AfD gesichert rechtsextremistisch: Dürfen Mitglieder für den Staat arbeiten?
Nach der Einschätzung der Verfassungsschützer, dass der Bundesverband der AfD gesichert rechtsextremistisch ist, müssten AfD-Mitglieder im Staatsdienst auf die persönliche Verfassungstreue überprüft werden, sagt Innenministerin Sütterlin-Waack.
Darf jemand, der Mitglied in einer als "gesichert rechtsextremistisch" geltenden Partei ist, für den Staat arbeiten - als Beamter - bei der Polizei oder als Lehrer in der Schule? Seit der Verfassungsschutz die AfD hochgestuft hat, bewegt diese Frage viele Bürger, Politiker und Gewerkschafter in Schleswig-Holstein.
Voraussetzung: Eid auf die freiheitlich demokratischen Grundordnung
Fakt ist: Alle Beamten in Deutschland müssen einen Eid auf die freiheitlich demokratischen Grundordnung schwören, müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten dazu im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten, heißt es aus dem Innenministerium. Verfassungstreue nennt sich das. Vor diesem Hintergrund "muss nun jede Beamtin und jeder Beamte mit einer AfD-Mitgliedschaft dienstrechtlich auf ihre oder seine persönliche Verfassungstreue überprüft werden", sagte Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Montag (5.5.).
AfD spricht von Aktionismus
Der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Julian Flak bezeichnete die Ankündigung Sütterlin-Waacks als "Aktionismus". "Es ist schon einigermaßen offensichtlich, dass hier der Inlandsgeheimdienst gegen die erfolgreichste Oppositionspartei des Landes eingesetzt wird. Das verstehen die Bürger auch", sagt er. Die AfD wolle an ihre Mitglieder kommunizieren „dass sie nichts zu befürchten haben, wenn sie sich nichts vorzuwerfen haben, und insofern dann auch einer solchen Überprüfung ganz gelassen entgegensehen können, so unangenehm das im Einzelfall ist und so unangemessen wie wir das auch finden mögen.“
Kein Beamter muss Parteimitgliedschaft öffentlich machen

Fakt ist auch: Beamte sind nicht verpflichtet, Parteimitgliedschaften öffentlich zu machen. Und selbst wenn eine Mitgliedschaft bekannt ist, könne der Beamte deswegen nicht automatisch aus dem Dienstverhältnis entlassen werden, betont Professor Florian Becker, Verfassungsrechtler an der Universität Kiel. "Eine bloße Mitgliedschaft in der AfD ist für sich genommen kein disziplinarrechtlich relevanter Verstoß. Es müssen weitere Aspekte hinzutreten, wie etwa Äußerungen in den sozialen Medien, auch Parteifunktionäre zeigen eine erhöhte Gefährdung, was ihre mögliche Verfassungsfeindlichkeit angeht, also hier muss in jedem Einzelfall konkret hingeschaut werden."
GEW: "Lehrkräfte können nicht neutral sein"
Grundsätzlich dürfe niemand im Lehramt arbeiten, der nicht hinter dem Grundgesetz stehe und der keinen Eid auf die Verfassung geschworen habe, unterstrich die Vorsitzende der Gewerkschaft Bildung und Erziehung (GEW) Kerstin Quellmann. "Von daher ist für die GEW ganz klar: Lehrkräfte können nicht neutral sein. Und gerade der AFD gegenüber können wir keine Neutralität bieten, sondern verteidigen die Demokratie. Das ist unsere Aufgabe als Lehrkräfte", so Quellmann. Ähnlich äußert sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP).
AfD: "Wollen nur verfassungstreue Polizisten"
Die AfD Schleswig-Holstein weist den Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit zurück. "Wir wollen, dass natürlich nur verfassungstreue Polizisten auf den Straßen sind und auch nur verfassungstreue Lehrer in den Schulen unterrichten", sagte der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Julian Flak. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass das bei allen unseren Mitgliedern, die bei uns im Polizeidienst oder in den Schulen arbeiten natürlich der Fall ist."
Beurteilung der Verfassungsfeindlichkeit: Position spielt Rolle
Verfassungsrechtler Becker betont, dass bei der Beurteilung der Verfassungsfeindlichkeit und der Gefährdung einer Person auch immer eine Rolle spiele, welche Position die Person einnehme. "Ein Polizist, eine Polizistin, die über eine Waffe verfügt, ist anders zu beurteilen als jemand, der entfernt vom Publikum und ohne besondere Hoheitsrechte arbeitet." Weiter betonte er mit Blick auf ein gefordertes Parteienverbot: "Es geht hier nicht darum Opposition zu verbieten, sondern es geht hier darum Verfassungsfeinden die Möglichkeit zu nehmen, sich in einer Partei zu organisieren." Aber weil die Freiheit der Partei an sich ein sehr hohes Gut sei, habe die Verfassung hier zu Recht sehr hohe Anforderungen angestellt. Es bedürfe erhebliche Tatsachen, die dargelegt werden müssten in der Breite, um ein solches Verbot oder auch den Entzug der Parteienfinanzierung zu erwirken.
AfD klagt gegen Hochstufung
Am Freitag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Hochstufung der gesamten AfD zur "gesichert rechtsextremistischen Bestrebung" durch den Verfassungsschutz bekanntgegeben, bis dahin wurde sie als rechtsextremistischer Verdachtsfall behandelt. Die AfD reichte daraufhin Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz ein. Damit möchte die Partei dem Verfassungsschutz gerichtlich untersagen, die Partei als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" einzuordnen, zu beobachten, zu behandeln, zu prüfen oder zu führen.
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