Stand: 20.07.2017 17:25 Uhr

Caesar von Hofacker: Von Stauffenbergs Helfer

Es ist ein von langer Hand geplanter Versuch, das NS-Regime zu stürzen. Aber der am 20. Juli 1944 im Führerhauptquartier verübte Bombenanschlag schlägt fehl, Adolf Hitler überlebt nahezu unverletzt. In der Folge wird nicht nur die Widerstandsgruppe um Claus Schenk Graf von Stauffenberg verhaftet, sondern auch Tausende Regimegegner und ihre Familien. Sie kommen in Sippenhaft. Von Stauffenbergs Cousin Caesar von Hofacker gehört zu den mehr als 200 Offizieren und Zivilisten, die sich an den Umsturzplänen beteiligen. Von Hofacker ist dafür verantwortlich, dass die "Operation Walküre" in Paris umgesetzt wird.

Vom Hitler-Sympathisanten zum Kritiker

Zunächst gehört Hofacker zu den Sympathisanten Hitlers. Doch im Laufe der Jahre ändert sich sein Standpunkt - er wird zum NS-Kritiker und schließlich zum Regimegegner. Grund für seinen Sinneswandel sind unter anderem die brutale Verfolgung der Juden und Hitlers Überfall auf Polen. Nach der Besetzung Frankreichs durch die Nationalsozialisten 1940 wird dem Juristen, der in Berlin für die Vereinigten Stahlwerke gearbeitet hatte und profunde Kenntnisse über die europäische Stahlindustrie vorweisen konnte, die Leitung des Referats "Eisenschaffende Industrie und Gießereien" bei der deutschen Militärverwaltung in Paris übertragen. Seine Aufgabe: die französische Stahlproduktion für die nationalsozialistische deutsche Rüstung nutzbar machen.

Kontakt zur Résistance in Frankreich

Im Herbst 1943 wird er in den Stab des Militärbefehlshabers General Carl Heinrich von Stülpnagel versetzt. Kurz zuvor informiert von Hofackers Freund Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg ihn über die geheimen Umsturzpläne der Widerständler um den früheren Generalstabschef Ludwig Beck, zu denen auch General von Stülpnagel gehört. Detaillierte Informationen erhält er von seinem Vetter von Stauffenberg, der ihn zudem auffordert, seine Position in Paris zu nutzen, um dort ein Netz des Widerstandes aufzubauen. Von Hofacker nimmt Kontakte zur Résistance und zum Komitee Freies Deutschland für den Westen in Frankreich auf. Anfang Juli 1944 versucht von Hofacker sogar, Erwin Rommel für die Verschwörung zu gewinnen.

Umsturzversuch in Paris geleitet

Am 20. Juli 1944 leitet von Hofacker den Umsturzversuch in Paris. Am Nachmittag erhält er den Anruf, dass das Attentat auf Hitler erfolgt sei. Er informiert General von Stülpnagel und setzt die Befehle von Stauffenbergs um: Er ordnet die Besetzung aller wichtigen Gebäude in Paris an und lässt durch die Wehrmachtseinheiten über 1.200 Angehörige der SS, des Sicherheitsdienstes und der Gestapo verhaften. Wegen der Weigerung des Oberbefehlshabers West, Generalfeldmarschall Hans Günther von Kluge, am Umsturz mitzuwirken, scheitert der Umsturzversuch in Paris. Wenige Tage nach dem Attentat wird von Hofacker verhaftet und nach Berlin gebracht.

Ehefrau und fünf Kinder in Sippenhaft

Eine Hand blättert in einem Buch mit handschriftlichen Aufzeichnungen. © Lea Weidenberg Foto: Lea Weidenberg
Handschriftliche Aufzeichnungen zeugen von der Sippenhaft der Familienmitglieder von Caesar von Hofacker.

In Berlin kommen von Hofackers Frau Ilse-Lotte und seine fünf Kinder in Sippenhaft. Lotte und die beiden ältesten Kinder Eberhard und Anna-Luise kommen zunächst ins Gefängnis, anschließend erfolgt eine Odyssee durch die Konzentrationslager Stutthof, Buchenwald und Dachau. Die anderen drei Kinder werden mit dem Zug nach Bad Sachsa im Harz gebracht. Hier internieren die Nazis Kinder der Verschwörer. Sie sind "Geisterkinder" - niemand soll wissen, wer sie sind. Die Nazis wollen die Familienmitglieder der Regimegegner auslöschen und die Kinder zu Adoption freigeben. Caesar von Hofacker ist besonders harten Verhören ausgesetzt, weil die Gestapo Namen von Mitverschwörern aus ihm herauspressen will. Dass man ihn im Dezember 1944 in Berlin hinrichtet, erfahren seine Frau und die beiden älteren Geschwister erst im KZ Stutthof. Erst im Juli 1945 treffen alle Hofacker-Kinder und ihre Mutter wieder zusammen.

Enkelin Riedesel will Erinnerung an das Attentat wach halten

Valerie Riedesel Freifrau zu Eisenbach ist die Enkelin von Caesar von Hofacker und lebt mit Ehemann und ihren fünf Kindern auf der Insel Rügen. In ihrem Buch "Geisterkinder" erzählt sie die historischen Ereignisse aus Sicht ihrer Familie. Sie greift dabei zurück auf unveröffentlichte Originaldokumente aus der Zeit zwischen 1944 und 1945, darunter Briefe des Großvaters und Tagebücher ihrer Mutter Anna-Luise. "Ich habe dieses Buch geschrieben, weil das ein unglaubliches Material ist, was ich auf einmal in den Händen hatte", sagt Riedesel. Es sei ihr ein Anliegen, dass das, was ihre Familie erlebt hat präsent zu halten. Auch das, was die Erlebnisse ausgelöst hat: das Attentat auf Hitler und der Nationalsozialismus. Es ist ihr wichtig, dass das im Gedächtnis bleibt "und immer wieder mit neuen wahrhaftigen Geschichten erzählt wird."

"Geisterkinder" von Valerie Riedesel

"Geisterkinder. Fünf Geschwister in Himmlers Sippenhaft" heißt das Buch von Valerie Riedesel Freifrau zu Eisenbach, das im Juni 2017 im Verlag SCM Hänssler erschienen ist.

ISBN 978-3-7751-5791-9
18,95 Euro

Geschichte
Reichsmarschall Hermann Göring (helle Uniform) und der Chef der «Kanzlei des Führers», Martin Bormann (l), begutachten die Zerstörung im Raum der Karten-Baracke im Führerhauptquartier Rastenburg, wo Oberst Stauffenberg am 20. Juli 1944 eine Sprengladung zündete, mit der Absicht Hitler zu töten (Archivfoto vom 20.07.1944). Als am 20. Juli 1944 gegen 12.50 Uhr der Sprengsatz in der «Wolfsschanze» detoniert, ging Claus Schenk Graf von Stauffenberg vom Tod des Diktators aus. Für den Attentäter schien das größte Hindernis für den Sturz der Nazis beseitigt. © picture alliance / dpa Foto:  Heinrich Hoffmann

Attentat vom 20. Juli 1944: Eine Bombe soll Hitler töten

20. Juli 1944: In Hitlers Hauptquartier explodiert eine Bombe. Doch von Stauffenbergs Versuch, ihn zu töten, scheitert. mehr

Hans-Ulrich von Oertzen. © Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Gescheiterter Tyrannenmord: Der 20. Juli 1944

Zu den Männern, die am Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt waren, gehören auch vier Mecklenburger. Ihre Frauen, Kinder und Enkel erinnern sich. mehr

Dieses Thema im Programm:

DAS! | 20.07.2017 | 18:45 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

NS-Zeit

Zweiter Weltkrieg

Mehr Geschichte

Polizisten verschanzen sich hinter einem Polizeiauto. Männer stehen vor einem Im-und Exportgeschäft. © Staatsarchiv Hamburg Plankammer (720-1_388_00_79877_18)

Vor 50 Jahren fiel in Hamburg der erste finale Rettungsschuss

Ein Bankräuber nimmt am 18. April 1974 in Hamburg mehrere Geiseln. Als er nach draußen kommt, erschießen Polizisten den Mann gezielt. mehr

Norddeutsche Geschichte