Booster-Impfungen: Wie geht es in Niedersachsen weiter?
Bei den Corona-Drittimpfungen sieht sich das Land mit Hausarztpraxen und mobilen Teams gut aufgestellt. Der Vorstoß, die Impfzentren zu reaktivieren, ist für Ministerin Behrens "höchst irritierend".
"Es war schließlich der gleiche Minister, der die Finanzierung der Impfzentren und die Belieferung der Länder mit Impfstoff zum 30. September eingestellt hat", sagte Daniela Behrens mit Blick auf die Forderung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Landesregierung habe darauf reagiert und den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten mobile Impfteams zur Seite gestellt. Zuletzt sei so eine neue Struktur geschaffen worden, die bei Bedarf ausgebaut werden könne. In den Arztpraxen erwartet die Ministerin "in den kommenden Wochen einen deutlichen Aufwuchs bei den durchgeführten Impfungen." Die Impfdynamik sei ihr derzeit insgesamt zu gering, sagte Behrens weiter.
Grüne unterstützen Wiederbeleben der Impfzentren
Unterstützung findet Spahns Forderung derweil bei den Grünen im Niedersächsischen Landtag. Die Arztpraxen müssten angesichts der parallel laufenden Grippe-Impfungen entlastet werden, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin Meta Janssen-Kucz. Das Land müsse schnell handeln und zunächst in Vorleistung gehen, damit die Impfzentren schnell wieder arbeitsfähig werden. Auch aus Sicht des grünen Bundestagsabgeordneten Janosch Dahmen "reicht das Tempo bei den Erst- und Zweitimpfungen und beim Boostern nicht aus". Die Praxen erfüllten die Erwartungen nicht, sagte Dahmen dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" in Hannover.
Gemeindebund will Impfzentren wieder öffnen
Auch dem Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NSGB) geht es nicht schnell genug voran. Der Kommunalverband will die Impfzentren ebenfalls reaktivieren. "Wir haben von Anfang an gesagt, es wäre besser gewesen, die Impfzentren bis zum Ende dieses Jahres arbeiten zu lassen", sagte Vizepräsident Frank Klingebiel (CDU) der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (HAZ). Die große Masse der Booster-Impfungen stehe erst noch bevor. Das Kostenargument könne bei der Bekämpfung der Epidemie nicht das ausschlaggebende sein, so Klingebiel weiter.
Ärztekammer: "Gibt keinen Grund zum Aktionismus"
Die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) sieht ihre Mitglieder derweil zu Unrecht Kritik ausgesetzt. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte hätten in den vergangenen Monaten "in hervorragender Weise" bewiesen, dass sie die anstehenden Booster-Impfungen bewältigen könnten, sagte Sprecher Thomas Spieker. "Es gibt keinen Grund zum Aktionismus." Spieker verwies zudem auf die guten Absprachen zwischen Ärzteschaft und Gesundheitsministerium bei der Bildung mobiler Impfteams für die Altenheime. Ein Aufleben der Impfzentren lehnt die ÄKN ab. Dafür sei ein längerer und kostspieliger Vorlauf nötig, erläuterte Spieker.
Behrens fordert Booster-Empfehlung für über 60-Jährige
Insgesamt gilt es, in Niedersachsen in den kommenden Monaten 1,3 Millionen Menschen über 70-Jahren mit einer Booster-Impfung zu versorgen. Bislang haben landesweit mehr als 108.000 Menschen (Stand: 26.10.2021) die dritte Dosis erhalten. Grundsätzlich muss dabei ein zeitlicher Abstand von sechs Monaten eingehalten werden. Ministerin Behrens würde die Zahl der Auffrischungsimpfung zudem gern ausweiten - um die Gruppe der 60- bis 69-Jährigen. "In dieser Altersgruppe ist die Gefahr, bei einer Infektion einen schweren oder gar tödlichen Krankheitsverlauf zu erleben, viel größer als bei den darunter liegenden Jahrgängen." Sie fordert die Ständige Impfkommission (StiKo) deshalb auf, ihre Empfehlung entsprechend zu ändern.
Mehrere Corona-Ausbrüche in Pflegeeinrichtungen
In Niedersachsen hatte es in den vergangenen Wochen mehrfach Impfdurchbrüche in Alten- und Pflegeheimen mit Dutzenden Infizierten und einzelnen Todesfällen gegeben. Dem Corona-Krisenstab zufolge liegt die Inzidenz bei den älteren Menschen unter dem Durchschnitt. Derweil steigt mit der Inzidenz im Land auch wieder die Zahl der belegten Intensivbetten in Kliniken. Am Sonntag erreichte die landesweite Auslastung erstmals den Schwellenwert von fünf Prozent.
