Opposition: Schwarz-grüner Koalitionsvertrag zu unkonkret
Gestern wurde die Regierung vereidigt - am Donnerstag hatte die Opposition im Landtag ihren ersten großen Auftritt. SPD, FDP und SSW hatten gemeinsam eine Aktuelle Stunde beantragt - zum Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün.
Den Auftakt in der Aktuellen Stunde im Landtag machte der neue Oppositionsführer - einen Tag nach der Vereidigung der neuen Landesregierung. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Losse-Müller griff die schwarz-grüne Regierungskoalition um Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der aus gesundheitlichen Gründen nicht im Landeshaus anwesend war, wegen der neuen Aufteilung der Ministerien an: "Es ist offensichtlich, dass sich der Ressortzuschnitt dieser Regierung nicht am Wohl des Landes, sondern an schwarz-grüner Machtlogik orientiert hat."
Auch am Koalitionsvertrag ließ er kaum ein gutes Haar. Die SPD habe auf der Suche nach den Antworten auf die Fragen dieser Zeit nichts konkretes gefunden - lediglich 144 Prüfaufträge.
Losse-Müller: Regierungspartei sind sich nicht einig
Ein Versprechen in neue Ideen und Zukunftskonzepte sehe Losse-Müller bei Themen wie digitale Souveränität, Investitionsgesellschaften für Klimainvestitionen oder Reform der Wohnraumförderung nicht. "Ihre Prüfaufträge sind im Wesentlichen Schiebeverfügungen für altbekannte Zielkonflikte, weil sie sich nicht einig sind. Viele Ziele und wenige Lösungen. Das ist offensichtlich Methode", so der SPD-Fraktionsvorsitzende, für den es die erste Rede im Plenarsaal war. In dieselbe Kerbe schlugen auch die beiden anderen Oppositionsparteien FDP und SSW. Sie monierten, dass es zu viele Prüfanträge im Koalitionsvertrag gebe, aber zu wenig Konkretes. "Wir werden Sie an Ihren Leistungen messen", sagte SSW-Fraktionschef Lars Harms in Richtung Regierung. Losse-Müllers Fazit: Die Regierung sei für die anstehenden Aufgaben nicht gerüstet. Er warf ihr Wohlfühlpopulismus vor.
Heinold vertritt Günther
Das wollte Monika Heinold (Grüne) so nicht stehen lassen. Die Finanzministerin und erste stellvertretende Ministerpräsidentin vertrat den erkrankten Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) als Regierungschef. Regierungsarbeit sei eben das Gegenteil von Wohlfühlpopulismus. Auch eine Regierungserklärung soll es nach der Sommerpause geben. Auf Basis des Koalitionsvertrages werde ein Arbeitsprogramm erstellt. "Wir stehen vor Herausforderungen historischer Dimension", sagte die Finanzministerin unter Hinweis auf den Ukraine-Krieg, die Inflation, hohe Energiepreise, Pandemie und Klimawandel. Sie verteidigte außerdem den kritisierten Zuschnitt der Ministerien: Das zusätzliche Personal in der Regierung sei mit Blick auf die großen Herausforderungen der kommenden Jahre nötig, so Heinold.
FDP: Günther wolle Chance auf Kanzlerkandidatur bewahren
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt sagte dem Land sehr harte Jahre voraus. Einfach Kurshalten reiche bei weitem nicht aus, meinte er in Anspielung auf Günthers Wahlkampfmotto. Dieser habe seine Ex-Minister Heiner Garg und Bernd Buchholz immer wieder über den grünen Klee gelobt, sie aber dann vor die Tür gesetzt. Günther habe eine große Mehrheit und eine kleine Opposition haben wollen, sagte Vogt. "Er möchte everybodys Darling bleiben, damit er seine kleine Chance auf die Kanzlerkandidatur bewahren kann."
Schwarz-Grün werde eine Koalition der Gegensätze sein. Die Trennung von Landwirtschaft und Umwelt bedeute Dauerstreit. Das Zusammenlegen von Justiz und Gesundheit sei daneben, Ministerin Kerstin von der Decken nicht als Verfechterin der Bürgerrechte aufgefallen.
Petersdotter: Vorreiter im Klimaschutz
Grünen-Fraktionsvorsitzender Lasse Petersdotter verteidigte das frische Bündnis. Er sieht in der neuen Regierung ein Gesellschaftsbündnis, das breite Teile der Gesellschaft bereits auf der Arbeitsebene abdeckt. "Um so zu Kompromissen zu kommen, die wirklich auch in unruhigen Zeiten für Stabilität sorgen können", sagte der Grünen-Politiker. Außerdem kenne man sich aus der Regierungsarbeit der vergangenen fünf Jahre. "Wir haben gezeigt, dass wir in einer der größten Herausforderungen der jüngeren Geschichte in der Lage sind, auch das zu regieren und zu regulieren, was nicht vorher in Wahlprogrammen stand", so Petersdotter, der Schleswig-Holstein zu der Klimaschutz-Pionierregion weiterentwickeln will.
Koch: Schleswig-Holstein soll Industrieland werden
Neben Kritik am neuen Regierungsbündnis ging es in der Aktuellen Stunde aber auch um konkrete Inhalte. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch will Schleswig-Holstein zu einem Industrieland machen. Dazu müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien ambitioniert vorangetrieben werden, "um nach dem Strom- auch den Wärme- und Verkehrssektor regenerativ zu versorgen können". Gleichzeitig benötige das Land eine Ansiedlungsstrategie, damit Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Land entstehen, so Koch. Und Schwarz-Grün bringe diese beiden Pole zusammen und sorge gleichzeitig für die gesellschaftliche Akzeptanz, um diesen Weg zu gehen.
Streit um Straßenbaubeiträge
Im Parlament wurde, wie in der vergangenen Legislaturperiode auch schon, über die Straßenbaubeiträge gestritten. In einigen Kommunen können immer noch die Bürgerinnen und Bürger beteiligt werden. Das bedeutet für die Betroffenen vielfach Belastungen von mehreren Tausend Euro. Momentan gilt eine Kann-Regelung, die Kommunen können selbst darüber entscheiden. SPD, SSW und FDP wollen diese Beiträge möglichst zügig abschaffen. SPD-Finanzpolitikerin Beate Raudies sagte, die Städte und Gemeinden seien von der Landesregierung nicht so ausgestattet worden, um die Kosten tragen zu können. Eine echte Wahlmöglichkeit hätten nur Kommunen, die finanziell gut aufgestellt seien.
CDU- Finanzpolitiker Ole-Christopher Plambeck hingegen sagte zur aktuellen Regelung: Mehr Flexibilität gehe nicht, die Kann-Regelung stärke die kommunale Selbstverwaltung. Man müsse auch die Haushaltslage des Landes im Blick halten. Das Thema soll nun im Ausschuss weiter beraten werden.