Bürgerinitiative kritisiert A23-Ausbau

Stand: 26.10.2022 15:17 Uhr

28.000 Fahrzeuge weniger am Tag waren 2021 auf der A23 bei Pinneberg unterwegs - laut Autobahn GmbH durch Baustellen und Corona. Eine Bürgerinitiative sieht einen Trend und pocht auf Alternativen.

von Katharina van der Beek

Nicht mehr zeitgemäß, unnötig und eine Steuerverschwendung - so sieht die Bürgerinitiative "BIA23 für umweltfreundliche Mobilität" den geplanten sechsspurigen Ausbau zwischen dem Autobahndreieck Hamburg-Nordwest und Tornesch (Kreis Pinneberg). Schon länger regt sich Widerstand. Nun sieht sich die Bürgerinitiative in ihrer Kritik am Ausbau bestätigt.

28.000 Fahrzeuge weniger bei Pinneberg unterwegs

Die aktuelle Straßenverkehrszählung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zeigt: Auf der A23 ist der Verkehr im Vergleich von 2015 zu 2021 deutlich zurückgegangen. Zwischen Pinneberg-Süd und Pinneberg-Mitte waren 2021 täglich durchschnittlich gut 28.000 Fahrzeuge weniger unterwegs. Das ist ein Rückgang um fast 34 Prozent. Der Schwerverkehr auf diesem Abschnitt ist sogar um knapp 39 Prozent zurückgegangen.

Laut der Planungsgesellschaft DEGES, die mit dem Ausbau der A23 beauftragt ist, ist der Rückgang zu einem großen Teil auf Bauarbeiten zurückzuführen. Bis Herbst 2021 war in Richtung Süden nur eine Spur befahrbar. Viel Verkehr sei dadurch auf Bundes- und Landstraße ausgewichen. Die Corona-Pandemie habe die Entwicklung zusätzlich beeinflusst.

Trotz der Abnahme des Verkehrs rund um Pinneberg zeigen die Daten zwischen Itzehoe (Kreis Steinburg) und Heide (Kreis Dithmarschen) einen leichten Verkehrsanstieg. Ein Sprecher der Autobahn GmbH vermutet, dass durch weniger Fernreisen die Kurztrips an die Westküste zugenommen haben.

Bürgerinitiative sieht Tendenz zu weniger Verkehr

Dass die Corona-Maßnahmen Einfluss hatten, sieht auch Wolfgang Melzer von der Bürgerinitiative: "Diese Zahl vom vergangenen Jahr muss man insofern fairerweise ein bisschen vorsichtig betrachten." Im Gegensatz zur DEGES sieht er dennoch eine Tendenz zu weniger Individualverkehr. Diese müsse bei den Planungen zum Ausbau der A23 berücksichtigt werden. "Ich denke, die Erfahrungen aus der Corona-Zeit mit Homeoffice werden widerspiegeln, dass man künftig mehr Homeoffice macht, dementsprechend auch weniger Leute individuell im Pkw unterwegs sein werden."

Ein Schild weist auf eine Baustelle auf einer Autobahn hin. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Jan Woitas Foto: Jan Woitas
AUDIO: Bürgerinitiative sieht Kritik am A23-Ausbau bestätigt (1 Min)

Auch ein Nachfolge-Modell des Neun-Euro-Tickets könnte aus seiner Sicht dazu beigetragen, dass künftig mehr Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Das sei aber nur möglich, wenn der Schienenverkehr weiter ausgebaut wird. "In erster Linie geht unsere Kritik in diese Richtung, dass da mit Scheuklappen gearbeitet wird. Nur Straßenbau, aber nicht die Alternativen", so Melzer. Man wolle den Ausbau der A23 nicht grundsätzlich verhindern. Auch mit Blick auf Klimaschutz müsse aber zukunftsfähiger und ganzheitlicher gedacht werden.

Die DEGES weist die Kritik der Bürgerinitiative zurück: "Das ist eine ganzheitliche Betrachtung über den Verkehrsraum der A23 hinaus", so ein Sprecher. Eine aktuelle Verkehrsprognose für 2035 zeige eindeutig die Notwendigkeit, die A23 auszubauen. Ein Grund sei die Ansiedlung neuer Firmen, wie etwa des Batteriewerks Northvolt im Kreis Dithmarschen.

Richtung Dänemark rollte 2021 mehr Schwerverkehr

Auch auf der A7 ist das allgemeine Verkehrsaufkommen laut den Daten der BASt zurückgegangen, besonders am Grenzübergang zu Dänemark.

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Beim Schwerverkehr sieht es anders aus: Auf dem Abschnitt zwischen Rendsburg und Owschlag (Kreis Rendsburg-Eckernförde) waren im Durchschnitt täglich mehr als 8.000 Fahrzeuge unterwegs. Im Vergleich zu 2015 ist das eine Zunahme des Schwerverkehrs um 32 Prozent. Ähnlich hoch ist die Zunahme vor dem Grenzübergang nach Dänemark. Hier bestätige sich die Prognose des Bundes zur Zunahme der Schwerverkehre auf den transeuropäischen Korridoren, so ein Sprecher des schleswig-holsteinischen Verkehrsministeriums.

Bauarbeiten sorgten teils für starke Verlagerungen

Den Grund für weitere Verkehrsschwankungen sieht die Autobahn GmbH in Baustellen. Der rund zwölf-prozentige Rückgang des Verkehrs auf der A1 zwischen Ahrensburg, Stapelfeld und Barsbüttel im Kreis Stormarn liege mutmaßlich an den Bauarbeiten bei Ahrensburg, durch die sich der Verkehr auf Bundes- und Landstraßen verlagert habe. Gleichzeitig hätte eine baubedingte Vollsperrung an der B404 zu einer massiven Verkehrsverlagerung auf die A1 und die A24 geführt. Die Auswirkung: eine Zunahme des Schwerverkehrs um 28 Prozent zwischen Hamburg-Ost und Barsbüttel.

Während die BASt bereits feststellen kann, dass bundesweit die Verkehrsbelastung auf Autobahnen und Bundesstraßen um durchschnittlich acht Prozent gesunken ist, ist ein landesweiter Vergleich zu 2015 laut dem Verkehrsministerium derzeit noch nicht möglich. Auch, ob sich aus den Daten von 2021 Trends ablesen lassen, müsse noch beobachtet werden. Für die A23 laufen die Planungen derweil weiter. Ende der 2020er-Jahre soll der Ausbau beginnen. Bis dahin will die Bürgerinitiative weiter für "Alternativen statt sechs Spuren" kämpfen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 26.10.2022 | 15:00 Uhr

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