Verwaistes Kalb und Wildschwein freunden sich an
Im Hohen Moor im Landkreis Stade hat sich ein ungewöhnliches Gespann gefunden: Das verwaiste Zebukalb "Prinzessin" und Frischling "Wutz" - ein Team wie Disneys "Bambi" und "Klopfer".
"Manchmal haben wir uns einfach weggeschmissen vor Lachen", sagen Susanne Lüdtke und Sabrina Menge. Die beiden Umweltschützerinnen haben in den vergangenen Wochen beobachtet, wie das Kalb und das Wildschwein mitten im Moor bei Oldendorf zusammen fressen, sich gegenseitig sanft an den Ohren knabbern und herumtollen.
Jäger tötet ausgebüxte Kuh, Kalb bleibt zurück
Und es gibt noch mehr Parallelen zu dem berühmten Zeichentrickfilm "Bambi": Angefangen hat alles auf tragische Weise im Juni. Gemeinsam mit seinem Muttertier war das indische Zwergzebukalb von der Weide seiner Besitzer ausgebüxt und ins nahe gelegene Moor geflüchtet. Wenig später verletzte ein Jäger das Muttertier tödlich. Das Kalb war fortan auf sich allein gestellt - so wie das Rehkitz "Bambi".
Hundebesitzer entdeckt Duo beim Gassigehen
Susanne Lüdtke und Sabrina Menge erfuhren vom Schicksal des Kälbchens, hatten aber wenig Hoffnung, dass "Prinzessin" allein lang überleben würde: "Es gibt hier viele Gewässer und jede Menge Beutegreifer", sagt Susanne Lüdtke. Außerdem wäre das drei Monate alte Kalb eigentlich noch weiter gesäugt worden. Doch dann berichtete ein Hundebesitzer Mitte September, dass er das Tier beim Gassigehen mit seinem Hund beobachtet habe. Die beiden Tierschützerinnen vom Verein "Kitz und Co" konnten das kaum glauben, aber sie installierten auf gut Glück zwei Wildtierkameras: Schon in der ersten Nacht lieferte die Kamera Bilder von "Prinzessin", die die Wochen offenbar gut überstanden hatte.
Tierschützerin: "Es ist tatsächlich wie bei 'Bambi'"
Wenig später konnten Lüdtke und Menge kaum glauben, was auf ihren Kameras zu sehen war: "Prinzessin" hatte offenbar Freundschaft mit einem Wildschwein-Frischling geschlossen - jedenfalls waren die beiden Tiere ab sofort unzertrennlich. Auf den Videos, die in den folgenden Wochen entstanden, schlüpft das Wildschwein "Wutz" dem Kälbchen "Prinzessin" durch die Beine. Die zwei durchstreifen das Moor Seite an Seite wie alte Freunde. Aufnahmen, die beide Frauen sehr gerührt haben: "Es ist tatsächlich wie bei 'Bambi'", sagt Menge. "Erst wird die Mutter vom Jäger erschossen und dann sucht sich das Kalb neue Gefährten, um in der Wildnis zu überleben."
"Prinzessin" ist wieder bei ihrem Besitzer
Doch da auch "Prinzessin" ein Hausrind bleibt und nicht auf Dauer ins Moor gehört, haben sich die Tierschützerinnen - beraten von Tierärzten - entschieden, das Kalb einzufangen und zu den Besitzern zurückzubringen. Das hat schließlich auch geklappt: Jetzt ist das Zebukalb wieder mit der Herde vereint, aus der es ursprünglich stammt. Und auch "Wutz" scheint es gut zu gehen: Der Frischling ist schon nach wenigen Minuten aus der Lebendfalle, in die er mit "Prinzessin" getappt war, ausgebrochen und zurück ins Moor gewetzt.
