Wir ziehen Bilanz: Finanzminister Reinhold Hilbers
Reinhold Hilbers (CDU) steht fürs Sparen und die schwarze Null. Dabei ist er wenig kompromissbereit - und verärgert auch Minister aus der eigenen Partei. Kritiker werfen ihm vor, das Land kaputtzusparen.
Reinhold Hilbers war für viele der Überraschungsminister in der rot-schwarzen Landesregierung. Der Grafschafter war im Wahlkampf vor fünf Jahren im CDU-Schattenkabinett als möglicher Sozial- und Familienminister angetreten, wurde dann aber über Nacht Finanzminister. Kein Problem, im Gegenteil: Mit Zahlen kennt er sich als früherer Bankmitarbeiter aus. Von der Öffentlichkeit unterschätzt, saß Hilbers fünf Jahre an einer Schlüsselstelle der Regierung: Wer Geld ausgeben will, braucht das OK des Finanzministers.
Größter Erfolg
Reinhold Hilbers steht wie kein anderer in der Landesregierung für die schwarze Null, fürs Sparen und die Schuldenbremse. Sein Credo: Gibt das Land Geld aus, dürfen nachfolgende Generationen nicht leiden. Selbst in turbulenten Zeiten hat der CDU-Politiker Altschulden zurückgezahlt - dank Hilbers läuft die Schuldenuhr im Niedersächsischen Landtag zum ersten Mal in ihrer Geschichte rückwärts. Er hat das Land in finanzieller Hinsicht heil durch die Corona- und bislang durch die Zeit des Ukraine-Kriegs gebracht. Wegbrechende Steuereinnahmen und eine kriselnde Wirtschaft stellten Herausforderungen da, die vor Hilbers kein Finanzminister hatte. Hilbers weiß sein Image als Sparfuchs und Schuldentilger zu pflegen. Er gilt als hart, aber fachlich versiert und verlässlich. Zuletzt überraschte er mit einem glänzenden Jahresabschluss: Das Jahr 2021 endete für das Land Niedersachsen mit einem unerwarteten Überschuss. Hilbers konnte deswegen auf eingeplante Kredite verzichten und erneut alte Schulden zurückzahlen - er stellte die Schuldenuhr um 1,8 Milliarden Euro zurück.
Zu jeder Bilanz einer Amtszeit gehören auch Bilder. Wir haben deshalb den Minister gebeten, uns Fotos aus seiner Amtszeit zur Verfügung zu stellen, die ihm - aus welchen Gründen auch immer - wichtig sind.
Größte Angriffsfläche
Hilbers übertreibt es mitunter mit dem Sparzwang. Er ist wenig kompromissbereit - und verärgert so manchmal auch die eigenen CDU-Minister. Wer mit Ausgabewünschen kommt, beißt bei Hilbers oft auf Granit. Kritiker werfen ihm vor, das Land kaputtzusparen. Tatsächlich wären Investitionen dringend nötig: Der Sanierungsstau bei Straßen, Krankenhäusern oder Hochschulen fordert Lösungen. Bildungs- und Sozialverbände rufen nach mehr Geld, auch die Beamten im Land wollen mehr auf dem Konto haben. Weil Hilbers permanent abwinkt, fühlen sich viele nicht wertgeschätzt. Und: Auch wenn sich der Finanzminister selbst feiert - die Überschüsse im Haushalt sind ihm aus Sicht der Opposition in den Schoß gefallen. Hilbers profitierte von niedrigen Zinsen und Steuereinnahmen, die sich besser entwickelten als erwartet.
Und dann steht noch etwas auf der Negativliste: Der Finanzminister riskiert wegen einer finanzpolitischen Mogelpackung einen Verfassungsbruch. Das Land hat in der Corona-Pandemie Notfallkredite aufgenommen. Das war so weit zulässig. Doch anstatt das Geld zu nutzen, um die Pandemie zu bekämpfen, wurden damit Radwege gebaut, Häfen ausgebaggert oder Ladesäulen aufgestellt. Der Landesrechnungshof klopfte dem Finanzminister dafür bereits mehrfach auf die Finger.
Sympathiepunkte
Reinhold Hilbers steckt absolut im Thema. Er ist verlässlich. Der 58-Jährige ist kein aalglatter Politiker, sondern ein Mann aus der Mitte des Volkes. Im Gegensatz zu anderen Ministern oder Ministerinnen blickt er auf ein Leben vor der Politik zurück: Nach dem Realschulabschluss machte Hilbers eine Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann. Später, mit der Fachhochschulreife in der Tasche, studierte er Betriebswirtschaft. Als noch lange nicht abzusehen war, dass er einmal Finanzminister werden würde, arbeitete Hilbers bei der Volksbank Lingen - als Firmen- und Privatkundenberater. Entspannung fand der CDU-Politiker früher beim Angeln an der Ems. Heute fehlt dafür die Zeit.
Kommunikation
Auch wenn er sich Mühe gibt, die Finanzpolitik für jedermann zu erklären, gelingt das selten. Reinhold Hilbers redet im Landtag oder bei Pressekonferenzen oft sehr lang, sodass selbst die eigenen Leute die Geduld verlieren und gerne mal mit den Gedanken abschweifen. Hilbers wirft mit Fachbegriffen um sich - wer sich nicht mit den Landesfinanzen auskennt, kommt da nicht mit. Ganz anders kommuniziert er im persönlichen Gespräch im kleinen Kreis, da holt er die volksnahe Sprache raus, da ist er klar, deutlich und hat auch den einen oder anderen Scherz parat. Einen kommunikativen Ausrutscher legte Hilbers hin, als er die Forderung aus Kreisen der Polizei nach einer Erschwerniszulage für Kinderpornografie-Ermittler wegwischte. Später räumte er ein, sich missverständlich ausgedrückt zu haben.
Karriereaussichten
Hilbers ist seit fast 20 Jahren Mitglied im Landtag und in der CDU bestens verdrahtet. Auch wenn die jungen Wilden in der CDU mit den Hufen scharren, auch wenn es sich Hilbers im Tagesgeschäft manchmal mit den eigenen Leuten verscherzt - der Finanzminister sitzt fest im Sattel. Bleibt die CDU in der Regierung, ist Hilbers als Minister gesetzt.