Hägar der Schreckliche wird 50
Vor 50 Jahren eroberten die Wikinger Amerika. Zumindest in 200 Zeitungen: Hägar der Schreckliche startete am 4. Februar 1973 als Comic-Strip und begann damit eine weltweite Karriere.
Er ist ein Wikinger wie du und ich: Hägar der Schreckliche ist mittelständischer Unternehmer mit forscher Akquisepolitik, allerdings im finsteren Mittelalter. Die Hauptfigur ist ein barbarischer Raubauz in Hörnerhelm und einem Bärenfell, das vor lauter Dreck schon ein Eigenleben entwickelt.
Probleme wie du und ich sie haben
Doch die Verhältnisse sind heutig: Ärger mit der Belegschaft, Drohungen vom Finanzamt, Kummer über die Kinder – die störrische Tochter will unbedingt Kriegerin werden, soll es aber nicht; der Sohn, der Krieger werden soll, will es nicht, stattdessen liest er Bücher! Und er träumt von anderen Dingen - die für seine Freunde aber nicht weniger eindrucksvoll sind:
"Wenn ich groß bin, plündere ich Rom!" "Na und? Ich werde ganz Europa terrorisieren!" "Ich werde ein gefürchteter Pirat, vor dem die ganze Welt zittert!" "Was willst du werden, Hamlet?" "Zahnarzt." "Was ist das?" "Ein Zahnarzt zieht den Leuten die Zähne." (Alle) "OH, WOW…!"
Wer einen Barbaren darum beneiden sollte, dass er sich gehen lassen kann, so ungehobelt sein darf, wie er will, der lernt: Nichts ist hier einfach: "Hägar der Schreckliche - das bin ich! Der Schrecken des Nordens! So einen Ruf muss man sich hart erarbeiten!!! Rauben und brandschatzen … Tag und Nacht … Da kannst du jeden Wikinger fragen!!!", lässt uns die Comicfigur wissen.
Zeichner Dik Browne erschuf Hägar nach seinem eigenen Vorbild
Wer sich Hägar anguckt, denkt vielleicht an den Zeichner: übergewichtiger, bärtiger Familienvater mit Jungs und Tochter. Dik Browne selbst tat die Ähnlichkeiten als rein zufällig ab und sagte in einem Interview: "Ich wollte einen Charakter, der sofort zu identifizieren ist ... universell erkennbar. Ich wollte nicht, dass der Leser Zeit damit verschwenden muss rauszufinden, wer dieser Charakter sein soll. Die Leute haben es heutzutage immer eilig. Ein Wikinger mit Hörnerhelm schien auf alle meine Anforderungen zu passen."
Sein Sohn Chris Browne, der den Comicstrip nach dem Tod seines Vaters 1989 weiterführte, hat Hägar einmal als Tony Soprano des 11. Jahrhunderts bezeichnet - jemand, der tut, was immer er tun muss, um seine Familie zu beschützen und für sie zu sorgen. Der maximale Kontrast - ein Wikinger mit 20. Jahrhundert-Komplexen - macht die Komik des Comics aus, genauso wie das Spiel mit allen Klischees über das finstere Mittelalter.
Geschlechterbilder sind ein Thema
Beim Überfall auf eine Burg erklimmen die Wikinger über Leitern die Zinnen, der Burgherr überreicht einen Sack und sagt mitten im Schlachtengetümmel: "Meine Frau lässt fragen, ob ihr den Müll mit rausnehmen könnt, wenn ihr abzieht?" Diese selbstironische Distanzierung zeigt sich beispielsweise auch in Diskussionen um Geschlechterbilder.
HÄGAR: "Mann! Wenn ich an die künftigen Männer denke, wird mir schlecht... Wir Wikinger sind die letzten echten Individualisten!" Mann 1: "Genau!" Mann 2: "Genau!" Mann 3: "Genau!" Mann 4: "Genau!"
Situationskomik vom Feinsten, in ein bis drei Bildern. Wegen dieser kurzen Knackigkeit haben die Comicstrips nicht als Zeichentrickserie funktioniert. Aber sie waren vom Debüt an unglaublich erfolgreich und erscheinen bis heute weltweit in fast 2.000 Publikationen.
Bruder Olaf: "Mein Sohn, nur ungesittete Rohlinge greifen auf physische Gewalt zurück, um zu bekommen, was sie wollen!" (Schweigen) HÄGAR: "Und? Worauf wollt ihr hinaus?"
Hägar der Schreckliche hat keine Angst vor Kalauern und ist bei allem Plündern und Brandschatzen irgendwie immer grundfreundlich. Selbst die Drachen, Trolle, Greife, Dämonen, Fledermäuse oder was auch immer dem Medizinkabinett von Dr. Zook entkommen mag, sehen allesamt mehr niedlich als gruselig aus. Vielleicht liegt das Geheimnis von Hägars Erfolg auch darin, dass wir alle ab und zu gerne in unserer überaufgeklärten Welt die Maxime beherzigen, die Hägar seinem Sohn predigt:
HÄGAR: "Unwissenheit ist die Mutter des Abenteuers!"
