Stand: 29.08.2022 23:11 Uhr

Vorwürfe gegen NDR SH: Landesrundfunkrat will umfassende Prüfung

Mitglied des Rundfunkrats Schleswig-Holstein, Laura Pooth. © NDR Foto: Cordula Kropke
Laura Pooth vom DGB Nord ist die Vorsitzende des Landesrundfunkrats Schleswig- Holstein.

Der Landesrundfunkrat hat sich am Montagabend mit schweren Vorwürfen gegen Führungskräfte des NDR Schleswig-Holstein beschäftigt. In der Sondersitzung beschloss das unabhängige Kontrollgremium für die Programmarbeit eine objektive und umfassende Prüfung. “Wir als alleinzuständiges Kontrollgremium werden diese Prüfung durchführen und dort wo es notwendig ist externen Sachverstand hinzuziehen", heißt es in einer Mitteilung des Landesrundfunkrats vom späten Abend.

In mehreren Medien war Kritik an der politischen Berichterstattung des Landesfunkhauses aufgekommen und die Frage aufgeworfen worden, ob das Programm politisch beeinflusst worden ist. Konkret geht es unter anderem darum, ob einzelne NDR Mitarbeiter nicht genug Distanz zu Politikern halten. Der NDR hat diese Vorwürfe zurückgewiesen.

Kontrollgremium: “Wir nehmen die erhobenen Vorwürfe sehr ernst"

“Wir nehmen die erhobenen Vorwürfe sehr ernst. Es darf selbstverständlich keine politischen Filter oder eine Arbeitsumgebung geben, die die unangemessene Einflussnahme oder das Durchregieren Einzelner ermöglicht", sagte die Landesrundfunkratsvorsitzende Laura Pooth. "Die Mitglieder des Gremiums werden dafür die notwendigen Unterlagen und Informationen einholen und die erforderlichen Gespräche führen. Dabei werden sämtliche Beratungen und Beratungsergebnisse vertraulich gehalten." Die Vorsitzende des Landesrundfunkrats wird anlassbezogen über den Fortgang berichten und nach Beendigung des Prüfverfahrens die Ergebnisse veröffentlichen, heißt es in der Mitteilung weiter.

Am frühen Abend hatten mehr als 70 Mitarbeitende von NDR Schleswig-Holstein einen Brief an den Funkhausdirektor verfasst. Es heißt, dass sie lückenlose Aufklärung fordern. Der Brief war nach Wunsch der Initiatoren nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, ist aber inzwischen an die Medien durchgesickert.

Ausgangspunkt: Berichterstattung um Grote-Rücktritt im Jahr 2020

Im Zentrum steht der journalistische Umgang mit dem Konflikt zwischen dem zurückgetretenen Innenminister Hans-Joachim Grote und Ministerpräsident Daniel Günther (beide CDU) im Jahr 2020. Innerhalb der Redaktion des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein gab es im Mai 2020 unterschiedliche Auffassungen bezüglich eines eventuellen Interviews mit Grote kurz nach dessen Rücktritt.

Grote hatte einem Redakteur ein Interview zugesagt. Allerdings waren der damalige Fernsehchef und heutige Chefredakteur von NDR Schleswig-Holstein, Norbert Lorentzen, und die Politikchefin Julia Stein anderer Meinung als der Reporter. Sie wollten zu diesem Zeitpunkt erst noch die Recherche abwarten und das Interview nicht führen. Der Reporter wandte sich wegen des Konflikts an eine Art Schlichter-Gremium im NDR - den Redaktionsausschuss.

Es ging bei dem Thema im Kern um die Frage: Hätte das Interview mit Herrn Grote zu diesem Zeitpunkt geführt werden müssen? Der Redaktionsausschuss kommt in seiner abschließenden Bewertung vom Dezember 2021 zu dem Ergebnis: Ja, das Interview hätte geführt werden müssen, da auch Interviews durchaus eine Form der Recherche darstellen. Die Redaktionsleitung im NDR Landesfunkhaus Schleswig-Holstein kommt zu der Bewertung: Nein, es war richtig, vorerst keine Interviews allein auf Basis unbelegter Informationen anzufragen, sondern zunächst die Recherche fortzusetzen.

Der Redaktionsausschuss ermittelte wegen des Verdachts auf politische Einflussnahme im NDR und konnte ihn nicht ganz ausräumen. Das Gremium sah im Umkehrschluss aber auch keine Bestätigung für die politische Einflussnahme.

Es gibt inzwischen aber auch andere Vorwürfe - beispielsweise soll die Berichterstattung über einen Unfall des CDU-Politikers Hans-Jörn Arp unter Alkoholeinfluss 2019 von NDR Schleswig-Holstein verschleppt worden sein. Der NDR hat es inzwischen als Fehler eingeräumt, anfangs nicht berichtet zu haben. Auch von einer "vergifteten Atmosphäre in den Redaktionen" und "einem Klima der Angst" ist in der aktuellen Berichterstattung die Rede.

Weitere Informationen
Das Landesfunkhaus des NDR in Kiel in der Morgendämmerung © NDR/ Foto: Christian Spielmann

Die NDR Berichterstattung zum Grote-Rücktritt

In einem Medienbericht werden schwere Vorwürfe gegen den NDR Schleswig-Holstein erhoben. Der NDR stellt die damalige Berichterstattung zur Verfügung. mehr

NDR Logo © NDR

NDR-Stellungnahme zum „business insider“-Artikel

Den Vorwurf, es gäbe einen „politischen Filter“ im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein, weist der NDR zurück. Die Berichterstattung ist unvoreingenommen und unabhängig. mehr

Blick auf das Zentrum von Kiel mit Rathaus, St. Nikolaikirche und Schifffahrtsmuseum © NDR Foto: Kathrin Weber

Landesrundfunkrat Schleswig-Holstein

Die Mitglieder im Porträt mehr

NDR Landesfunkhaus in Schwerin.

Die Landesrundfunkräte

Dem Landesrundfunkrat gehören die Mitglieder des jeweiligen Landes im Rundfunkrat an. mehr

Dieses Thema im Programm:

29.08.2022 | 19:30 Uhr

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Mehrere Camping/Reisemobile stehen an einem Strand © NDR Foto: Hauke Bülow

Festival: Vanlife-Szene trifft sich auf Fehmarn

Zum ersten Mal findet das Stormy Ocean Festival statt. Bis Sonntag ist Zeit zum Fachsimpeln und Austauschen. mehr

Videos