Kredite: Schleswig-Holstein will kleine und mittelständische Unternehmen entlasten
Mit Darlehen will die Landesregierung kleine und mittelständische Unternehmen angesichts der Energiekrise entlasten. Ab dem 1. November können Anträge gestellt werden. Schleswig-Holstein ist damit das erste Bundesland, das ein eigenes Kreditprogramm auflegt.
Unternehmerinnen und Unternehmer, die wegen der steigenden Energiekosten in wirtschaftliche Schieflage geraten, können ab dem kommenden Dienstag Darlehen aus einem neuen Förderprogramm des Landes beantragen. Insgesamt 200 Millionen Euro sollen dafür bereit gestellt werden, bestätigte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein.
Land übernimmt Bürgschaft für Darlehen
Das Programm läuft nach Angaben des Ministerium über die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) gemeinsam mit den Hausbanken. Dabei trägt die Hausbank ein eigenes Risiko von mindestens 10 Prozent, die restlichen 90 Prozent übernimmt die IB.SH. Das Land übernimmt dafür eine Bürgschaft als Rückversicherung für die Investitionsbank.
Die Darlehen seien für Unternehmen gedacht, die in Folge der gestiegenen Energiepreise in finanzieller Not sind, aber bei ihrer Hausbank unter den aktuellen Rahmenbedingungen keinen Kredit bekommen würden, so das Wirtschaftsministerium. Die Energiekosten müssen dabei im letzten Geschäftsjahr mindestens drei Prozent des Gesamtumsatzes betragen haben und sich zwischen November 2022 und Oktober 2023 im Vergleich zum letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr mindestens verdoppelt haben.
Förderung: Bis zu 750.000 Euro pro Unternehmen
Die Fördersumme richtet sich nach der Höhe der Energiekosten, die das betreffende Unternehmen im Vergleich zum letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr mehr zahlen muss. Gefördert wird dabei maximal eine Vervierfachung der Kosten. Außerdem darf die Darlehenssumme höchstens ein Viertel des Gesamtumsatzes des letzten angeschlossenen Geschäftsjahres betragen. Unternehmen können so bis zu 750.000 Euro beantragen, Existenzgründerinnen und -gründer maximal 500.000 Euro.
Die Laufzeit der Darlehen kann auf höchstens zwölf Jahre ausgereizt werden - zunächst ist die Förderung für fünf Jahre angelegt, dann sind weitere sieben Jahre als Anschlussfinanzierung möglich. Für die fünfjährige Laufzeit werden die Zinsen für die Refinanzierung laut Wirtschaftsministerium bei 3,75 Prozent liegen.
Finanzielle Unterstützung für gemeinnützige Organisationen geplant
Das Darlehensprogramm sei als Ergänzung zu den Maßnahmen des Bundes gedacht, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. "Wir wollen mit unserem Programm vor allem sicherstellen, dass besonders bonitätsschwache kleine und mittlere Unternehmen in Schleswig-Holstein in den kommenden Monaten bestehende Liquiditätslücken decken können, um so überhaupt das Inkrafttreten der Gaspreisbremse zu erleben", sagte Minister Claus Ruhe Madsen (parteilos) im Landtag. Er geht davon aus, dass noch im November die ersten Darlehen ausgezahlt werden.
Gemeinnützige Organisationen, die nicht wirtschaftlich tätig sind, können die Darlehen nicht beantragen. Für diese Organisationen soll unter Leitung des Sozialministeriums ein Alternativprogramm aufgelegt werden.
UV Nord fordert weitere Entlastungen
Beim Unternehmensverband Nord stößt das Darlehensprogramm auf Zustimmung. Hauptgeschäftsführer Michael Thomas Fröhlich fordert jedoch weitere Unterstützung und sieht auch den Bund in der Pflicht. Betrieben müsse es unter anderem leichter gemacht werden, Kurzarbeit zu beantragen. Auch Einmalzahlungen würden helfen.
Auf Landesebene wünscht sich Fröhlich einen Energiekrisen-Manager, der die Unterstützungsangebote koordiniert. Dieser müsse eine Bedarfsanalyse machen, wo und in welcher Form Hilfen benötigt werden. Auf dieser Grundlage müssten dann die Zuständigkeiten bei Bund, Ländern und Förderbanken geregelt werden. Die Informationen zu den Hilfsangeboten sollten laut Fröhlich gebündelt und leicht verständlich zur Verfügung gestellt werden.
Auch IHK fordert weitere Unterstützung
Von der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein heißt es, dass das Darlehensprogramm ein Schritt in die richtige Richtung sei, um Betrieben zu helfen, die in der Energiekrise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Aber diese Unterstützung wird laut IHK wohl nicht ausreichen, weil viele Unternehmen noch immer mit den Folgen der Corona-Pandemie kämpfen und die Finanzreserven aufgebraucht seien. Außerdem können die Kredite nur helfen, wenn sich die Energiepreise langfristig wieder beruhigen.
Opposition: Konditionen für Unternehmen unattraktiv
Die FDP befürwortet das Darlehensprogramm für kleine und mittelständische Unternehmen ebenfalls, hätte sich aber mehr gewünscht. Das Finanzministerium habe "Fallstricke" eingebaut, die das Beantragen der Mittel unattraktiv machen, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher Bernd Buchholz. Zudem laufe die Finanzierung und Abwicklung komplett über die IB.SH. "Die Landesregierung lässt sich für ein Programm feiern, für das sie keinen einzigen Cent zur Unterstützung unserer Wirtschaft ausgibt." Im Corona-Mittelstandsfonds sei das besser gelöst worden. Die SPD-Fraktion befürchtet, dass die Zins-Konditionen von 3,75 Prozent viele Betriebe abschrecken und sie die Darlehen deshalb gar nicht erst beantragen.