Atommüll in Brokdorf: Das ewige Zwischenlager
Das Kernkraftwerk Brokdorf ist seit gut zehn Monaten nicht mehr am Stromnetz. Doch bis der Rückbau beginnt, dauert es noch. Und auch mit dem hochradioaktiven Abfall wird die kleine Gemeinde im Kreis Steinburg noch zu tun haben.
Seit 1986 wohnt Karsten Hinrichsen schon in Brokdorf, nur anderthalb Kilometer vom Kernkraftwerk entfernt. Und genauso lange kämpft er schon dagegen. Sein Haus liegt direkt hinter dem Elbdeich. Wenn er am Gartenteich steht oder beim Apfelbaum, kann er den Schornstein des Kraftwerks sehen. Die Brennstäbe dort sind nicht mehr in Betrieb - aber natürlich trotzdem noch vorhanden. Sie sollen jetzt nach und nach in das Zwischenlager gebracht werden, das direkt neben dem Kraftwerk liegt.
Ein großer, grauer Bau, mehrere Zäune davor, Überwachungskameras und Sensoren: Gut gesichert, aber von außen lässt nichts vermuten, was sich im Inneren befindet. Aktuell stehen dort 35 Castorbehälter, in denen der hochradioaktive Abfall lagert. Bis 2025 sollen alle insgesamt 83 Castoren aus dem Kraftwerk dorthin gebracht werden. Bis 2047 hat das bundeseigene Zwischenlager eine Betriebsgenehmigung. Frühestens 2050 könnte ein Endlager in Betrieb gehen. Doch ob das bis dahin klappt, ist für viele in Brokdorf fraglich - auch für Kernkraft-Gegner Hinrichsen: "Wir haben gleich gesagt, dass man in der kurzen Zeit kein Endlager finden wird." Sein Vorwurf: "Erst jetzt fangen die an, sich ernsthaft Gedanken zu machen."
Kein Endlager in Brokdorf
Auch für Bürgermeisterin Elke Göttsche (CDU) ist das kein annehmbarer Dauerzustand. Sie fordert, dass die Suche nach einem Endlager mit Hochdruck vorangetrieben wird. Denn aktuell laufen bereits die Planungen für eine Laufzeitverlängerung des Zwischenlagers in Brokdorf. Von 40 Jahren ist die Rede. Sollte diese Genehmigung erteilt werden, dann nur unter der Prämisse einer Zeitbegrenzung, sagt sie: "Wir wollen nicht, dass sich durch eine Laufzeitverlängerung die Suche nach einem Endlager weiter hinauszögert."
Die Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) forscht aktuell, wie die Behälter auf eine mögliche längere Lagerung reagieren, beispielsweise ob die Dichtungen spröde werden. Jonas Wingert von der BGZ meint dazu: "Wir können uns nur an den Rahmenbedingungen orientieren, die die Politik uns setzt. Und da sieht das nationale Entsorgungsprogramm eben vor, dass das Endlager 2050 in Betrieb gehen wird."
Angst ist nach wie vor da
Früher, im Widerstand gegen die Kernkraft, hatte Hinrichsen immer ein Notfallköfferchen parat, mit dem er im Falle eines Unfalls im Kraftwerk hätte fliehen wollen. Quer zur Windrichtung, sagt der Meteorologe. Das Köfferchen hat er inzwischen nicht mehr, aber immer noch den Geigerzähler, der die Strahlung misst. Die Angst sei zwar nicht mehr ganz so groß wie während des laufenden Betriebes, aber immer noch vorhanden.
Jahrzehntelang hat der kleine Ort von der Kernkraft als Wirtschaftsfaktor profitiert, schließlich sprudelten die Gewerbesteuern. Freibad, Eissporthalle, Tennisplätze und Multifunktionshalle - Investitionen in die Zukunft, finanziert auch mithilfe der Kernkraft. Nun muss Brokdorf voraussichtlich länger als geplant mit dem Atommüll leben. Für Bürgermeisterin Göttsche eine simple Rechnung: "Ich denke, dass man sehr gut daran arbeiten wird, diesen hoch atomaren Abfall weiter sicher zu lagern. Am Ende möchten wir es doch alle, denn wir sind ja am Ende auch alle betroffen." Wie lange das Zwischenlager also in Brokdorf noch bestehen bleiben wird, weiß aktuell niemand.
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