Wir ziehen Bilanz: Justizministerin Barbara Havliza
Am OLG Düsseldorf verurteilte Havliza als Strafrichterin Islamisten und Rechtsextremisten. In die Politik kam sie als Quereinsteigerin. Sie stellte Opferschutz und Antisemitismus in den Vordergrund.
Menschen, die Barbara Havliza als Vorsitzende Richterin im renommierten Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf erlebt haben, beschreiben sie als streng, aber fair. In schlagzeilenträchtigen Prozessen hat sie damals Islamisten und Rechtsextremisten verurteilt - bis sie 2017 als CDU-Justizministerin nach Hannover wechselte. Sie ist eine Frau, die Gefährdungslagen nicht nur vom Papier kennt. Sie hat diverse Morddrohungen am eigenen Leibe erlebt.
Größter Erfolg
Entwichene Straftäter, ein Skandal im Justizprüfungsamt - solche Aufreger prägten die Amtszeit ihrer Vorgängerin. Von solchen Ereignissen ist Barbara Havliza in ihrer Regierungszeit weitgehend verschont geblieben. Als Ministerin konnte sie eigene Akzente setzen. Als politische Quereinsteigerin hatte sie ein ausgeprägtes Gespür für die Themen dieser Zeit. Sie stellte Opferschutz und Antisemitismus in den Vordergrund ihrer Arbeit, sorgte dafür, dass Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet wurden für Themen wie Clan- und Hasskriminalität. Auf der Haben-Seite steht: Bei Richtern und Staatsanwälten gab es in der Schaffensperiode zusätzliche Stellen. Bedarf bestand auch im Strafvollzug, aber da gab es weniger Zuwachs.
Zu jeder Bilanz einer Amtszeit gehören auch Bilder. Wir haben deshalb die Ministerin gebeten, uns Fotos aus ihrer Amtszeit zur Verfügung zu stellen, die ihr - aus welchen Gründen auch immer - wichtig sind.
Größte Angriffsfläche
Ausgerechnet in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfes 2021 erwirkte die Staatsanwaltschaft Osnabrück einen Durchsuchungsbeschluss für das SPD-Bundesfinanzministerium. Damals stellte sich die Frage, was eigentlich die CDU-Justizministerin Havliza davon wusste und inwieweit parteipolitische Interessen eine Rolle gespielt haben könnten. Havliza bestreitet bis heute, von dem Vorgang vorab Kenntnis gehabt zu haben. Gegenteiliges konnte nicht bewiesen werden. Eine der größten Herausforderungen ist und bleibt die Umstellung der Justiz vom Papier zur Elektronik: Es geht um die digitale Aktenführung. Hier sind noch viele Investitionen nötig.
Kommunikation
Politik lebt oft von prägnanten, zugespitzten Botschaften - doch das ist nicht die Art von Barbara Havliza. Als Strafrichterin mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung denkt sie differenziert. So sind auch ihre Antworten auf justizpolitische Fragen abwägend und präzise - und weit entfernt davon, einfache Schlagzeilen zu machen. Holzschnitt ist nicht ihr Stil.
Sympathiepunkte
Barbara Havliza hat ein genaues Gedächtnis für Personen und Geschichten. Menschen begegnet sie zugewandt und freundlich, sie genießt das Rampenlicht und Interesse an ihrer Person spürbar. In einem NDR Interview sprach Havliza bemerkenswert offen über ein Fehlurteil, an dem sie in frühen Jahren als Richterin in Osnabrück beteiligt war: Dass eine Politikerin sich auf dieses Thema einlässt und offen über mögliche eigene Fehler spricht, ist außergewöhnlich.
Karriereaussichten
Die 64-Jährige hat sich gegen eine Kandidatur für den Landtag entschieden und das damit begründet, dass sie Jüngeren in der Partei Raum geben möchte. Würde die CDU erneut an die Regierung kommen, stünde sie als Justizministerin vermutlich weiterhin zur Verfügung; anderenfalls käme eine Rückkehr in die Justiz in Betracht, bis Havliza den Ruhestand erreicht.
Und sonst so?
Havliza ist katholisch. "Gott, bitte lass es mich richtig machen", sagte sie in einem Interview mit der "Zeit" mit Blick auf berufliche Entscheidungen. Privat kümmert sich die Ministerin engagiert um ihre über 90-jährigen Eltern. Zu Beginn ihrer Amtszeit hätte sie beinahe eine spektakuläre Entscheidung treffen müssen: Es ging um den verurteilten NS-Täter Oskar Gröning. Er hatte in einem Gnadengesuch darum gebeten, die Haft nicht antreten zu müssen. Doch dann verstarb er. Havliza hat ihre Überlegungen dazu nie öffentlich gemacht: "Der, den es angeht, ist verstorben. Wie ich mich entschieden hätte, bleibt in meinem Herzen."
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