Stand: 07.10.2019 14:25 Uhr

Rauchen: Wie schädlich sind E-Zigaretten?

Eine Frau hält sich eine E-Zigarette an den Mund. © fotolia.com Foto:  tunedin
Beim Rauchen von E-Zigaretten atmet der Raucher keinen Rauch ein, sondern ein Aerosol.

Elektrische Zigaretten gelten als harmlose Alternative zu klassischen Tabakzigaretten. In Deutschland hat nach einer Studie der Uni Mainz schon jeder Achte eine E-Zigarette geraucht. Zu den gesundheitlichen Folgen des sogenannten Dampfens gibt es erst wenige Studien und keine Langzeitbeobachtungen. Die Studien zeigen, dass E-Zigaretten weniger schädlich sind als Tabakzigaretten. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie unschädlich sind. Und sie können die Hemmschwelle zum Zigarettenrauchen senken.

USA: Lungenbeschwerden nach Dampfen

In den USA sind inzwischen mehrere Hundert Menschen mit Lungenbeschwerden nach Dampfen im Krankenhaus behandelt worden. Auch über Todesfälle wurde berichtet. Wo die Ursache dafür liegt, weiß niemand genau. Vermutlich ist ein cannabishaltiges Liquid - also eine Verdampferflüssigkeit - dafür verantwortlich, das hierzulande nicht erhältlich ist. Rund 500 Fälle von Lungenveränderungen sind zudem wahrscheinlich nicht einem einzelnen Stoff zuzuordnen, sondern einem Zusammenspiel von Liquids und Lungenvorerkrankung. In Europe gelten strengere Auflagen und höhere Grenzwerte für Liquids.

So funktionieren E-Zigaretten

In einer E-Zigarette werden aromatisierte Flüssigkeiten elektrisch verdampft. Die Geräte bestehen aus einer Stromquelle (Akku), einem elektrischen Heizelement (Vernebler) und einer Kartusche für die zu verdampfende Flüssigkeit (Liquid). Es entsteht also kein Rauch, sondern ein Aerosol, das eingeatmet wird.

Das Angebot an Liquids ist groß. Es gibt sie in allen Geschmacksrichtungen - vom klassischen Tabak über Erdbeere und Karamell bis zum Geschmack von Gummibärchen. Mehr als 8.000 Aromen werden verwendet, die wenigsten davon sind auf ihre Wirkungen im Menschen getestet.

Weniger Schadstoffe als im Tabakrauch

Tabakrauch enthält mehr als 70 verschiedene krebserregende Substanzen. Im Vergleich dazu enthält das Aerosol von E-Zigaretten tatsächlich viel weniger Schadstoffe, allerdings auch entzündungsfördernde, reizende und sogar krebserregende Substanzen. Das Bundesinstitut für Risikoforschung und das Deutsche Krebszentrum warnen deshalb davor, das Gefahrenpotenzial von E-Zigaretten zu unterschätzen.

Propylenglykol kann Augen und Atemwege reizen

Die Basis des Liquids besteht aus Propylenglykol, einem Stoff, der auch als Disco- oder Theaternebel eingesetzt wird. Dieser Dampf kann Augen- und Atemwegsirritationen auslösen. Bislang ist unklar, welche Folgen es hat, wenn man sich langfristig dieser Substanz aussetzt.

Mit dem Dampf gelangen feinste Partikel bis tief in die Lunge und können sich dort ablagern. Mögliche Folgen sind

  • Husten
  • Entzündungen
  • eine verringerte Lungenfunktion

Forscher fanden im Blut von Menschen nach dem Dampfen sogar Genveränderungen, auch bei Liquids ohne Nikotin. Dabei war die Genaktivität in Bereichen verstärkt, die für Entzündungsprozesse und das Herz-Kreislauf-System zuständig sind. Das deutet auch auf mögliche Spätfolgen wie Krebs und die Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) hin.

Nikotin kann süchtig machen

Wie herkömmliche Zigaretten können auch die Liquids Nikotin enthalten, das eine körperliche und psychische Abhängigkeit verursacht. Im Tierversuch löst es arteriosklerotische Gefäßveränderungen aus. Es wirkt fruchtschädigend und fördert das Wachstum von bestehenden Tumoren.

Krebserregende Substanzen im Liquid

Beim Erhitzen der Liquids entstehen zudem die Substanzen Acetaldehyd und Formaldehyd. Die Substanzen reizen die Haut- und Schleimhäute, schädigen die Atemwege und gelten als krebserregend. Die beim Dampfen aufgenommene Menge ist vor allem vom Nutzungsverhalten abhängig. Vor allem beim starken Erhitzen der Flüssigkeit entstehen deutlich höhere Dosen als bei herkömmlichen Zigaretten. Beim Verbrauch von drei Millilitern Liquid entstehen etwa 14 Milligramm Formaldehyd. Das entspricht einer US-Studie zufolge etwa dem 5- bis 14-Fachen der Menge, die beim Rauchen von 20 Tabakzigaretten - also einer ganzen Schachtel - aufgenommen wird.

Höhere Spannung, mehr Schadstoffe

Bei neueren Modellen von E-Zigaretten lässt sich die Spannung, mit der der Zünddraht erhitzt wird, individuell einstellen. Eine höhere Spannung bedeutet eine höhere Temperatur und mehr Dampf. Dadurch werden mehr Nikotin und mehr Schadstoffe wie das krebserregende Formaldehyd freigesetzt.

Entzündungen und Kontaktallergien durch Liquids

Die meisten Studien beziehen sich auf die Auswirkungen der flüssigen Liquids - nicht aber auf die verdampften. Von einigen Aromastoffen weiß man, dass sie schädlich sind. So kann das süß-butterähnliche Diacetyl beim Einatmen schwere Entzündungen der Atemwege auslösen. Andere Duft- und Konservierungsstoffe wie Benzylalkohol und Zimtaldehyd können Kontaktallergien verursachen.

Lungenerkrankungen als Folge des Dampfens

Mit dem Dampf der E-Zigarette gelangen feinste Partikel bis tief in die Lunge und lagern sich dort ab. Die Folgen können Husten, Entzündungen und eine verringerte Lungenfunktion sein. Aktuelle Studien belegen, dass die durch das Dampfen ausgelösten Entzündungen in der Lunge langfristig zu einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) führen können - allerdings nicht so schlimm wie beim Tabakrauchen.

Krebsrisiko offenbar etwas geringer

Wer ausschließlich "dampft" und dabei auf nikotinhaltige Liquids verzichtet, hat nach derzeitigem Stand ein geringeres Krebsrisiko als ein Tabakraucher. Wer neben E-Zigaretten weiter Tabak raucht, hat gesundheitlich keinen Vorteil.

E-Zigaretten: Sinnvolle Option für starke Raucher

Für starke Raucher kann das Dampfen von E-Zigaretten das geringere Übel sein - trotz der gesundheitlichen Risiken. Wer den Nikotingehalt der Liquids Schritt für Schritt verringert, findet womöglich sogar einen Weg aus der Sucht.

Andererseits haben Jugendliche, die schon mal eine E-Zigarette probiert haben, ein doppelt so hohes Risiko, später auch zur Tabakzigarette zu greifen – ein für Suchtforscher sehr beunruhigender Zusammenhang.

Weitere Informationen
Eine weggeworfene Zigarettenschachtel mit der Aufschrift: "Rauchen kann tödlich sein". © photocase.de Foto: designritter

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Ob, Zigarette, Zigarre oder Pfeife: Der Tabakkonsum in Deutschland ist nach wie vor hoch. Wie kann man die Sucht bekämpfen? Informationen und Hintergründe zum Thema Rauchen bei NDR.de. mehr

Experten zum Thema

Priv.-Doz. Dr. Ute Mons, Abteilungsleiterin
WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle
Deutsches Krebsforschungszentrum Stabsstelle Krebsprävention
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
www.dkfz.de/de/krebspraevention

Dr. Klaas Franzen, Assistenzarzt
Medizinische Klinik III - Pulmologie
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck
(0451) 500-45003
www.uksh.de

Prof. Reiner Hanewinkel, Psychologe, Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung
Prof. Dr. Reiner Hanewinkel, Institutsleiter
IFT-Nord gGmbH
Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung
Harmsstraße 2
24114 Kiel
(0431) 570 29 20
www.ift-nord.de

Priv.-Doz. Dr. Hans F. E. Klose, Chefarzt
Abteilung für Pneumologie
II. Medizinische Klinik und Poliklinik
Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
www.uke.de

Weitere Informationen
Bundesinstitut für Risikobewertung
www.bfr.bund.de

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
www.rauchfrei-info.de

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Visite | 08.10.2019 | 20:15 Uhr

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