Fluorchinolon-Antibiotika: Warnung an Ärzte
Vor einem unkritischen Umgang mit bestimmten Antibiotika, sogenannten Fluorchinolonen, warnt das Bundesinstitut für Arzneimittelsicherheit und Medizinprodukte (BfArM) in einem sogenannten Rote-Hand-Brief an Ärzte und Krankenhäuser. Diese Antibiotika sollen nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Bewertung im Einzelfall verschrieben werden - unter Beachtung aller Risiken und Anwendungsbeschränkungen.
Nebenwirkungen von Fluorchinolonen
In Deutschland betroffen sind die Wirkstoffe Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin. Sie werden schon länger mit schweren Nebenwirkungen in Verbindung gebracht, die bereits nach wenigen Tabletten auftreten können:
- Kribbeln im Gesicht und in den Händen
- Taubheitserscheinungen, Schmerzen und Risse im Bereich der Sehnen
- Muskelschmerzen
- Angstzustände und Panikattacken
- Leberschäden
Die Nebenwirkungen können sogar nach dem Absetzen des Medikaments monatelang oder auf Dauer bleiben. Und nicht nur das: Neue Studien zeigen, dass Betroffene nach der Einnahme von Fluorchinolonen ein erhöhtes Risiko haben, ein Aortenaneurysma zu erleiden.
Gefahr für Riss der Aorta steigt
Ein Aortenaneurysma ist eine spindel- oder sackförmige Erweiterung der Hauptschlagader (Aorta), die in allen Abschnitten der Ader entstehen kann. Reißt die geschwächte Gefäßwand ein, kann der Betroffene in kürzester Zeit innerlich verbluten. In einigen Fällen können Fluorchinolone die Gefäßwand so verändern, dass eine Gefäßaussackung entsteht und im schlimmsten Fall einreißt.
Die Wände der Hauptschlagadern haben eine ähnliche Struktur wie die Achillessehne. Wer nach Einnahme von Fluorchinolonen Beschwerden mit der Achillessehne hat, könnte auch Probleme mit den Aorten bekommen. In welchem Umfang das Risiko steigt, hängt von der Dauer der Antibiotika-Therapie ab. Nach einer 14-tägigen Anwendung eines Fluorchinolons stieg das Risiko einer Studie zufolge fast um das Dreifache.
EU schränkte Indikation für Fluorchinolone bereits ein
Auf dem Beipackzettel der Medikamente sind die Nebenwirkungen weit unten als "seltene Nebenwirkungen" aufgeführt. Dabei sind in den Nebenwirkungsdatenbanken der EU für diese Antibiotika-Gruppe bereits Zehntausende Fälle aufgelistet. Nach einer Nutzen-Risiko-Analyse schränkten die Behörden 2008 die Indikation von Norfloxacin, Ciprofloxacin und Moxifloxacin ein, 2012 folgte Levofloxacin.
Fluorchinolone nur bei lebensgefährlichen Erkrankungen
In der Praxis würden die Warnungen jedoch oft nicht ausreichend ernst genommen, kritisieren Experten. Viele niedergelassene Ärzte verschrieben Fluorchinolone auch bei relativ harmlosen Atemwegserkrankungen oder bei nicht lebensgefährlichen Harnwegsinfekten. In Krankenhäusern würden diese Antibiotika in der Regel nur noch bei lebensgefährlichen Infektionen eingesetzt, wenn keine anderen Medikamente zur Verfügung stünden.
Medikament bei Nebenwirkungen sofort absetzen
In den USA hat die Arzneimittelbehörde FDA 2016 angeordnet, dass die Hersteller in den Beipackzetteln von Fluorchinolon-Antibiotika unübersehbar in Fettdruck auf die seltenen, aber massiven Nebenwirkungen hinweisen müssen. Sofern andere Antibiotika für die Therapie zur Verfügung stehen, rät die Behörde Ärzten, Fluorchinolone nicht mehr zu verordnen. Beim Auftreten von Nebenwirkungen solle ein Fluorchinolon zudem sofort abgesetzt und auf ein anderes Antibiotikum umgestellt werden.