Eine große Menge von Passanten in einer Fußgängerzone. © picture alliance Foto: Michael Gottschalk

Wie viele Menschen verträgt die Erde?

Sendung: ZeitZeichen | 30.08.2014 | 19:05 Uhr | von Pfaff, Thomas
15 Min | Verfügbar bis 31.12.2099

Ist die Überbevölkerung die Hauptursache für die großen Probleme dieser Welt? Mehr Kinder bedeuten scheinbar mehr Armut, mehr Hunger, mehr Umweltbelastung. Doch so einfach ist es nicht: Derzeit leben rund 7,2 Milliarden Menschen auf der Erde, für mindestens neun Milliarden werden Lebensmittel produziert - und trotzdem hungert eine Milliarde. Die Angst vor der "Bevölkerungsexplosion" ist dennoch weitverbreitet. Zu dieser Sicht beigetragen hat die erste Weltbevölkerungskonferenz, die am 30. August 1974 in Bukarest zu Ende geht.

In der wirtschaftlichen Wachstumsphase nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Weltbevölkerung auf rund vier Milliarden Menschen angewachsen - vor allem in der sogenannten Dritten Welt. Deshalb befürchten die Amerikaner, die vielen zusätzlichen Armen könnten im Kalten Krieg zu Kommunisten werden. US-Außenminister Henry Kissinger schreibt: "Das oberste Gebot der US-Außenpolitik ist die Bevölkerungsreduktion - in anderen Ländern." Zu den Staaten, die er aufzählt, gehören unter anderem Mexiko, Brasilien, Nigeria, Pakistan, Indonesien und die Philippinen.

Doch die sogenannten Entwicklungsländer setzen im Abschlussdokument ihre Forderung nach einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung durch. Dennoch ist Bukarest im Rückblick vor allem ein Erfolg der Industrieländer, sagt Soziologie-Professorin Christa Wichterich von der Uni Kassel: "Die Funktion der Bukarest-Konferenz war Agenda-Setting, also das Thema als Politikum zu internationalisieren." Die Botschaft an die Länder des Südens: "Bei zukünftiger entwicklungspolitischer Kooperation wird dieses Thema ständig präsent sein."
Die bevölkerungsreichsten Länder werden aber auch von sich aus aktiv. Indien setzt auf millionenfache Zwangssterilisierungen, China betreibt eine Ein-Kind-Politik.

Auf der zweiten Weltbevölkerungskonferenz 1984 in Mexiko bildet sich laut Christa Wichterich schließlich ein internationaler Konsens über die Notwendigkeit einer verordneten Geburtenkontrolle. Erst bei der dritten Konferenz in Kairo 1994 werden Zwangsmaßnahmen geächtet. Neues Ziel ist das "Empowerment" der Frauen. Sie sollen freien Zugang zu Aufklärung und Verhütungsmitteln sowie den selbstbestimmten Umgang damit erhalten.

Die Annahme, dass mehr Kinder auch mehr Armut bedeuten, hat sich bisher empirisch nicht belegen lassen. Wenn es einen Zusammenhang gibt, dann wohl umgekehrt: Solange Menschen arm sind, brauchen sie viele Kinder als Lebensversicherung für das Alter. Dort, wo hingegen Armut und Kindersterblichkeit reduziert werden können, sinkt als Folge auch die Geburtenrate - kulturübergreifend.

Inzwischen ist die Geburtenrate weltweit stark zurückgegangen: von 4,8 Kindern pro Frau 1970 auf 2,4. Frühere Prognosen über das Wachstum der Weltbevölkerung haben sich als zu hoch herausgestellt. Die Demografen erwarten nun in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts einen Höhepunkt von etwas über neun Milliarden Menschen und ab dann einen Rückgang.

Ein Schneeräumfahrzeug aus Köln versucht am 17. Februar 1979, die Bundesautobahn Hamburg-Lübeck von den Schneemassen zu befreien. © picture-alliance / dpa

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