Stand: 25.06.2020 13:13 Uhr

Generalstaatsanwalt: Wir machen keine Politik

von Constantin Gill

Eigentlich stand auf der Tagesordnung der Landespressekonferenz zunächst nur der Bericht über die Tätigkeit der Staatsanwaltschaften im Land - ein turnusmäßiger Termin, der sich nur durch Corona ein wenig verzögert hatte. Doch nachdem der eigentliche Teil vorbei war, nutzte Generalstaatsanwalt Wolfgang Zepter die Gelegenheit für eine Stellungnahme zu den Vorgängen rund um den Rücktritt des ehemaligen Innenministers Hans-Joachim Grote (CDU).

Zepter betont Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften

Seit dieser Woche steht der Vorwurf im Raum, die Staatsanwaltschaft Kiel hätte zu eng mit der Regierung zusammengearbeitet - so hatte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner über seine Akteneinsicht berichtet und gesagt, die Rücktrittserklärung des Innenministers sei von der Staatskanzlei mit der Kieler Staatsanwaltschaft abgestimmt worden.

"Ich glaube, dass es an der Zeit ist, ganz deutlich an dieser Stelle, zu sagen, was eigentlich die Aufgaben der Staatsanwaltschaft sind. Was die Staatsanwaltschaft macht und was sie nicht macht", sagte Zepter. Und meinte die sogenannten BeStra-Berichte - in denen die Justiz die Politik über relevante Verfahren informiert. In diesem Fall ging es um das Verfahren gegen den früheren stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft in Schleswig-Holstein, Thomas Nommensen, wegen Geheimnisverrats. Grote tauchte in Whatsapp-Chats auf.

Zepter erklärte, es sei klar geregelt, dass das Justizministerium zu informieren sei, sobald im Strafverfahren Beteiligte des öffentlichen Lebens aus dem parlamentarischen Raum oder insbesondere Minister betroffen sind. Zepter betonte: "Beteiligte des öffentlichen Lebens, nicht Beschuldigte." Es gehe darum, Justizminister "sprechfähig zu machen", erklärte Zepter weiter. Und das fortlaufend.

Weiterer BeStra-Bericht gab den Ausschlag

Aber war es im Fall Grote wirklich nötig, einen zweiten BeStra-Bericht zu fertigen - dessen Inhalt letztlich Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) dazu brachte, seinen Innenminister fallen zu lassen? Zepters Darstellung zufolge gab es im fraglichen Ermittlungsverfahren "zig" Bestra-Berichte - die seien also nicht ungewöhnlich. Auch dass die Justiz der Politik Fragen zu den Berichten beantworte, sei nicht ungewöhnlich.

Nicht der offizielle Dienstweg

Allerdings sagte Zepter auf Nachfrage, dass normalerweise erst die Generalstaatsanwaltschaft mit dem Justizministerium spreche - nicht etwa eine Staatsanwältin mit dem Regierungssprecher. Das, was also Stegner nach seiner Akteneinsicht bemängelt hatte. Zepter dazu: "Es ist, sagen wir mal, außerhalb des Dienstweges."

Den Vorwurf einer politischen Einflussnahme wies Zepter am Ende noch einmal klar zurück. "Die Staatsanwaltschaften machen keine Politik. Sie sind in politische Prozesse eingebunden, aber sie machen doch keine Politik", sagte er. "Sie entlassen keine Minister. Sie stellen keinem Minister ein Bein." Und nach einer kurzen Pause fügte er noch leise hinzu: "Abstrus."

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