Ein Blick von außen auf das Landgericht Itzehoe. © dpa-Bildfunk Foto: Bodo Marks

Mann ermordet Ehefrau aus Angst vor Kontrollverlust - lebenslange Haft

Stand: 09.06.2022 19:47 Uhr

Neun Monate nach dem gewaltsamen Tod einer Frau in Sankt Michaelisdonn (Kreis Dithmarschen) hat das Landgericht Itzehoe den Ehemann wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Motiv sei seine Befürchtung gewesen, die Frau könnte sich seiner Kontrolle entziehen.

Der aus dem Jemen stammende 46-Jährige habe seine Ehefrau heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen ermordet, erklärte der Vorsitzende der Strafkammer, Johann Lohmann. Der Mann war im vergangenen September mit seiner damals 35-jährigen Frau, die ebenfalls aus dem Jemen stammt, an eine abgelegene Stelle gefahren. Im Auto tötete er die Mutter der drei gemeinsamen Kinder mit insgesamt 29 Messerstichen. Das Motiv war nach Auffassung des Gerichts seine Befürchtung, die Frau könnte einen westlichen Lebensstil annehmen und sich seiner Kontrolle entziehen.

Streit eskalierte, weil die Frau einen Deutschkurs besuchte

2006 hatte das Paar im Jemen geheiratet. Schon bald danach sollen sich die Eheleute immer wieder heftig gestritten haben. 2015 kam der Mann nach Deutschland, als seine Frau drei Jahre später nachzog, gingen die Streitigkeiten weiter. Der Angeklagte habe seine Frau ständig kontrolliert, sogar auf ihrem Handy eine entsprechende Software installiert, so das Gericht. "Der Angeklagte schränkte seine Ehefrau in der gesamten Lebensführung erheblich ein", sagte Richter Johann Lohmann. Als die Frau nach Aufforderung der Ausländerbehörde einen Deutschkurs begann, eskalierten die Konflikte. Nach jedem Kurstag habe der Ehemann seine Frau nach Kontakten zu anderen Männern ausgefragt und genau wissen wollen, wo sich sich aufgehalten habe. Schließlich habe sie den Kurs abgebrochen. Der Angeklagte sei aber misstrauisch geblieben.

Im Prozess um den gewaltsamen Tod einer Frau in Sankt Michaelisdonn steht der Angeklagte (M) vor der Urteilsverkündung im Gerichtssaal des Landgerichts Itzehoe © dpa-Bildfunk Foto: Bernhard Sprengel
Der 46-Jährige soll seine Ehefrau ständig kontrolliert haben und bereits vor dem Mord gewalttätig gewesen sein.

Bereits vor dem Mord war der Angeklagte laut Gericht seiner Frau gegenüber gewalttätig gewesen. Einmal habe er ihr ein Verlängerungskabel um den Hals gelegt und sie gewürgt. "Du Schlampe, ich bringe dich um!", habe er ihr vor der gemeinsamen Tochter gedroht. Ein anderes Mal habe er ihr ein Messer an den Hals gehalten. Die Frau habe sich nicht getraut, zur Polizei zu gehen, weil sie fürchtete, man würde ihr die Kinder wegnehmen, sagte der Vorsitzende Richter.

Gericht: Angeklagter plante die Tat offenbar im Voraus

Vor der Tat am 9. September 2021 hatte der Angeklagte nach Ansicht des Gerichts eine abgelegene Stelle erkundet. Am Vorabend der Tat habe der Angeklagte erneut mit seiner Frau gestritten, wobei ihre Brille zu Bruch ging. Der Angeklagte habe ihr deshalb angeboten, zu einem Optiker nach Brunsbüttel zu fahren, um die Brille reparieren zu lassen. "In Wirklichkeit beabsichtigte er, zu der abgelegenen Stelle zu fahren, um sie ungestört zu töten", sagte Lohmann. Eigentlich hätte die Frau am Tattag zu einem Termin nach Heide kommen sollen.

Vor der Abfahrt habe der Angeklagte auf seinem Facebook-Account ein Foto mit der Aufschrift "No more trouble" gepostet. Der Spruch habe gut zu seinem Motiv gepasst, so der Vorsitzende Richter: Er habe seine Frau loswerden wollen. Auf der Fahrt habe er einen Streit vom Zaun gebrochen und seiner Frau vorgeworfen, ein Verhältnis zu haben. An der ausgekundschafteten Stelle zwischen Feldern griff er sie bei langsamer Fahrt plötzlich mit einem Klappmesser an. Dann habe er angehalten, sich auf sie gesetzt und ihr weitere Stiche ins Gesicht, Auge, Hals und Oberkörper versetzt.

Nach dem Mord rief der Angeklagte selbst die Polizei. Er habe die Tat umfassend gestanden. Allerdings habe er vor Gericht versucht, die Frau schlecht dastehen zu lassen und sie zu Unrecht zu beschuldigen, ein Verhältnis zu einem anderen Mann gehabt zu haben, sagte der Richter. Die Anschuldigungen seien jedoch widersprüchliche Konstrukte gewesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 09.06.2022 | 19:00 Uhr

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