100 Tage Schwarz-Grün in SH: Landesregierung zieht Bilanz
Seit 100 Tagen ist die Landesregierung in Schleswig-Holstein im Amt. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag hat Ministerpräsident Daniel Günther das bisherige Werk der schwarz-grünen Koalition bilanziert. Trotz widriger Umstände seien alle bisherigen Ziele umgesetzt worden. Aus der Opposition gibt es Kritik.
Mit früheren Regierungsstarts könne man den jetzigen nur schwer vergleichen, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf einer Pressekonferenz in Kiel am Dienstagnachmittag. In einer von "multiplen Krisen" geprägten Zeit habe es die schwarz-grüne Landesregierung besonders schwer gehabt - und dennoch alle bisherigen Ziele umsetzen können, so der Ministerpräsident. "Klimaneutralität vorantreiben, Planung beschleunigen, Fachkräfte gewinnen, Digitalisierungs-Tempo erhöhen" - in den ersten 100 Regierungstagen habe man sich darauf konzentriert, die Schwerpunkte des Koalitionsvertrags anzugehen, erklärte Günther. "Und da haben wir in allen Bereichen wesentliche Grundsteine gelegt, um bei den wichtigen Themenfeldern in den nächsten fünf Jahren auch gut voranzukommen", resümierte der Politiker.
Außerdem lobte Günther das vertrauensvolle Verhältnis zwischen CDU und Grünen. Insbesondere die gute Zusammenarbeit mit seiner Stellvertreterin Monika Heinold (Grüne) strahle aus, dass "wir in der Landesregierung insgesamt an einem Strang ziehen". Dies sei die Grundlage für alles, ergänzte die Grünen-Politikerin: "Wir würden sonst diese Herausforderungen in der Form nicht schaffen", so Heinold.
Trotz all der fordernden Krisen zeigt sich die Landesregierung zuversichtlich: "Ich bin davon überzeugt, dass wir in Schleswig-Holstein bei allen Herausforderungen, die wir haben - und die nächste Zeit wird auch nicht einfach - positiv in die Zukunft blicken können", sagte Günther. Man könne stark aus diesen Krisen hervorgehen, denn viele wichtige Weichenstellungen habe die Regierung bereits in den vergangenen Jahrzehnten geleistet, fügte er hinzu.
Bürgerentlastungen: Günther nimmt Bund in Verantwortung
Im Verlauf seiner Rede bezog sich der Ministerpräsident auch auf den Vorwurf aus der Opposition, dass das Land bei Entlastungen von Bürgerinnen und Bürgern in Vorleistung gehen müsse, da der Bund noch nicht geliefert habe: "Wir sind wirklich das Bundesland, das mit dem eigenen Entlastungsprogramm am weitesten in ganz Deutschland ist." Doch könne auch das "Acht-Punkte-Paket" Schleswig-Holsteins nicht das auffangen, was noch von Bundesebene kommen müsse, so Günther.
"Die Menschen in unserem Land brauchen Sicherheit und Orientierung. Das, was wir als Landesregierung dazu beitragen können, machen wir", ergänzte Günthers Stellvertreterin Monika Heinold. Und deshalb dränge man auf schnelle Entscheidungen auf Bundesebene, "damit die Menschen wissen, wie sie durch den Winter kommen", so die Finanzministerin.
Kritik aus der Opposition
Thomas Losse-Müller von der SPD kritisiert die Bilanz der Landesregierung als "Simulation von Tatkraft". Er meint, die Regierung sei nur halbherzig dabei. Die Haltung müsse sich ändern, forderte der Oppositionsführer als Reaktion auf die Pressekonferenz. "Die Landesregierung hat eine große Verantwortung und muss Dinge aktiv in die Hand nehmen. Sie muss die Dinge wirklich gestalten und ändern wollen", mahnte Losse-Müller.
Christopher Vogt von der FDP sieht das ähnlich: Das Programm sei ein Sammelsurium aus Mini-Projekten, der Abarbeitung von Prüfaufträgen und der Erstellung von Eckpunktepapieren. "Der Ministerpräsident ist mit seiner neuen Landesregierung erkennbar aus dem Tritt geraten und für uns derzeit politisch kaum wiederzuerkennen", klagt der Fraktionschef der Liberalen. Schwarz-Grün habe einen Fehlstart hingelegt, über den auch das Eigenlob nicht hinwegtäuschen könne.
Zudem wirft er der Koalition vor, sich zu sehr mit unwesentlichen Dingen zu beschäftigen und spielt indes auf den jüngsten Streit innerhalb der Landesregierung an. CDU-Bildungsministerin Karin Prien hatte für ein Kita-Pflichtjahr für Kinder mit Sprachdefiziten geworben - obwohl dies eigentlich in den Zuständigkeitsbereich von Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) fällt. Auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein gesteht Monika Heinold ein, dass man dies vorher in der Koalition hätte diskutieren können: "Schön ist es nicht, aber es ist verkraftbar", wiegelt die Grünen-Politikerin ab.
Auch SSW-Fraktionschef Lars Harms wirft der Regierung vor, sich im Klein-Klein zu verheddern. Darüber hinaus kritisiert er, dass man "entscheidende Maßnahmen in Richtung Klimaneutralität vergebens" suche und dass bei der Entlastung der Bürger der große Wurf fehle.
Schon vor einigen Wochen erklang laute Kritik aus der Opposition zur bisherigen Leistung der schwarz-grünen Landesregierung.