Pflegeheime: Mehr Tests und mehr Stress
Pflegeheime sollen ihre Mitarbeitenden zweimal pro Woche testen. Das sorgt bei den Einrichtungen für Herausforderungen.
von Julia Schumacher und Constantin Gill
Der "Flaschenhals" sei das Personal, hatte Gesundheitsminister Garg Anfang der Woche gesagt, als er seine Pläne für die Schnelltests in Pflegeheimen vorstellte. Sie sollen zweimal wöchentlich die gesamte Mitarbeiterschaft mit Antigentests scannen. Während die Tests an sich inzwischen besser zu bekommen sind, bleibt das Personal in den Einrichtungen knapp.
"Ein bisschen tricky" werde es jetzt werden, sagt Jens Meier, Leiter des Seniorenparks Villa Carolath in Langstedt im Kreis Schleswig-Flensburg. Die geplanten Tests müssen mit dem Dienstplan abgeglichen werden. Die Test-Termine so auf die Woche verteilt werden, dass etwas Zeit dazwischen ist.
Meier kümmert sich selbst um die Tests, zusammen mit einer Pflegefachkraft. Corona habe den Alltag im Pflegeheim "massiv verändert", sagt Meier. Bis zur vergangenen Woche haben sie alle Mitarbeitenden einmal wöchentlich getestet. Und die Besucher. Nun sollen die gesamten 122 Mitarbeitenden also zweimal die Woche getestet werden.
Einrichtungen: Personal ist knapp
Ähnliches berichtet Martin Kähler, der zwei Einrichtungen in Pinneberg leitet. Fünf seiner Fachkräfte haben sich schulen lassen und kümmern sich um die Tests. Wenn das Personal zweimal pro Woche getestet werden soll, dann können diese geschulten Mitarbeitenden fast nichts anderes mehr machen, erzählt Kähler.
Er spricht dennoch von einer "guten Erstmaßnahme", die für die Einrichtung allerdings eine "zusätzliche Herausforderung" sei. Denn auch schon vor Corona war das Personal knapp. Und Anna Krüper vom Pflegeheim Tabea Diakonie in Burg auf Fehmarn sagt: "Bei uns testet die Pflegedienstleitung, das kostet sie dann einen ganzen Tag."
Bisher gab es vom Land nur eine Empfehlung, die Mitarbeitenden alle ein bis zwei Wochen zu testen. Nun gibt es eine "Soll"-Verordnung. Manche Pflegeheime haben, das zeigt eine Abfrage bei den Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein, schon in den vergangen Wochen regelmäßig getestet - einige sogar in größerem Umfang als vorgesehen - andere dagegen fangen bei Null an.
Nicht alle schaffen zusätzliche Tests
Wieder andere melden den Kommunen ihre Probleme zurück. Aus Neumünster etwa heißt es: "Große Sorge macht derzeit die Vorgabe, das gesamte Personal zweimal pro Woche testen zu müssen." In einigen Fällen aus dem Kreis Ostholstein heißt es, "der vorgesehene Testaufwand kann dort nicht immer geleistet werden." In Rendsburg-Eckernförde reagiert der Kreis auf die dünne Personaldecke in den Heimen und schickt 20 freiwillige Helfer der Johanniter in die Einrichtungen - dort sollen sie die Schulungen des Personals unterstützen.
DRK-Vorstand Anette Langner sieht die Pflegeheime unter Druck: "Wie sollen die Einrichtungen von heute auf morgen eine ganze Testmaschinerie aufbauen?", fragt sie sich. Diejenigen, die die Tests bei den Mitarbeitenden oder auch den Angehörigen in den Heimen machen können, sollen erfahren und geschult sein. Das seien nun mal die Pflegefachkräfte, und die würden dringend für andere Aufgaben gebraucht, so Langner. Auch andere Träger wünschen sich mehr Unterstützung.
Notrufe und mögliche Hilfe von der Bundeswehr
Die Pflegeberufekammer berichtet von "Notrufen" aus den Einrichtungen. Die Kammer will mit einer Internetplattform helfen, Fachpersonal zu finden. Unter pflegereserve.de haben sich bis Mittwochnachmittag in Schleswig-Holstein 25 Interessierte gemeldet. In Hamburg sind es schon mehr als 100, berichtet Kammerpräsidentin Patricia Drube. Gesucht werden Fachkräfte, die momentan nicht in einem Pflegeberuf arbeiten, Teilzeitkräfte oder Medizinstudenten. Auch Heilpraktiker könnte sich Drube als Verstärkung vorstellen. Die Tests in Pflegeheimen sind aus Drubes Sicht "absolut notwendig".
Das Land hilft finanziell - insgesamt 1,3 Millionen Euro sind dafür gedacht, das Personal im Umgang mit den Schnelltests zu schulen. Möglich ist es nach Angaben des Landes auch, die Bundeswehr um Unterstützung zu bitten. "Dies betrifft aber nicht Tests, sondern entlastende Assistenz-Tätigkeiten."
Damit wäre Jens Meier schon geholfen. Der Leiter des Seniorenparks Villa Carolat erzählt, dass im Moment vieles liegen bleibt. Die Dokumentation etwa. Aber: "Wichtig ist für uns, die Sicherheit der Bewohner so weit wie möglich zu gewährleisten", sagt Meier. Die Corona-Schnelltests seien dafür der größte Baustein.
