Stand: 16.07.2014 17:30 Uhr

Ricarda Huch - Kosmopolitin aus Braunschweig

Zeitgenössisches Porträt der deutschen Schriftstellerin und Historikerin Ricarda Huch. © dpa Bilderdienste / picture-alliance Foto: Bifab
Ricarda Huch hat durch ihren Lebensweg die akademische Anerkennung der Frau in Deutschland vorangetrieben.

Einst war sie eine Grande Dame der deutschen Dichtkunst: Ricarda Huch. Heute kennt man zwar ihren Namen, doch ihre Werke werden kaum noch gelesen. Dabei hat sie eine Vielzahl von Gedichten, Romanen, literaturkundliche und historische Werke hinterlassen.

Die Schriftstellerin war sogar für den Nobelpreis vorgeschlagen, mit dem Raabe-Preis war sie ausgezeichnet worden, ebenso mit dem Goethepreis. Viele Schulen - nicht nur im Norden - tragen ihren Namen. Vor 150 Jahren, am 18. Juli 1864, erblickte sie in Braunschweig das Licht der Welt.

Wohlbehütete Kindheit

Ricarda Huch war weit mehr als nur Schriftstellerin - Dichterin, Philosophin, Historikerin, philosophisch und kulturell vielerorts zu Hause. Sie stammte aus wohlhabendem Hause, der Vater Richard Huch ein Kaufmann brasilianischer Abstammung, die Mutter Emilie Deutsche. Ricarda hatte zwei Geschwister. Auch ihr Bruder Rudolf und sowie ihre Vettern Felix und Friedrich hatten als Schriftsteller einen Namen.

Als Ricarda 19 Jahre alt ist, starb die Mutter, vier Jahre nach ihr der Vater. In dieser Zeit entwickelte sie eine Liebesbeziehung zu ihrem Schwager Richard Huch. Auf Drängen der Familie und weil zu dieser Zeit in Deutschland Frauen nicht studieren dürfen, ging sie in die Schweiz, holte in Zürich das Abitur nach und studierte ab 1888 Geschichte und Philosophie. Ihre erste Erzählung "Die Goldinsel" war bereits Jahre zuvor in der Berner Zeitung "Der Bund" erschienen. Unter dem Pseudonym Richard Hugo hatte sie auch schon einen Gedicht-Band veröffentlicht.

Als eine der ersten Frauen promovierte sie in Zürich in Philosophie. Ricarda Huch arbeitete zunächst in der Stadtbibliothek, dann als Lehrerin am städtischen Lyzeum in Zürich, später in Bremen.

Kein Glück in der Liebe

1898 heiratete sie in Wien den Zahnarzt Ermanno Ceconi. Mit ihm hatte sie die gemeinsame Tochter Marietta, doch die Ehe scheiterte, wurde 1906 geschieden. Ricarda Huch lebte zeitweise in Triest/Italien, später in München. Als Autorin von Erzählungen und Romanen war sie inzwischen bekannt.

Mit 43 Jahren heiratete sie die Jugendliebe Richard Huch, der selbst inzwischen geschieden war. Sie zogen nach Braunschweig, doch nach drei Jahren endet auch diese Ehe durch Scheidung.

Höchste Anerkennung im Sinne der Gleichberechtigung

Von 1912 bis 1914 arbeitete sie an der historischen Arbeit über den 30-jährigen Krieg "Der große Krieg in Deutschland". Während des Ersten Weltkrieges zog sie erneut in die Schweiz. 1917 erschien "Der Fall Deruga", ein psychologischer Kriminalroman, der auf Anhieb großen Erfolg beim Publikum hatte. Nach dem Krieg verlieh ihr die Stadt München, wo sie inzwischen mit der Tochter wohnte zum 60. Geburtstag 1924 die akademische Ehrenbürgerwürde. Thomas Mann schrieb damals: "Dies sollte ein Deutscher Frauentag sein und mehr, als ein deutscher. Denn nicht nur die erste Frau Deutschlands ist es, die man zu feiern hat, es ist wahrscheinlich die erste Europas."

Der Fall Deruga

Kriminalroman von Ricarda Huch

211 Seiten
Insel Verlag (Neuauflage vom 16.06.2014)
ISBN-13: 978-3458360131
Preis: 7,99 Euro

Gegen die Nationalsozialisten

1929 wählte Ricarda Huch Berlin als Wohnsitz. Zwei Jahre später wurde sie mit dem Frankfurter Goethepreis geehrt, der damals angesehensten Literatur-Auszeichnung. Als erste Frau wurde sie in die Preußische Akademie der Künste gewählt, trat aber 1933 unter Protest gegen die Nationalsozialisten aus. Über ihren Schwiegersohn Franz Böhm hatte sie Kontakte zu Gegnern des Nationalsozialismus. Zeitweise lebte sie in Heidelberg, Freiburg und Jena, wo sie die Ehrendoktorwürde erhielt, und schließlich in Frankfurt am Main. In ihren letzten Jahren arbeitete sie an einer Veröffentlichung über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Deutschland.

Am 17. November 1947 starb Ricarda Huch an den Folgen einer Lungenentzündung in Schönberg im Taunus, das heute zu Kronberg im Taunus gehört.

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 03.08.2014 | 19:30 Uhr

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