Abenteuer Schleswig-Holstein: Reiten an der Ostsee
Neukirchen in Ostholstein ist der perfekte Startpunkt für Ausritte an die Ostsee. Über unberührte Feldwege geht es zum Naturstrand. Wer dort reiten will, muss sich aber an Regeln halten.
Ein leises Wiehern, Hufklappern und der Geruch nach Ledersätteln: Als ich auf dem Islandpferdehof Pappelhof in Neukirchen ankomme, werden sofort Erinnerungen wach. Ich bin als Kind und Jugendliche viel geritten und war fast jeden Tag auf dem Reiterhof. Doch mit Studium und Job habe ich dieses Hobby immer mehr vernachlässigt und zuletzt kaum noch auf dem Pferd gesessen. Heute will ich versuchen, mir ein bisschen von dem alten Reiterhof-Gefühl zurückzuholen. Dafür bin ich mit Hof-Besitzerin Janna Schulz verabredet. Wenn alles gut läuft, werden wir am Nachmittag gemeinsam einen Ausritt an die Ostsee machen.
Erst beschnuppern, dann ausreiten
"Das ist Hekla. Sie wartet schon auf dich", sagt Janna zur Begrüßung und zeigt auf eine schwarze Stute im Paddock - dem Auslauf - direkt neben dem Sattelplatz. Ich soll sie erst mal für eine Stunde auf dem Reitplatz fertig machen. Denn nur wenn ich mit Hekla dort gut klarkomme, darf ich danach mit ihr ins Gelände reiten. So ein Probereiten macht Janna mit allen Reiterinnen und Reitern, die neu zu ihr kommen. "Im Gelände kann ich nicht mehr so einfach eingreifen wie auf dem Platz. Deswegen schaue ich mir immer vorab an, ob der Reiter auch wirklich so sicher ist, wie ich denke", erklärt Janna.
Islandpferde sind nicht groß, aber robust
Satteln und Trensen ist schon mal kein Problem für mich. Die Handgriffe haben sich über die Jahre eingebrannt. Als ich mit Hekla Richtung Reitplatz laufe, hoffe ich, dass das auch für meine Reitfähigkeiten gilt. Janna gibt mir die Anweisung erst mal im Schritt loszureiten und mich langsam mit Hekla vertraut zu machen. Islandpferde sind zwar nicht besonders groß, können mit ihrem robusten Körperbau aber auch Erwachsene gut tragen. Außerdem haben sie mehr Gänge als andere Pferde. Im sogenannten Tölt sitzt man als Reiter wie im Schaukelstuhl. Ich bin inzwischen einige Bahnfiguren im Schritt geritten. Das hat gut geklappt. Jetzt gibt mir Janna die Anweisung anzutölten. Auch das: kein Problem. Nach einer halben Stunde ist Janna zufrieden. Ich darf mit ihr an die Ostsee reiten. Eine kurze Mittagspause für Hekla und dann geht es los.
Reiter kommen sogar aus dem Ausland nach Ostholstein
Von Jannas Hof aus sind es rund zwei Kilometer bis zur Ostsee. Wir überqueren mit unseren Pferden die Dorfstraße und befinden uns schon nach wenigen Minuten mitten in der Natur. Janna und ihr Mann Christian sind vor zehn Jahren aus Lübeck nach Neukirchen gezogen, um ihren Reiterhof aufzubauen. "Die Nähe zur Ostsee ist natürlich toll. Aber überhaupt haben uns die unberührte Natur und diese unendliche Weite hier einfach überzeugt", sagt Janna, während wir in einen von blühenden Wiesen umgebenen Feldweg einbiegen.
Viele Reiter reisen für die guten Reitwege aus anderen Bundesländern oder sogar aus Dänemark und Österreich an, erzählt mir Janna. Schon nach einer Viertelstunde hier in der Natur kann ich das nachvollziehen. Ich fühle ich mich so entspannt wie lange nicht mehr. Außer dem regelmäßigen Hufklappern unserer Pferde höre ich nur Vogelzwitschern und das leise Rauschen der Ostsee, der wir uns jetzt im Tölt nähern.
Strenge Regeln für Ausritte am Strand
Am Strand angekommen, wechseln wir zurück in den Schritt, um Tiere und Menschen dort nicht zu erschrecken. Generell gilt: Wer in Schleswig-Holstein am Strand reiten will, sollte sich vorab genau informieren. Denn in den Sommermonaten ist das an den meisten Stränden im Land nicht erlaubt. Anders sieht es in den Monaten von Oktober bis April aus. Dann sind die Regeln oft lockerer. Auch Janna legt die meisten von ihr geführten Strandritte in diese Jahreszeit. Für den Naturstrand von Neukirchen hat sie allerdings eine Sondergenehmigung, mit der wir dort heute offiziell reiten dürfen.
Die Freiheit aus dem Pferderücken
Ich lasse meinen Blick über den weiten Ostseestrand schweifen und spüre, wie Hekla ihr Schritttempo immer mehr erhöht. Ihr gefällt die Kulisse offenbar genauso gut wie mir. "Dieses Gefühl von Freiheit zu haben, das ist wirklich das Allerschönste am Reiten", sagt Janna in die Stille hinein - und ich weiß ganz genau, was sie meint. Nach zwei Stunden auf dem Pferderücken habe ich mein Ziel für heute erreicht. Das alte Reiterhofgefühl ist zurück. Bevor wir in Richtung Hof umkehren, werfe ich noch einen letzten Blick auf die Ostsee. Ich nehme mir fest vor, hier in Zukunft wieder häufiger entlangzureiten.