Luisa Galli (17): "Ich mache Politik für Kinder und Jugendliche"
Am Dienstag (6.5.) richtet Ministerpräsident Daniel Günther einen Empfang junger Ehrenamtler aus. Eine der Geladenen ist die 17-jährige Luisa Galli. Sie wird für ihr außergewöhnliches Engagement ausgezeichnet.
Mit geübten Handgriffen befüllt die Schülerin das Regal mit den Flyern. Es sind Handzettel für das Autonome Mädchenhaus Kiel, das Kinderschutzzentrum oder auch Infos zu Psychosozialen Hilfen in Kiel. Luisa Galli, 17 Jahre alt, hat den Kasten für die Flyer mit den Hilfsangeboten für Kinder und Jugendliche selbst installieren lassen. "Ich habe den Schulleiter gefragt, was dagegen sprechen würde, den einzurichten. Der meinte 'nichts' - und nach ein paar Tagen hing er hier."
Nicht reden, machen. Das ist typisch Galli. Generell habe ihr Interesse an politischem Aktivismus hier an der Schule angefangen, erzählt die Elftklässlerin. Hier am Hebbel-Gymnasium in Kiel sei sie mit 13 Jahren zur Schülersprecherin gewählt worden - als jüngste Schülersprecherin Kiels.
Politik machen, für die, deren Stimmen oft überhört werden

Ein Jahr später wird die junge Kielerin in den Jungen Rat, den Kinder- und Jugendbeirat der Landeshauptstadt Kiel, gewählt. Dort ist sie erst Mitglied, dann stellvertretende Vorsitzende und schlussendlich übernimmt sie auch den Vorsitz. Die Schülerin mit den italienisch-ukrainischen Wurzeln fing früh an, sich in der politischen Szene Kiels zuv vernetzen. Sie selbst hatte eine eher schwierige Kindheit und frühe Jugend, so sagt sie. Auch darum will sie explizit für Kinder und Jugendliche Politik machen, deren Stimmen oft überhört würden. Genau für dieses Engagement wird sie am Dienstag (6.5.) von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ausgezeichnet.
Kinder haben sonst keine eigene Lobby
"Ich finde, dass Kinderrechte ins Grundgesetz gehören", sagt Luisa Galli.
"Weil Kinder eine Minderheit in diesem Land sind. Wir haben pro Jahr mehr Menschen, die sechzig werden, als Babys, die geboren werden - das muss man sich vor Augen führen." Luisa Galli
Gerade weil Kinder keine eigene Lobby hätten, sei es entscheidend, dass ihre Rechte auch gesetzlich besonders verankert seien. Bislang aber stehen Kinderrechte trotz ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit nicht explizit im Grundgesetz. Deshalb engagiert sich Galli auch im Jugendrat des Kinderschutzbundes Schleswig-Holstein - auch um politisch Druck zu machen.
"Die Bedürfnisse von Kindern haben Erwachsene oft gar nicht auf dem Schirm"
Kinder und Jugendliche hätten eigene Perspektiven und Bedürfnisse, erklärt die 17-Jährige. Sie bräuchten nicht nur oft Hilfe außerhalb des Elternhauses, sie würden auch saubere Spielplätze fordern oder funktionierende Schultoiletten - Dinge, die Erwachsene oft gar nicht mehr auf dem Schirm hätten.
"Kinder sind zwar nicht wahlberechtigt, aber sie haben eine Stimme. Und die muss gehört werden." Luisa Galli
Auch die eigene Vergangenheit motiviert die Schülerin: "Ich hatte keine perfekte Kindheit - und genau deswegen möchte ich anderen eine bessere ermöglichen."
Tagsüber Schule, abends Anträge schreiben
Dass ihr Engagement viel Kraft kostet, verschweigt die Schülerin nicht. "Klar sitze ich auch mal abends um zehn Uhr da und schreibe Anträge - das ist nicht immer einfach. Aber ich weiß ja, wofür ich es tue."

Madleine Brandt, Geschäftsführerin des Jungen Rats, begleitet Galli seit 2021. "Sie brennt für ihre Themen. Wenn sie sich etwas vornimmt, dann recherchiert sie alles, schaut, was möglich ist - Antrag schreiben, Öffentlichkeit schaffen, Mitstreitende gewinnen." Auch im Team sei Galli präsent: "Sie ist bei den anderen, nimmt sie mit und begeistert sie für ihre Ideen." Die junge Kielerin scheint angetrieben vom Prinzip der Selbstwirksamkeit. Sie möchte etwas tun.
Die Wut transformieren
"Natürlich gibt's so viele Umstände in der Welt, die schwer zu ertragen sind, aber am Ende können wir jeden Tag aufstehen und die Entscheidungen für uns und unser Leben treffen", sagt sie. Galli führt aus, wie sie den "Mikrokosmos Schule" gezielt dafür nutze, um die Gefühle, die sie in sich trage, zu verarbeiten und in Aktion zu kommen.
"Ich möchte meine Wut, die ich damals auf die Umstände in meiner Kindheit verspürt habe, nicht irgendwie in mir tragen, sondern kanalisieren, in dem ich politisch aktiv werde und anderen Mut gebe." Luisa Galli
Eine Stimme, die laut und solidarisch ist
Aktuell ist Luisa Galli weiterhin aktives Mitglied im Jungen Rat. Auch ist sie das jüngste Mitglied des Bündnisses für die junge Generation unter der scheidenden Bundesjugendministerin Lisa Paus. Darüber hinaus geht sie regelmäßig an andere Schulen und hält Reden zum Thema Selbstwirksamkeit. Sie selbst möchte eine Stimme für diejenigen sein, die sich (noch) nicht trauen.
"Ich kann Kritik gut aushalten, weil ich weiß, dass die nach mir es vielleicht ein bisschen leichter haben." Luisa Galli
Für die Schülerin, die in ihrer Kindheit viel bewältigen musste, wurde politisches Engagement zum Motor. Jetzt wird sie ausgezeichnet - für eine Stimme, die laut ist und solidarisch. Für die, die es wirklich brauchen: Kinder und Jugendliche.
