Mehrere Häuser stehen am Ufer der Elbe in Lauenburg bei strahlender Sonne. © NDR

Hochwasserschutz für Lauenburgs Altstadt dauert noch Jahre

Stand: 22.07.2022 05:00 Uhr

Die Menschen in der Lauenburger Altstadt warten weiter auf einen zuverlässigen Hochwasserschutz. Neun Jahre nach der verheerenden Flut wäre der Ortskern bei ähnlichen Hochwassern noch immer ungeschützt.

Es war ein Hochwasser mit Ankündigung, das 2013 auf Lauenburg zurollte. Nach heftigen Regenfällen im Süden und Südosten Deutschlands sowie in Tschechien, trat die Elbe zunächst dort über die Ufer. Tagelang arbeitete sich die Flut hinauf in Richtung Nordsee. Zahlreiche Ortschaften mussten evakuiert werden und wurden überflutet. In Lauenburg bereiteten sich die Menschen auf eine ähnliche Situation vor. Zehntausende Sandsäcke wurden befüllt und in der Stadt aufeinander getürmt. Am 12. Juni erreichte die Elbe in der Stadt dann ihren Höchststand von 9,64 Metern. Normal ist ein Pegel von ca. 4,50 Metern. Zahlreiche Häuser in der Innenstadt wurden überflutet und standen tagelang unter Wasser. Der Schaden, allein in Lauenburg: Rund 27 Millionen Euro.

Hochwasserschutz mit Hürden

Straßenschilder "Elbuferweg" und "Elbuferpromenade" stehen fast komplett unter Wasser in Lauenburg bei der Flutkatastrophe 2013. © NDR
So sah es auf Lauenburgs Straßen beim Hochwasser 2013 aus.

Seit der Flut 2013 arbeiten Stadt und Land nun an einer neuen Lösung für den Hochwasserschutz in Lauenburg. Doch dies gestaltet sich äußerst kompliziert und so ist auch heute noch unklar, wie genau der technische Hochwasserschutz künftig aussehen soll. "Es ist aber auch schon einiges passiert", erklärt Reinhard Nieberg, der Leiter des Stadtentwicklungsamtes. Er begleitet den Prozess von Anfang an. Inzwischen sei das Lauenburger Industriegebiet geschützt. Dafür wurde laut Nieberg unter anderem ein Deich saniert. "Aber gerade der Bereich unserer historischen Altstadt steht noch ungeschützt da. Käme jetzt ein Flusshochwasser der Elbe, dann wäre wieder der Sandsack das Mittel der Wahl", räumt er ein.

Individuelle Lösungen auf Privatgrundstücken

Eine computergenerierte Grafik zeigt wie Hochwasserschutz in Lauenburg aussehen könnte. © NDR
Eine computergenerierte Grafik zeigt wie Hochwasserschutz in Lauenburg aussehen könnte.

Es habe in den vergangenen Jahren viele Debatten gegeben, bis sich alle Beteiligten auf ein Grundkonzept geeinigt hätten. Hintergrund ist unter anderem, dass der neue Hochwasserschutz auch auf vielen Privatgrundstücken errichtet werden muss. Rund 150 Häuser und Grundstücke mit ihren Eigentümern sind betroffen. Für jedes Haus oder jede Häusergruppe mussten individuelle Lösungen gesucht und gefunden werden, erläutert der Amtsleiter. Für die Ingenieure, die Wasserwirtschaftler und auch die Denkmalschützer sei das eine riesige Herausforderung. Inzwischen seien aber alle bürokratischen Hürden überwunden, verspricht Nieberg.

Fertigstellung frühestens Ende des Jahrzehnts

Nun arbeiten Ingenieure und Denkmalschützer gemeinsam an einem endgültigen Konzept. Baumaßnahmen sind in der historischen Altstadt allerdings noch nicht zu sehen. Geplant ist ein fester Hochwasserschutz, der Lauenburg bis zu einem Pegel von 10,40 Metern schützen soll. "Sollte das Wasser noch höher steigen, kann der Schutzwall mit mobilen Systemen noch um 60 Zentimeter aufgestockt werden", erklärt der Leiter des Stadtentwicklungsamtes. Wie die neue Mauer konkret aussieht, das hänge von den Gegebenheiten vor Ort ab, also auf den einzelnen Grundstücken. Nieberg rechnet damit, dass im kommenden Jahr in den ersten Bereichen am neuen Schutzwall gebaut wird. "Im eigentlichen Altstadtkern gehen die Arbeiten voraussichtlich aber nicht vor 2026 oder 2027 los". Und so dürfte Lauenburg vor 2030 noch keinen fertigen Hochwasserschutz für seine Altstadt haben. "Wir sind selbst überrascht davon, dass das so lange dauert", meint Nieberg.

Betroffene fordern Übergangslösung

Die "Betroffenengemeinschaft Hochwasser" in Lauenburg macht seit Jahren Druck und hofft auf einen schnellen Schutz. Aber die Bürokratie in Deutschland mache solche Planungen sehr kompliziert, so Jörg Sönksen, der selbst in "zweiter Reihe" wohnt. Sönksen und seine Mitstreiter fordern einen "temporären Schutz", solange das neue Bauwerk noch nicht steht. Eine Idee: Die Twieten, also die kleinen Gänge, die zur Elbe führen, sollten im Hochwasserfall abgesperrt werden können, fordert Sönksen. Gleiches sollten seiner Meinung nach für die Regenwasserleitungen gelten, die das Wasser von oben in Richtung Elbe führen. So könne verhindert werden, dass Elbwasser von unten in die Stadt drückt. "Aber da sehe ich noch keine Zwischenlösungen", so Sönksen. "Ich versuche zu verstehen, warum das so lange dauert. Ich hoffe nur, dass das Hochwasser auch dieses Verständnis aufbringt und so lange wartet, bis der Hochwasserschutz funktioniert".

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 22.07.2022 | 19:30 Uhr

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