Süderbrarup: Wo ausgezeichneter Stollen gebacken wird
Das Rezept für den Butterstollen ist mehr als 100 Jahre alt. Annegret Ebsen-Diekerts Großvater hatte es einst aufgeschrieben, der Vater entwickelte es weiter und die Bäckermeisterin perfektionierte es: "Stollen mache ich immer selber. Da liest man zwar im Rezept ab 20 Gramm Macisblüte - da muss man Fingerspitzengefühl haben. Als ich hier anfing, sagten die zu mir 'Eine Schaufel hiervon und eine Schaufel davon' - dann musste ich das erstmal auswiegen."
Den Familienbetrieb übernehmen? Auf jeden Fall!
Heute darf der Stollen als ausgezeichnetes Produkt verkauft werden. Ebsens Butterstollen trägt das Gold-Prädikat des Deutschen Brot Instituts. Doch der Weg dahin war schwierig. Annegret Ebsen-Diekerts erste Stollenprüfung ging allerdings gründlich daneben. Aber aus Fehlern lernt man, findet die Bäckermeisterin: "Danach hab ich mich richtig reingekniet."
Für die Süderbraruperin war immer klar, dass sie in der Bäckerei arbeiten will. Auch wenn ihre Eltern ihr das ausreden wollten. Ebsen-Diekerts Mutter und auch ihre Lehrerin meinten, dass sei viel zu anstrengend. "Aber mir macht das Spaß, ich habe es bis heute nicht bereut." Als ihr Vater unerwartet vor 35 Jahren stirbt, übernimmt sie den Familienbetrieb.
"Kann ich mal den Mann sprechen?"
"Es war schwierig - weil ich mega-jung war, ich war 21." Für die gerade frisch gebackene Bäckermeisterin war die Eingewöhnungszeit mehr als kurz. 14 Tage nach ihrer Meisterprüfung starb der Vater und plötzlich hatte eine Frau das Sagen in der Süderbraruper Bäckerei Ebsen. Frauen im Bäckerhandwerk - Annegret Ebsen-Diekerts wurde mehr als einmal gefragt, ob "man mal den Mann sprechen könnte." Mittlerweile hätten sich aber alle an die Chefin gewöhnt.
Zukunft der Familienbäckerei ist noch ungewiss
Ob ihre eigene Tochter den Familienbetrieb einmal übernimmt, ist noch unklar. Nachwuchsprobleme kennt Annegret Ebsen-Diekert aber nicht. Mittlerweile backen drei Auszubildende plus junge Gesellen in ihrem Team. Bäcker Hauke Detlefsen kann sich kaum einen besseren Arbeitgeber vorstellen: "In den großen Betrieben ist immer Vollgas, da setzt du nur Brötchen ab. Hier machst du noch alles selber, hier machst du noch Handarbeit. Und die Qualität ist es, was es nachher ausmacht."
Für einen guten Stollen braucht man viel Geduld
Bis der goldige Stollen in den Verkauf gehen kann, vergeht aber einige Zeit: Zwei Tage dauert es, die Rosinen einzulegen, den Vorteig anzusetzen und das Backen an sich. Und dann nochmal fünf Tage Ruhezeit - dann hat der Butterstollen das richtige Aroma. Weihnachtshandwerk kostet Zeit. Trotzdem sagt Bäckermeisterin Annegret Ebsen-Diekert: "Der Stollen ist das i-Tüpfelchen. Der gehört einfach dazu." Genau wie vor mehr als 100 Jahren - nur jetzt mit dem Fingerspitzengefühl der Bäckermeisterin aus Süderbrarup von heute.
