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen garantierten Gas-Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde bekommen. Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs soll der Vertragspreis gelten.

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Gaszähler © picture alliance / Laci Perenyi Foto: Laci Perenyi

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Einem Gesetzentwurf zufolge sollen private Haushalte und kleine Unternehmen im März rückwirkend Entlastungen für Januar und Februar bekommen. mehr

Petersdotter: "sehr zufrieden"

Einen Anreiz zum Sparen gibt es aus Sicht von Lasse Petersdotter also trotzdem noch. "Das, was ich bisher gehört habe, stellt mich sehr zufrieden", sagt der Grünen-Fraktionschef. "Wir schaffen es zum einen, auch im Januar zu Entlastungen zu kommen, und zum anderen einen direkten und guten Weg auch bei den Mieterinnen und Mietern - das ist mir besonders wichtig." Denn Vermieter müssen die geringeren Kosten "im Rahmen der Heizkostenabrechnung für die laufende Abrechnungsperiode an den Mieter weitergeben", zitiert der Spiegel aus dem Gesetzentwurf. Und zwar "unverzüglich."

Zustimmung für Entlastungen

Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Oliver Kumbartzky sagt: "Der Bund hat geliefert und sorgt für Sicherheit und Planbarkeit. Entlastungen für Private, aber auch für Gewerbe und Industrie, sind unbedingt notwendig." Auch CDU-Fraktionschef Tobias Koch begrüßt die Pläne. "Von Seiten der CDU-Landtagsfraktion hatten wir diese Forderung unmittelbar nach der letzten Mininsterpräsidentenkonferenz Anfang November gestellt, um die Menschen in diesem Winter zu entlasten."

Dass die Gaspreisbremse früher greifen soll, freut auch den Sozialverband VdK Nord. Geschäftsführer Ronald Manzke ist "erleichtert, dass unseren Forderungen jetzt nachgekommen wird." Gleichzeitig sieht Manzke aber auch offene Fragen: "Wie soll das rückwirkend technisch geregelt werden? Was müssen die Leute überbrücken?" Und wie Lars Harms von SSW fragt auch Manzke sich, was mit den Menschen ist, die mit Öl oder Pellets heizen: "Da muss noch was kommen, denn die Leute frieren ja jetzt schon."

Energiepreise als Standortfaktor

Beim Verband der Schleswig-Holsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft macht man sich einerseits Sorgen: Für die Stadtwerke im Land könnte es technisch knifflig werden, für Hunderttausende Kunden alles rückwirkend zu berechnen. Und das bis März 2023. Andererseits freut man sich beim Verband aber über die vorgezogene Entlastung: Denn die Stadtwerke hatten befürchtet, dass viele Kunden ihre Rechnung nicht mehr bezahlen können. Das soll durch die vorgezogene Gaspreisbremse verhindert werden.

SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller nennt die Pläne "die richtige Hilfe zum richtigen Zeitpunkt. Der Bund gibt den Bürgern Sicherheit im bevorstehenden Winter und sendet ein starkes Signal an die deutsche Industrie. Deutschland muss sich seine Wettbewerbsfähigkeit in internationalen Standortfragen erhalten, damit Unternehmen nicht abwandern und Arbeitsplätze erhalten bleiben."

Übergewinnsteuer sorgt für Kopfschmerzen

Finanzieren will die Bundesregierung ihre Pläne allerdings auch über eine Übergewinnsteuer - mit der Gewinne bei den Unternehmen abgeschöpft werden sollen, die besonders von den hohen Preisen an der Börse profitiert haben. Das betrifft auch Produzenten von Ökostrom.

CDU und Grüne in Schleswig-Holstein befürchten, dass dadurch Investitionen bei Windkraftunternehmen ausgebremst werden könnten. Außerdem gibt es Kritik daran, dass Gewinne rückwirkend abgeschöpft werden sollen. "Die Bundesregierung muss aufpassen, dass sie mit ihren Plänen zur Abschöpfung von Zufallsgewinnen bei der Stromerzeugung nicht direkt für neue Verunsicherung sorgt", sagt CDU-Fraktionschef Tobias Koch. "Als CDU-Fraktion teilen wir die Kritik von Energieminister Tobias Goldschmidt an den Ampel-Plänen."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 22.11.2022 | 15:00 Uhr

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