Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, spricht während eines Pressetermins vor der Kieler Staatskanzlei. Der CDU-Landesvorstand hatte sich zuvor über den Verlauf der Sondierungsgespräche mit FDP und Grünen beraten. © picture alliance/dpa Foto: Frank Molter

Kein Jamaika-Revival in Schleswig-Holstein

Stand: 19.05.2022 22:23 Uhr

CDU, Grüne und FDP werden nicht zusammen regieren. Nach Sondierungsgesprächen in Kiel haben Vertreter der drei Parteien am Donnerstag mitgeteilt, dass man sich nicht auf gemeinsame Koalitionsverhandlungen verständigen konnte.

von Constantin Gill

Jamaika endet mit einem Wolkenbruch. Der Regen kommt, kurz nachdem Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) vor einem Kieler Hotel zusammen mit den Vertretern von Grünen und FDP erklärt hat, dass es nicht zu einem Dreierbündnis kommen wird. "Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht", sagt Günther.

Obwohl die CDU bei der Landtagswahl fast eine absolute Mehrheit erreicht hätte, wollte Günther mit zwei Partnern regieren. Mehrheitsverhältnisse hin oder her. Aber: "Es ist uns nicht gelungen, den Geist, den wir auch für die nächsten fünf Jahre in Jamaika gesehen haben, auf beide Gesprächspartner in der Form zu übertragen, dass wir zum Schluss als CDU das Gefühl gehabt hätten, es lohnt sich jetzt, über die Differenzen in einigen inhaltlichen Punkten noch weitere Gespräche zu führen."

Kiel: Verhandlungen von CDU, Grünen und FDP mit Fördeblick

Der Tag hatte sonnig begonnen. Fast hätte man nostalgisch werden können: An genau diesem Ort hatten vor fünf Jahren und einem Monat die drei Parteien ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag vorgestellt. Wo sollte der Geist von Jamaika besser neu zum Leben erweckt werden als hier?

Aber Nostalgie ist das eine. Das andere ist die Frage: "Wozu braucht es jetzt ein Jamaika-Bündnis?" Das fragt Grünen Co-Spitzenkandidatin Aminata Touré bei der Ankunft am Hotel. Und stellt klar, man gehe deutlich skeptischer in das Gespräch als beim schwarz-grünen Sondierungsgespräch am Dienstag. Zahlenmäßig und inhaltlich reiche es für Schwarz-Grün, so Touré.

Auch die FDP sagt klar, dass sie lieber allein mit der CDU regieren will. Aber betont, dass das Dreierbündnis aufgrund der "Augenhöhe" gut funktioniert habe. Besagte "Augenhöhe" betont auch Günther vor dem Gespräch. Und: "Dass man am Anfang erstmal Dinge absteckt, ist auch in Ordnung."

Dann verhandeln die Parteien in einem Raum mit Blick auf die Förde. Manche von ihnen waren schon vor fünf Jahren dabei. Noch scheint die Sonne.

Der Zeitplan gerät ins Wanken

Irgendwann wird klar, dass es hakt. Während die Gartenamtsdirektoren-Konferenz im Saal nebenan voll im Zeitplan ist, zieht sich das Gespräch im Verhandlungsraum in die Länge. Ein Hotelmitarbeiter, der eigentlich Kuchen und Snacks servieren soll, steht ratlos vor der Tür.

Die öffnet sich im nächsten Moment. Die Grünen verlassen den Saal, mit forschen Schritten; sagen wollen sie nichts. Jede der Parteien zieht sich nun in ihren eigenen Raum zurück. Ministerpräsident Daniel Günther pendelt zwischen den Räumen hin- und her, lächelt zwar, sagt aber auch nichts zum Stand der Dinge.

Am Ende versammeln sich noch einmal alle im Verhandlungsraum. Inzwischen sind fast vier Stunden vergangen. Dann kommen sie gemeinsam heraus.

Touré: "Gemeinsame Idee hat gefehlt"

Nachdem Daniel Günther sein Statement abgegeben hat, erklärt Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold das Jamaika-Bündnis sei deshalb stabil gewesen, weil alle drei Partner gebraucht wurden. Aber: "Wir haben jetzt eine andere Situation." Und Co-Spitzenkandidatin Aminata Touré sagt, die gemeinsame Idee für die kommenden fünf Jahre habe gefehlt.

"Wir haben feststellen müssen, dass die Fortsetzung dieser Politik von einem Partner so definitiv nicht gewünscht wird", sagt FDP-Landeschef Heiner Garg. Als Schuldzuweisung an die Grünen will er das aber nicht verstanden wissen, sondern: "Es zeigt noch einmal den Jamaika-Geist, dass man ehrlich und offen miteinander redet und die Dinge auch so klar beim Namen benennt."

Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb: Schwierige Partnerwahl für die CDU

Für ein Bündnis mit der CDU stehen Grüne und FDP weiter bereit. Grünen-Co-Spitzenkandidatin Aminata Touré sagt: "Jetzt ist der Moment, wo Daniel Günther als Wahlgewinner und als derjenige, der die meisten Prozente geholt hat, eine Entscheidung treffen muss. Wir haben uns definitiv entschieden."

Mit wem die CDU weiter sondiert, soll der CDU-Landesvorstand am Montag klären. Eigentlich wollte Günther noch in dieser Woche die Sondierungsgespräche abschließen.

Während Günther noch auf Nachfragen der Journalisten antwortet, fängt es langsam an zu tröpfeln.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 20.05.2022 | 06:30 Uhr

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