Stand: 12.04.2019 16:46 Uhr

Metall-Hüftprothesen: Vergiftung durch Abrieb

Grafik eines künstlichen Hüftgelenks © Fotolia Foto: psdesign1
Der Abrieb einer Hüftprothese aus Metall kann zu einer chronischen Vergiftung führen.

Hüftkappenprothesen wurden bis vor einigen Jaheren als vielversprechende Innovation gesehen, vor allem für jüngere und aktive Patienten: Sie galten als knochenschonend, weil der Hüftkopf nicht entfernt werden muss. Statt dessen wird die Knorpelschicht entfernt und "überkront". Doch Jahre später zeigte sich ein Nachteil: Die relativ große überkronte Oberfläche der Kugel reibt ständig gegen die große und relativ dünnwandige Pfanne. Dabei kommt es offenbar bei vielen Prothesen zu vermehrtem Metallabrieb.

Erst Jahre später fiel ein gravierendes Problem auf: Die Betroffenen hatten zum Teil extrem hohe Werte von Kobalt und Chrom im Blut, viele litten an einer chronischen Vergiftung. Schuld waren Abriebprodukte ihrer Prothese. Typische Folgen einer solchen Vergiftung durch Metallabrieb sind Knochenzysten, Pseudotumore und Knochenabbau. Schleichend entstehen darüber hinaus aber Schäden im ganzen Körper, bis hin zu einer Herzschwäche.

Kleinste Verformungen verstärken den Abrieb

Ein Grund für den Metallabrieb ist das Konstruktionsprinzip der Prothesen: Sie bestehen aus zwei Metallteilen, die bei Bewegung aneinanderreiben und dabei Metall-Ionen freisetzen. Sie verteilen sich über die Jahre im umliegenden Gewebe und im gesamten Körper, die Metallkonzentration steigt.

Auch der Einbau der Prothese spielt eine Rolle: Um sicher Halt zu finden, wird die Gelenkpfanne in den Knochen eingeschlagen. Danach hält sie durch den Pressdruck des Knochens. Durch das Einschlagen und durch den Druck des Knochens kann sich die Pfanne minimal verformen. Dies führt dazu, dass ein "Bremsbacken-Effekt" entsteht und vermehrt Metall abgerieben wird.

Weitere Prothesen betroffen

Verschiedene Metall-auf-Metall-Hüftkappenprothesen-Modelle wurden in den vergangen Jahren vom Markt genommen - einige nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit, nur wenige in Verbindung mit einer offiziellen Rückrufaktion. Doch Experten gehen davon aus, dass mehr oder weniger alle Prothesenmodelle dieser Machart von vermehrtem Metallabrieb betroffen sind.

Bessere Prüfung von Medizinprodukten gefordert

Experten fordern eine gründlichere, langfristigere und unabhängige Prüfung neuer Medizinprodukte durch staatlich geprüfte Unternehmen. Und falls ein Problem mit einer Prothese auftrete, müsse es bis zur Klärung der Ursache ein sofortiger, flächendeckender Verwendungsstopp erlassen werden können.

Weitere Informationen
Grafische Abbildung eines künstlichen Hüftgelenks © fotolia.com Foto: psdesign1

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Experten zum Thema

Prof. Dr. Thorsten Gehrke, Orthopäde, Orthopädische Chirurgie und Sportmedizin
Ärztlicher Direktor
Helios Endo-Klinik Hamburg
Holstenstraße 2, 22767 Hamburg
(040) 31 97-0
www.helios-kliniken.de

Prof. Dr. med. habil. Wolfram Mittelmeier, Klinikdirektor
Priv.-Doz. Dr.-Ing. habil. Daniel Klüß,
AG Numerische Simulation Implantattechnologie inklusive Schadensanalyse
Orthopädische Klinik und Poliklinik
Universitätsmedizin Rostock
Doberaner Straße 142, 18057 Rostock
(0381) 494-9301
orthopaedie.med.uni-rostock.de

Prof. Dr. rer. physiol. Edmund Maser, Instituts-Direktor
Institut für Toxikologie und Pharmakologie
Medizinische Fakultät
Christian-Abrechts-Universität zu Kiel
Brunswiker Straße 10, 24105 Kiel
www.toxi.uni-kiel.de

Weitere Informationen
Selbsthilfegruppe Durom-Metasul-LDH-Hüftprothesen e. V.
www.durom-hueftprobleme.de

Deutsches Arthrose Forum
www.deutsches-arthrose-forum.de
Internet-Selbsthilfe-Forum mit Infos, Tipps und Adressen

EndoCert GmbH
www.endocert.de
Liste zertifizierter Endoprothetik-Zentren

Deutsche Arthrose Hilfe e. V.
www.arthrose.de

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Visite | 16.04.2019 | 20:15 Uhr

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