Sendedatum: 27.06.2014 06:00 Uhr

Ilka@home (17): Freunde

von Ilka Petersen
Ilka Petersen mit ihrem Sohn Leonard Aaron. © privat Foto: Anne Lorenzen
Wie pflegt man Freundschaften als junge Mutter? Fragt sich Ilka Petersen...

Wenn etwas in der ersten Zeit mit Baby auf die Probe gestellt wird, dann sind es neben den Nerven auch Freundschaften. Da sitze ich mit Lenny auf dem Arm abends schunkelnd auf dem Sofa im Kinderzimmer und blicke angespannt auf die Kommode, wo mein Handy munter einen Anruf nach dem anderem mit einem freundlichen Blinken bekannt gibt. Es ist Feierabendzeit. Zeit, sich um Freundschaften zu kümmern. Ein Bier trinken gehen, telefonieren oder zusammen ins Kino. Für mich ist es momentan die Rush Hour im Kinderzimmer. Ein Song, eine Geschichte, was zu essen, schunkeln, streicheln, alles was das "Mama sein“ momentan so fordert.

Mütterliche Telefon-Artistik

Wenn ich mich dann aus dem Zimmer schleiche, das Babyphone kontrolliere und mit einem Schnaufen im Sofa versinke, bleibt trotz der eher einsilbigen Gespräche mit meinem Baby kaum ein Wort über. Stattdessen Schadensbegrenzung um 5 Uhr morgens per SMS. "Ich bin noch da und ich habe niemanden vergessen und hat vielleicht jemand Zeit, tagsüber zu telefonieren? Also, zwischen Essen, Wickeltisch und eigener Körperpflege? Wobei es könnte sein, dass ich ein paar Mal weg bin, weil ich durch meine Verrenkungen mit Lenny auf dem Arm aus Versehen auflege.“

Neulich zum Beispiel, als eine Freundin mir zu Lennys Bettzeit ihr Herz ausschütten wollte. Eine äußerst unpassende Zeit, wenn man sich auch akustisch verstehen möchte. Also klemme ich mir das Telefon zwischen Schulter und Ohr und versuche, Lenny von seinem Schreivorhaben abzulenken. Heimlich hüpfend und lautlos klatschend stehe ich am Wickeltisch und versuche, dem Telefonat gerecht zu werden. Doch trotz aller Scharade hält er nichts von abendlichen Frauengesprächen und ich muss meine Freundin vertrösten. Mal wieder.

Schlechtes Gewissen im Abo

Und mal wieder habe ich das Gefühl, im Moment keine gute Freundin zu sein. Ich vergesse Verabredungen und Geburtstage, Gesprächen kann ich oft nicht folgen. Enge Freundschaften müssen solche Zeiten aushalten, sagt man immer so daher. Das stimmt wohl auch bis zu einem gewissen Grad. Doch hat nicht schon Bertolt Brecht in einem Gedicht davor gewarnt, dass ein abgerissener Strick zwar geknotet werden kann und er infolge dessen auch hält, aber er eben doch zerrissen ist?

NDR 2 Moderatorin Ilka Petersen (li.) mit ihrer Freundin Birgit Voppichler © NDR 2
Ilka Petersen (li.) mit ihrer Freundin Birgit Voppichler

Also strapaziere ich das Seil lieber nicht über. Ich habe mich zum Beispiel dazu entschlossen, am Wochenende zum Junggesellinenabschied einer sehr guten Freundin zu fahren, weil sie sich riesig freuen wird. Ein Mütterkomitee würde mich vermutlich mit vollen Windeln beschmeißen, denn die Reaktionen auf mein Vorhaben ohne Lenny zu verreisen, waren mehr als skeptisch und haben dafür gesorgt, dass das schlechte Gewissen bereits eine Fahrkarte besitzt.

Aber haben wir nicht schon durch die erste Liebe gelernt, dass man Freundschaften auch in Zeiten pflegen muss, in denen sie vielleicht nicht an erster Stelle stehen? Ich jedenfalls werde am Wochenende mal nachschauen, ob für mich in der Kneipe an der Ecke tatsächlich noch das Licht brennt (Blog 7) - und wenn nicht, habe ich ja immer noch meine Freundinnen.

Dieses Thema im Programm:

NDR 2 | 27.06.2014 | 06:00 Uhr

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