Stand: 23.06.2020 08:46 Uhr

Grote-Rücktritt: Stegner zweifelt an Günthers Gründen

Für Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ist klar, warum Ex-Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) zurücktreten musste: Vertrauensverlust. Grote habe ihn falsch über dessen Kommunikation mit einem ehemaligen Polizeigewerkschafter und einem Journalisten informiert, so Günther im April. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner hat an dieser Version nun weitere Zweifel angemeldet und über das Ergebnis einer Akteneinsicht informiert.

Erster Entwurf einer Presseerklärung mit anderen Gründen

Stegner stützt seine Zweifel an den Gründen für den Grote-Rückzug auf einen ersten Entwurf einer Presseerklärung zum Rückzug oder Rücktritt Grotes. In diesem Entwurf, der sich in den Akten befindet, werden andere Gründe angeführt. Es sei die Rede davon gewesen, dass Grote unter anderem für Zwist in der Landespolizei durch Personalentscheidungen gesorgt habe. Dieser Entwurf sei mehrfach verändert worden - auch noch am Tag des Grote-Rücktritts. Die Vorwürfe aus dem ersten Entwurf seien dann aber in der endgültigen Fassung nicht mehr enthalten gewesen. Für irritierend hält es Stegner außerdem, dass ein Entwurf der Rücktrittserklärung auch an die leitende Oberstaatsanwältin Hess gegangen sei - mit dem Betreff "wie abgesprochen". Aus der Staatskanzlei heißt es dazu, es sei lediglich um eine juristische Bewertung durch die Staatsanwaltschaft gegangen.

Ministerpräsident soll weitere Fragen beantworten

Die abschließend gemachten Vorwürfe gegenüber Grote hält Stegner für nicht bewiesen. Aus den Akten ergebe sich nicht, dass der ehemalige Innenminister vertrauliche und persönliche Informationen ausgetauscht habe. Stegner will dem Ministerpräsidenten jetzt einen Fragenkatalog übersenden und hofft auf eine schnelle Beantwortung. Ihm sei schon bewusst, dass ein Regierungschef einen Minister auch ohne Angaben von Gründen entlassen könne. Wenn er aber Gründe nenne, müssten sie auch stimmen, so Stegner.

CDU wirft Stegner Skandalisierung vor

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Ganz anders sieht das der Vorsitzende der CDU-Landesfraktion, Tobias Koch. Er bemängelt, dass Stegner keine neuen Fakten auf den Tisch gelegt habe und Skandalisierung betreibe: "Allein die Aneinanderreihung von konstruierten Verdachtsmomenten macht noch keine neue Meldung", so Koch. Die wahrscheinlichste Erklärung für den Rücktritt Grotes sei die von Ministerpräsidenten Günther dargestellte.

FDP: Zweiten BeStra-Bericht hätte es nicht geben dürfen

Auch der innenpolitische Sprecher der FDP, Jan-Marcus Rossa, sieht nach Akteneinsicht ausreichend Gründe für die Entscheidung Günthers, Grote zu entlassen: "Ich bin zum Ergebnis gekommen, dass das, was uns der Ministerpräsident zu den Hintergründen des Rücktritts von Herrn Grote gesagt hat, bestätigt wird", so Rossa. Für ihn stelle sich allerdings die Frage, warum es den sogenannten BeStra-Bericht gegeben habe. Der Grund für den zweiten BeStra-Bericht sei für die FDP nicht erkennbar, "weil er sich ausdrücklich auch gegen den Innenminister wendet, der nicht Gegenstand eines Verfahrens gewesen ist", sagte Rossa NDR Schleswig-Holstein. Diesen Bericht habe es eigentlich gar nicht geben dürfen.

Nun interessiert Rossa aber vor allem die gesamte Kommunikation auf Grotes Diensthandy. Diese habe Grote gelöscht, als er sein Handy auf Werkseinstellungen zurückgesetzt habe. Dass das ein ehemaliger Innenminister mache, sei hoch problematisch und könne auch strafrechtlich relevant sein, so Rossa. Grote erklärte auf Anfrage, er habe nichts gelöscht, um "Kommunikation verschwinden zu lassen". Sämtliche Daten seien auf PC, im Vorzimmer-Rechner sowie auf Server bzw. Cloud in der Fachabteilung vorhanden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 22.06.2020 | 17:00 Uhr

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